Plötzlich spürte ich Logans vertraute Wärme an meinem Rücken, obwohl er mich noch nicht einmal berührte. Dann legte er sein Kinn auf meiner rechten Schulter ab und murmelte, mit einem Gefühl in der Stimme, das ich nicht genau deuten konnte: >>Lorn. << >>Wie bitte? <<, ich war so sehr damit beschäftigt gewesen, das Gefühl in seiner Stimme zu analysieren, dass ich den Inhalt gar nicht mitbekommen hatte. >>Das hinter mir auf dem Foto ist Lorn, mein Vater. Ich hab dir heute schon von ihm erzählt. <<, wiederholte er. Es war Wut mit einer Spur Abscheu, was da in seiner Stimme mitschwang. Ich war verwirrt. Vorhin im Wald hatte es sich angehört, als würde er seinen Vater mögen und sogar fast vergöttern. Das passte aber so überhaupt nicht zu dem Ausdruck der Abscheu in seinem Gesicht, mit dem er das Bild betrachtete. Angestrengt versuchte ich mich auf meine gute Erziehung zu besinnen, um mich davon abzuhalten nachzubohren. Doch Neugier war einfach eines meiner Laster. >>Sag mal, kann ich dich was fragen? <<, wendete ich mich an Logan, darauf bedacht, nicht zu neugierig zu wirken. >>Hast du doch gerade schon<<, scherzte er. Augenverdrehend wollte ich mich schon abwenden und schubste mit meiner Hand seinen Kopf von meiner Schulter, als er mich aufhielt. Er nahm die Hand, mit der ich ihn weggeschubst hatte, sodass ich mich umdrehen musste. >>Sorry, ab jetzt bin ich ernst, versprochen. Was willst du wissen? <<, fragte er, wobei die Kombination aus Hand halten und tief in die Augen sehen meinen Herzschlag zum Erliegen brachte. Um vom Ausnahmezustand in meinem Körper abzulenken, beeilte ich mich zu fragen: >>Kann es sein, dass das Verhältnis zu diesem Vater ziemlich kompliziert ist? << Er ließ den Kopf sinken und beschäftigte sich auf einmal sehr intensiv mit meiner Hand. Sofort bereute ich, die Frage so übereilt, nein, sie überhaupt gestellt zu haben. >>Entschuldigung, es geht mich nichts an. Manchmal geht einfach die Neugier mit mir durch<<, ruderte ich zurück. Erneut hielt er mich vom wegtreten davon, indem er meine Hand festhielt. Dann begann er, den Blick immer noch fest auf meine Hand gerichtet und nervös mit meinen Fingern spielend, zu reden: >>Mein Vater hat es als Fee im Clan ziemlich weit gebracht. Dafür bewundere ich ihn wirklich. Aber auf menschlicher Ebene ist er nun mal eine absolute Niete. Er hat, meiner Meinung nach, viel zu viel am Hof verbracht. Das hat ihn zu einem perfekten Beispiel für die Charakterzüge des Feuerclans gemacht und er versucht noch nicht einmal etwas daran zu ändern. Dazu kommt natürlich erschwerend, dass er meine Mom verlassen hat, um seinen Stand am Hof nicht zu verlieren. Es hat ihn nicht gekümmert, dass wir ohne Vater großwerden oder wie meine Mutter das Geld zusammenbekommt, um zwei Kinder großzuziehen. Erst an Liams 14. Geburtstag, also als er bereit war, die meisten seiner Kräfte zu erlernen, kam er zurück und wollte, dass er zu ihm auf das Clanterritorium zieht. Aber Liam wollte nicht mit, als er ihn dann zwingen wollte, hat Mom ihn rausgeworfen. Ich habe noch nie gesehen, dass Lorn vor jemandem Angst hat, doch damals, als Mom ihn wütend aus dem Haus verjagt hat, da sah er fast so aus. An meinem 14. Geburtstag hat er es dann nochmal versucht, allerdings hat ihn Mom noch nicht einmal über die Türschwelle treten lassen. Seitdem hat er sich dem Haus nicht mehr genähert, stattdessen hat er ein paar Mal versucht, mich abzupassen und mich zu überreden, mit ihm zu kommen. Mit Liam will er nichts mehr zu tun haben, seit er erfahren hat, dass der seine Kräfte zu unterdrücken versucht. Wir sollten nur seine Aushängeschilder sein. << Gegen Ende wurde er immer zorniger, sodass er irgendwann meine Hand hatte loslassen müssen, um mir nicht wehzutun, als er seine zu Fäusten ballte. Ehrlich gesagt hatte ich zuerst keine Ahnung, wie ich reagieren sollte. Mir war nie etwas Derartiges passiert, weswegen ich nicht genau wusste, wie er sich fühlte und wie ich ihm helfen sollte. Schließlich nahm ich sanft erst seine linke und dann seine rechte Hand in meine, um vorsichtig seine geballten Fäuste zu öffnen. Nachdem ich fertig war, bleiben wir eine Weile so stehen, seine größere Hand in meinen zwei Kleinen. Schließlich hob er den Kopf und wollte offenbar etwa sagen. Doch er schloss ihn wieder, stattdessen wanderte sein Blick zu meinen Lippen, verweilte dort kurz und wanderte dann zurück zu meinen Augen. Die Situation war der von gestern Nacht, oder eher heute Morgen, verdammt ähnlich. Mir war auch klar, wie das hier enden würde, wenn ich ihn nicht stoppte. Doch in diesem Moment war es mir auf einmal egal. >>Wenn ich es versuche und er mich fallen lässt, habe ich es zumindest versucht<<, dachte ich mir, während Logan mit einem Schritt die Lücke zwischen uns schloss, was das Rot meiner Wangen, das noch von der heißen Dusche kommen musste, eine Spur tiefer werden ließ. Gleich würden sich unsere....
Es rumpelte im Erdgeschoss. Erschrocken machte ich einen Satz nach hinten, meinen geschockten Blick starr auf die Tür gerichtet. Bevor einer von uns etwas sagen konnte, brandete eine Welle von Feuermagie durch das Haus und prallte mit einer solchen Wucht gegen meine Mauern, dass ich ins Taumeln geriet. Ich brauchte einen Moment, bis ich mich wieder fangen konnte. Kaum stand ich erneut sicher, setzten Kopfschmerzen ein. >>Was zur Hölle war das? <<, stieß ich hervor, während ich mit einer Hand meinen Kopf hielt. Gleichzeitig prüfte ich meine Mauern auf Risse, doch er hatte zum Glück standgehalten. Ehe Logan auch nur zu einer Erklärung hätte ansetzten können, flog bereits die Zimmertür auf. In der Tür stand ein Mann mit schwarz-blauem Haar und waldgrünen Augen, der genauso groß war, wie Logan. >>Das war ein Aufspürzauber, junge Fee. Sowas solltest du eigentlich in deinem Alter bereits beherrschen<<, erklärte er, aber auf diese Art, bei der man sich sofort total blöd vorkam. Während ich überlegte, woher ich ihn kannte, wanderte mein Blick unbewusst zurück zu dem Foto, über das ich mit Logan kurz zuvor noch geredet hatte. Von diesem Bild starrte mir der gleiche Mann entgegen. Ich erbleichte, natürlich, das in der Tür war Lorn, Logans Vater.
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Feen der Elemente
FantasyRosannas Eltern sterben bei einem Autounfall, den sie schwer verletzt überlebt. Ihre einzigen Verwandten leben in einem Vorort von Portree, der Hauptstadt von Skye. Dort lernt sie den attraktiven Logan kennen, der sie total verrückt macht, obwohl si...