>>Warum bist du denn schon wach? <<, wollte sie erstaunt wissen. Während ich vom Tisch aufstand und ihr eine Tasse Kaffee einschenkte, antwortete ich: >>Ich bin heute einfach schon ziemlich früh aufgestanden. Wahrscheinlich war es einfach die Aufregung. << Sie lächelte wissend und nahm die Tasse mit dem dampfenden Getränk dankend entgegen. >>Sag mal, wenn du schon wach bist, hast du vielleicht Lust, mir beim Frühstück machen zu helfen? <<, fragte sie, fast schon vorsichtig, so als wäre es ein Verbrechen, diese Frage jemandem in meinem Alter zu stellen. Mit einem fröhlichen >>Gerne! << antwortend trat ich neben sie an die Küchenzeile.
Nach und nach wachte auch der Rest der Bewohner dieses Hauses auf und einer nach dem anderen schlugen sie in der Küche auf. Fi musterte mein blasses Gesicht mit den dürftig überschminkten Augenringen besorgt. Ich grinste sie so fröhlich ich konnte an, um sie zu beruhigen. Als sie sich tatsächlich beruhigt wegdrehte, staunte ich, wie gut ich inzwischen darin war, meine Gefühle hinter einem Lächeln zu verstecken. Ob das jetzt gut oder schlecht war, darüber konnte man sich wahrscheinlich streiten. In meiner momentanen Situation war es jedenfalls sehr nützlich. Es schien, als würde es ein friedliches, ruhiges Weihnachten werden... Bis mir Ian einen Strich durch die Rechnung machte! >>Ach, Mom, bevor ich es vergesse, ich sollte dich daran erinnern, dass du heute für eine Person mehr kochen und decken musst. Logan kommt doch heute Nachmittag! <<
Vor Schreck verschluckte ich mich an meinem Kaffee und bekam einen gewaltigen Hustenanfall. Während Fi mir fest auf den Rücken klopfte, warf sie Ian einen vernichtenden Blick zu. Ian hingegen schaute vollkommen verwirrt, zwischen seiner wütenden Schwester und mir, seiner halb erstickenden Cousine, hin und her. Scott sah noch verwirrter aus als sein Sohn, da er natürlich erst recht keine Ahnung von der Problematik mit Logan hatte. Die einzige, die einen kühlen Kopf bewahrte, war Vika. Sie hatte inzwischen nämlich bereits ein Glas Wasser für mich geholt, aus dem ich jetztvorsichtig trank. Sobald ich mich beruhigt hatte, sprang Fi auf und riss Ian und mich mit sich. Vika und Scott blieben ratlos in der Küche zurück.
Kaum waren wir im Wohnzimmer angekommen drückte sie uns beide auf einen Zweisitzer, stellte sich vor uns und fuhr fort, Ian böse anzustarren. Nachdem eine volle Minute vergangen war, ohne dass sich Fi auch nur einen Millimeter bewegt hatte, brach Ian das Schweigen: >>Warum bist du sau...? << Na gut, man sollte wohl eher sagen, er versuchte es. Denn bevor er das Wort >>sauer<< fertig aussprechen konnte, unterbrach Fi ihn und wetterte los: >>Wie oft habe ich dir gesagt, dass ich ihr das schonend beibringen will?! Aber nein, du posaunst es beim Frühstück einfach hinaus! << >>Ich dachte, du hättest es ihr schon längst gesagt. Immerhin wissen wir schon seit zwei Wochen, dass Logan die Feiertage bei uns verbringt<<, startete Ian einen Versuch, sich zu verteidigen, obwohl ihm eigentlich hätte klar sein müssen, dass seine Schwester nicht so einfach zu besänftigen war. >>Als ob ich ihr das schon zwei Wochen vorher sage, oder? Damit sie sich 14 Tage aufregt und sich Sorgen macht. Ganz sicher! <<, wenn Fi sarkastisch wurde, war das kein gutes Zeichen. Sarkasmus lag bei ihr nämlich an der Grenze zum Wutanfall. Allerdings sah ich auch Ian an, dass er langsam wütend wurde. Wenn einer von beiden sauer war, war das schlimm, vor allem, wenn derjenige auf dich wütend war. Doch sobald beide gleichzeitig in diesem geistigen Zustand waren und dann noch aufeinander losgingen, kam dies den Ausmaßen eines Atomkriegs gleich. Zum Schutz meiner eigenen Sicherheit und des Weihnachtsabends musste ich also schleunigst einschreiten. >>Leute könnt ihr euch bitte wieder beruhigen? Mir geht's gut. Wirklich<<, versuchte ich die beiden zu besänftigen. Als ich nur zweifelnde Blicke erntete, fügte ich widerwillig hinzu: >>Klar habe ich mich zuerst erschreckt, aber ich bin ein großes Mädchen, okay? Ich werde bestimmt nicht tot umfallen oder in Schockstarre verfallen, nur weil ich mit Logan im selben Raum bin. Könnt ihr also bitte aufhören, euch übereinander aufzuregen, ja? Ich will nicht, dass wegen mir für alle Weihnachten versaut ist! << Für einen Moment sah es so aus, als würden sie einfach weitermachen. Doch schließlich schien Ian sich ein Herz zu nehmen: >>Sorry, ich hätte dich nochmal fragen sollen, statt einfach von etwas auszugehen. << Fi nuschelte etwas zerknirscht: >>Ich muss mich auch entschuldigen, ich hätte dich nicht so anfahren sollen... << Doch Fi wäre nicht Fi, wenn sie länger als eine Minute so kleinlaut bleiben würde. Sie klatschte so laut und energisch in die Hände, dass das Geräusch im ganzen Raum widerhallte: >>Genug Zeit verschwendet! Dad wartet bestimmt schon auf dich, Ian! << Während Ian sofort freudestrahlend losstürmte, stand ich noch auf dem Schlauch. >>Ich dachte in Schottland wird erst am 25. Dezember gefeiert? <<
>>Wird es auch. Die Bescherung ist morgen Früh und das traditionell schottische Abendessen gibt es dann morgen Abend. <<
>>Wozu müssen wir uns dann heute fertigmachen? <<
>>Erstens, weil Logan bald kommt und ich dir nicht abkaufe, dass es dir egal ist, wie oft du es mir auch erzählst! <<
>>Und was ist Grund Nummer zwei? <<
>>Unsere Familie ist zur Hälfte Deutsch! Deswegen gibt es zweimal ein großes Abendessen: Am 24. ein traditionell deutsches und am 25. ein typisch schottisches. <<
>>Die Bescherung ist aber schon am 25., oder? Oder gibt es da auch zwei? <<
>>Nein, die ist komplett am 25. Dezember. Und jetzt komm! Unsere Kleider warten. <<
DU LIEST GERADE
Feen der Elemente
FantasyRosannas Eltern sterben bei einem Autounfall, den sie schwer verletzt überlebt. Ihre einzigen Verwandten leben in einem Vorort von Portree, der Hauptstadt von Skye. Dort lernt sie den attraktiven Logan kennen, der sie total verrückt macht, obwohl si...