76. Kapitel

1.9K 118 6
                                    

Kaum war ich angekommen, wollte Fiona aufgebracht von mir wissen, wie ich das gemacht hatte und warum er mich umarmt hatte. Akira lächelte nur wissend und zwinkerte mir zu, ich hatte ihr heute Morgen vom Abend der Party erzählt. »Tja Fi, unsere Voraussetzungen waren tatsächlich gleich. Ich kannte Aiden schon, genauso wie du Gordon«, stellte ich fest.
»Das verstehe ich nicht...«
»Was ist denn daran nicht zu verstehen?«
»Woher kennst du ihn denn? Ian hat ihn dir nicht vorgestellt und ich nicht.«
»Na, er steht doch immer in einer Gruppe mit Logan.«
»Aber Ian hätte mir doch gesagt, wenn ihr euch schon kennen würdet!«
»Aha, also hat er dir geholfen!«
»Dir doch auch! Also, woher kennst du ihn?«
»Er hat uns beide von Angels Party nach Hause gefahren. Aiden hat dich sogar nach oben ins Bett getragen.«
»Was?!«
»Eigentlich kein Wunder, dass du es nicht mitbekommen hast, du hast geschlafen wie ein Baby.«
»Oh Gott, habe ich geschnarcht?!«
Bei der Erinnerung in Verbindung mit Fionas entsetztem Gesicht konnte ich nicht anders, als laut los zu lachen. Auch Akira konnte sich das Kichern nicht verkneifen, während Fiona mir verärgert in den Bauch pikste. Bis es fünf Minuten später zum ersten Mal zum Ende der Pause klingelte, hatte ich mich wieder halbwegs beruhigt und ihr die Kurzversion des Abends erzählt. Sie war feuerrot angelaufen und hatte immer wieder vorsichtige Blicke in Aidens Richtung geworfen, als könnte er im nächsten Moment ein Megaphone unter seiner Jacke hervorziehen und laut verkünden, dass sie schnarchte, wen sie betrunken war und im Schlaf redete. Es war ein ungewohnter Anblick, Fi mit schamroten Wangen, da ihr sonst rein gar nichts peinlich war. Beruhigend legte ich ihr eine Hand auf die Schulter, während wir uns nach Drinnen aufmachten und versicherte ihr mehrmals, dass Aiden bestimmt kein Wort darüber verlieren würde. Allerdings verlor ich, als wir uns zusammen mit der restlichen Masse durch die Tür drückten, den Kontakt zu ihr und Akira. Während ich im Gang nach ihnen Ausschau hielt, wurde ich plötzlich am Arm gepackt und in eine dunkle Abstellkammer gezogen.

Gleich nachdem die Tür hinter uns zugefallen war, flammte ein grünes Licht auf und ich sah in Logans verärgertes Gesicht. Statt auf ihn zu reagieren sah ich mich neugierig in der Kammer um, bemüht, keine der unzähligen Flaschen mit bunten Reinigungsmitteln, die sich zusammen mit verwaschenen Lappen und mehr oder weniger ganzen Eimern auf den Regalen türmten, runterzuschmeißen. Schließlich sah ich wieder zu Logan, der mich immer noch wütend ansah, ohne ein Wort zu sagen.
»Darf man fragen, warum du mich in eine Kammer voller Putzzeug bringst? Hab ich irgendwas falsch gemacht und muss zur Strafe die Schule putzen oder wie?«
»Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?«
»Woher soll ich denn wissen, was du von mir willst? Ich kann Gefühle lesen, nicht Gedanken!«
»Was sollte das vorhin mit Aiden?!«
Endlich rückte er mit der Sprache heraus. Zwar hatte ich schon mit so etwas in der Art gerechnet, aber dass er wegen deswegen so durchdrehen würde, hätte ich nicht gedacht.
»Keine Ahnung wovon du redest!«, gab ich trotzig zurück, es war wirklich Zeit, dass jemand den Kerl mal in seine Schranken wies. Ob ich jetzt in ihn verleibt war oder nicht, das würde ich mir ganz sicher nicht gefallen lassen.
»Du hast dich ihm in der Pause vor den Augen von all meinen Freunden förmlich an den Hals geworfen!«
»Das ist jetzt nicht dein Ernst! Das war eine ganz normale Unterhaltung!«
»Ja klar, deswegen hat er dich auch so angesehen und so offensichtlich geflirtet. Und deswegen hat mich Ian auch, kaum dass ihr beide dazugekommen wart, zur Seite genommen, damit du ein nettes Gespräch führen kannst!«
»Keine Ahnung warum du dich für so wichtig hältst, aber mir reicht es jetzt!«
Das war hier doch jetzt wirklich die Höhe. Klar, Ian hatte ihn aus genau dem Grund zur Seite genommen, damit ich bei der Aktion meine Ruhe hatte, trotzdem musste ich ihm das jetzt nicht unter die Nase reiben. Wieso nahm er sich überhaupt selbst so wichtig, dass er von sich aus davon ausging. Ohne ein weiteres Wort stürmte ich aus dem engen Raum. Oder zumindest wollte ich es. Er hielt mich an der Hand zurück und versuchte mir in die Augen zu sehen. Trotzig starrte ich auf den Boden, bemüht, meine Hand aus seinem Griff zu lösen. Vorsichtig schob er seine freie Hand unter mein Kinn, um es anzuheben. Der Blick aus seinen aufgewühlten Augen, deren Grün an einen Wald im wütenden Sturm erinnerte, traf mich wie ein Schlag. Warum hatte es ausgerechnet dieser idiotische, egoistische, arrogante und absolut hinreisende Herzensbrecher seien müssen, der mein Herz im Sturm eroberte? Auch ohne dass er seine Mauern senkte, konnte ich allein an seinen Augen erahnen, wie aufgewühlt er war. Seufzend fuhr ich mir durchs Haar: »Warum musst du bloß immer aus allem so ein riesen großes Drama machen?« »Es tut mir Leid, okay? Immer, wenn du mit einem anderen Jungen redest, überkommt es mich und ich werde so unglaublich wütend.« »Auf mich?«, wollte ich zugleich entsetzt aber auch neugierig wissen. Mich wurmte es schon seit längerem, dass ich seine Beweggründe nicht verstand. Logan schüttelte, offenbar noch entsetzter als ich über diese Idee, den Kopf: »Nein, natürlich nicht auf dich! Ich... ehrlich gesagt weiß ich gar nicht so genau, auf was ich sauer bin...« »Warum bekomme ich es dann immer ab?« Jetzt war es an ihm, den Kopf zu senken: »Es tut mir wirklich leid.« Erneut fuhr ich mir durchs Haar, was meine Frisur jetzt endgültig zerstörte. Also zog ich den Haargummi heraus, lockerte den geflochtenen Zopf und war schon dabei, mir die Haare zu einem ordentlichen hohen Pferdeschwanz zusammenzubinden, als Logan mich aufhielt. Stumm nahm er mir den Zopfgummi aus der Hand und ließ ihn in seiner Hosentasche verschwinden, begleitet von einem schwachen Grinsen. »Lass deine Haare offen, ja?«, war alles, was er zu seinem Diebstahl zu sagen hatte. Unter dem intensiven Blick seiner Augen konnte ich nichts anderes tun, als schwach zu nicken. Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen, dann öffnete er die Tür und ließ mich voran gehen. Beim Verlassen der Kammer fiel mein Blick auf die Uhr an der Wand, was mich aufstöhnen ließ: »Mist, wir sind eine Viertelstunde zu spät für den Unterricht.«
»Keine Sorge, ich nehme die Schuld auf mich. Schließlich ist es ja auch meine Schuld.«
»Quatsch, mir fällt schon irgendeine Ausrede ein. Vielleicht behaupte ich einfach, mir wäre schlecht gewesen.«
Grübelnd hin ich den Flur entlang, Logan schweigend neben mir her. »Oder...«, durchbrach er das Schweigen, wenige Schritte von meinem Klassenzimmer entfernt. Verwirrt blieb ich stehen und sah zu ihm auf: »Oder...?« »Naja, Fiona hat sich bestimmt schon eine Ausrede für dich einfallen lassen, da wäre es jetzt nicht gut, wenn du auf einmal auftauchst und eine komplett andere Geschichte erzählst. Ian hat für mich garantiert das Gleiche gemacht. Also könnten wir, statt uns in den sterbenslangweiligen Unterricht zu setzen, auch die zwei Stunden woanders verbringen und später wieder kommen.« Während ich mich noch entsetzt dabei ertappte, wie ich ernsthaft darüber nachdachte, mit Logan zu schwänzen, klingelten wie auf Kommando unsere Handys.

Hi Rose,
keine Ahnung wo du abgeblieben bist, aber ich hab der Mitchell
erzählt, du hättest furchtbare Kopfschmerzen und wärst deswegen in der Pause nach Hause. Lass dich hier also besser nicht blicken, bevor der Unterricht zu Ende ist. Nimm das aber bloß nicht als Ausrede, um das Date mit Aiden zu schwänzen ;) Hab für mich mit Spaß, ja?

Lächelnd schüttelte ich den Kopf und schickte ihr einen Daumen nach oben, in der Hoffnung, dass sie ihr Handy auf lautlos gestellt hatte, dann sah ich zu Logan. Der sah mich grinsend an, offenbar hatte er von Ian eine ähnliche Nachricht erhalten. Als ich jedoch versuchte, auf sein Handy zu gucken, um die Nachricht zu lesen, packte er es schnell weg. Dann nahm er mich bei der Hand und zog mich in Richtung Ausgang, ich folgte ihm bereitwillig.

Feen der ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt