Für einen Moment verlor ich vollkommen die Kontrolle über meinen Schutz. Er krachte mit, wie es sich anfühlte, lautem Getöse hinunter. Auch wenn es nur eine, höchstens zwei, Sekunden dauerte, bis ich ihn mit Schwung wieder hochfuhr, musste er irgendetwas gesehen haben. Denn er fuhr nur Sekunden danach seinen Schutzwall hoch, wobei er mir einen entschuldigenden Blick zuwarf. Kaum waren seine Gefühle von meiner Magie getrennt, atmete ich erleichtert auf. Zwar würden mir die Beschwerden erhalten bleiben, bis sich meine Magie wieder aufgefüllt haben würde, aber zumindest würden die Schmerzen nicht noch schlimmer werden. Da die Trennung aber gerade noch rechtzeitig gekommen war, konnte ich zumindest noch den Nachtisch, Vanilleeis mit heißer Himbeersoße, genießen. Nach dem Essen räumten dann alle zusammen ab, wobei ich voller Schadenfreude bemerkte, dass Logan denselben Fehler wie ich vorhin machte. Er griff ohne zu zögern nach dem Topf mit der Himbeersoße, der die ganze Zeit auf einer elektrischen Heizplatte gestanden hatte und deswegen immer noch heiß war. Vikas erschrockener Aufschrei holte ihn jedoch schnell wieder in die menschliche Wirklichkeit zurück.
Nachdem der Abend, eine Mischung aus verschiedenen Familientraditionen, alte Brettspiele, Ratespiele, Familiengeschichten, alte Legenden und noch vieles mehr, schon fast ganz an mir vorbeigezogen war, fand ich mich auf einmal mit Logan im Gartenhäuschen wieder. Als Teil eines Spiels, das auf Fis Karte ging, sollten wir beide ursprünglich nur in einen anderen Raum gehen, während sich die anderen vier dann eine Geschichte ausdachten, die wir dann, indem wir Ja-oder-Nein-Fragen stellten, erraten sollten. Doch laut Fi war das Haus viel zu hellhörig, weswegen wir nach draußen verbannt wurden. Ian setzte dem Ganzen dann noch mit seiner Befürchtung, einer von uns beiden könnte Lippenlesen, die Krone auf. So wurden wir, damit wir sie nicht durch die Glasfassade des Wohnzimmers sehen konnten, ins Gartenhäuschen gesteckt und die Tür hinter uns abgeschlossen. Einen kurzen Moment herrschte Schweigen, dann begann Logan zu sprechen: >>Tut mir Leid, wegen vorhin... überhaupt wegen Allem. Mein dämliches Gefrage wegen deinem angeblichen Freund, dass ich dich zum Weinen gebracht hab, mein Ausraster auf dem Ball und mein ständiges total bescheuertes Verhalten! Das ist alles absolut nicht in Ordnung! Und total unfair dir gegenüber war es auch! Ich könnte das jetzt damit entschuldigen, dass dieses arrogante, unmögliche Verhalten im Charakter von allen Feuerclan-Mitgliedern verankert ist, aber das werde ich nicht tun. Immerhin gibt es mehr als genug Beispiele für Feuerfeen, die sich trotzdem anständig benehmen. Deswegen bleibt mir nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass du deine versöhnlichen Gefühle von vorhin ernst gemeint hast und du mir tatsächlich mein unentschuldbares Verhalten verzeihst. << Er wirkte außer Atem nach seinem kleinen Vortrag. Wie er da so stand, mich mit diesem hoffnungsvollen Blick ansehend und sich das, durch den Schnee verstärkte, Mondlicht in seinen Haaren zu verfangen schien, wurde mir etwas klar: es war mir nicht möglich, nur mit ihm befreundet zu sein. Doch bevor ich mit meiner Erkenntnis herausplatzen konnte, wurde der Schlüssel im Schloss herumgedreht, die Tür aufgerissen und von Fiona verkündet, dass die Beratungen nun beendet seien. So war alles, was mir übrig blieb, ein stummes Nicken, um Logans fragenden Blick zu beantworten. Das glückliche Lächeln, das auf Logans Lippen erschien, ließ mich fast in den Schnee sinken.
Nachdem Scott schließlich kurz vor Mitternacht die Bettruhe ausgerufen hatte, hielt mich der Gedanke wach, dass Logan nur wenige Meter von mir weg, am anderen Ende des Flurs, im Gästebett schlief. Oder vielleicht lag er ja auch wach, so wie ich? Ich konnte einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken. Irgendwann hielt ich es nicht mehr länger in meinem Bett aus, also beschloss ich, mir unten in der Küche ein Glas Milch zu holen. Im Nachhinein könnte ich nicht sagen, ob ich mich getraut hätte, mein Zimmer zu verlassen, wenn ich gewusst hätte, wem ich auf dem Rückweg begegnen würde. Logan erwartete mich, auf der zweiten Treppenstufe sitzend, bereits, als ich aus der Küche kam. Erschrocken fasste ich mir an die Brust und zischte: >> Oh Gott, du hast mich halb zu Tode erschreckt, hättest du nicht was sagen können? << >>Sorry, aber warum schleichst du eigentlich um diese Uhrzeit noch durchs Haus? Suchst du nach dem Weihnachtsmann? <<, fragte er spöttisch. Mein genervtes Augenrollen quittierte er mit einem Grinsen. Dann meinte er: >>Ehrlich gesagt konnte ich nicht schlafen. Dann hab ich gehört, wie jemand über den Flur geschlichen ist. Als du dann auf die knarzende Treppenstufe getreten bist und geflucht hast, war klar, wer es ist... << Mein Herz schlug schneller, hatte er etwa nicht schlafen können, weil er an mich hatte denken müssen? >>Ich konnte auch nicht schlafen. <<, rutschte es mir heraus. Schon kurz danach hätte ich mir dafür am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen. Warum sollte ich den sonst zwei Stunden, nachdem ich eigentlich schlafen gegangen war noch hier rumlaufen? Logan grinste immer noch, doch dann schien ihm etwas einzufallen. Mit einer Hand in der Hosentasche kratzte er sich mit der anderen verlegen am Kopf: >>Ich weiß, dass eigentlich erst in ein paar Stunden Bescherung ist, aber ich will unbedingt wissen, wie du dein Geschenk findest! << Dann zog er aus seiner Tasche ein kleines Päckchen und hielt es mir hin. Es war in weißes Packpapier eingepackt, mit einem roten Band, das zu einer Schleife gebunden war. Ich konnte nicht anders, als zu Lächeln.
>>Ist das selbst eingepackt? <<
>>Vielleicht? <<
>>Ich mag Jungs, die Geschenke selbst einpacken können... <<
>>Es ist selbst eingepackt. <<
>>Sagst du das jetzt nur, um mir zu gefallen? <<
>>Nein, ich habe es wirklich selbst eingepackt! <<
>>Woher kannst du das so gut? <<
>>Meine Mom hat es mir gezeigt. <<
>>Echt? <<
>>Jetzt pack es endlich aus! <<
>>Aber es ist fast zu schön zum Auspacken. Lass mich zumindest noch ein Foto von der schönen Verpackung machen! <<
>>Rose... <<
Ich konnte einfach nie widerstehen, wenn sich eine Gelegenheit bot, Logan zu ärgern. Es war immer wieder witzig, seine Reaktionen zu beobachten, wenn er bemerkte, dass ich ihn wider dazu gebracht hatte, sich aufzuregen. Auch jetzt zauberte es mir wieder ein zufriedenes Grinsen aufs Gesicht, während ich begann, das Päckchen vorsichtig aufzumachen. Unter dem Papier kam schließlich eine kleine, schwarze Schmuckbox zum Vorschein. Während ich den Deckel anhob, spürte ich Logans neugierigen Blick auf mir. Eingebettet in schwarzen, seidig glänzenden Stoff lag in dem Kästchen ein kleiner Anhänger aus einem rot–orangenen Stein. Er hatte die Form einer kleinen Fee, ähnlich denen aus den Feenfilmen für Kinder. Logan erklärte nervös: >>Der Anhänger ist aus Feueropal, dem Symbolstein des Feuerclans. Eigentlich bekommt jede Fee zu ihrem 14. Geburtstag einen von ihrer Familie, um zu feiern, dass man jetzt die Magie unseres Clans beherrscht. Dabei kann der Edelstein in den unterschiedlichsten Arten und Weisen verarbeitet sein. Die meisten Jungen bekommen Ringe oder Lederarmbänder mit einem einfachen Anhänger. Bei Mädchen habe ich schon viele Möglichkeiten gesehen, über Haarspangen, Ohrringe und Ketten, bis hin zu Bändern, an deren Enden kleine Feueropale hingen, die dann in die Haare eingeflochten wurden. Jedenfalls dachte ich mir, dass du auch einen haben solltest und du trägst das Armband ja sowieso immer... << Mein Grinsen hatte sich angesichts seines kleinen Ausbruchs noch verbreitert. >>Der Anhänger ist wirklich wunderschön <<, beteuerte ich. Ihm schien ein Stein vom Herzen zu fallen, als er das hörte. Dann griff er vorsichtig nach dem kleinen Anhänger: >>Streck mal deinen Arm aus. << Voller Bewunderung betrachtete ich die perfekte kleine Figur, die nun zwischen dem Eiffelturm und dem London Eye hing. Noch immer an den Anblick gefesselt fragte ich: >>Wie trägst du deinen? <<, wollte ich, neugierig wie ich war, nun von ihm wissen. Einen Moment schien er zu zögern, was mich aufblicken ließ, doch dann zog er an einer schmalen Metallkette, die um seinen Hals hing. Erstaunt bemerkte ich, dass mir die Kette vorher nie aufgefallen war, doch das war wahrscheinlich auch seine Absicht. An der Kette hing ein ziemlich protziger Goldring, in den ein ovaler Feueropal eingelassen war. >>Ich habe ihn von meinem Dad bekommen. Er, Liam und ich haben den Selben. <<, erklärte er, während ich interessiert nach dem Ring griff und ihn in meiner Hand wog. >>Der ist ganz schön schwer! Aber warum trägst du ihn nicht am Finger? <<, scherzte ich. Er wirkte entsetzt und ich bemerkte erstaunt und auch ein wenig stolz, dass ich scheinbar immer besser darin wurde, ihn aufzuziehen. Allerdings hatte ich inzwischen auch mehr als genug Übung. Ich beschloss, dass Thema noch ein wenig weiter auszureizen: >>Naja, er ist doch echt schön. Außerdem könntest du ruhig etwas stolzer auf etwas sein, dass dir deine Eltern geschenkt haben und es nicht verstecken. << Sein Gesichtsausdruck wurde immer fassungsloser. >>Irgendwie passt er ja auch zu dir <<, setzte ich noch einen drauf. Kurz blieb noch dieser witzige Ausdruck, dann begriff er endlich, dass ich ihn auf den Arm nahm. Grinsend ließ er den Ring wieder unter sein Shirt fallen.
>>Du musst langsam echt aufpassen, sonst bekomme ich irgendwann noch einen Herzinfarkt. <<
>>Ooh, muss ich netter zu dir sein? <<
>>Eigentlich schon, wenn man bedenkt, dass ich dein einziger Kontakt zu deinem Clan bin. <<
>>Willst du mir etwa drohen? <<
>>Vielleicht, wenn das der einzige Weg ist, dich dazu zu bringen nett zu mir zu sein... <<
Während des kurzen Wortgefechts hatten wir unsere Blicke keine Sekunde voneinander abgewandt, so dass ich fasziniert beobachten hatte können, wie sich das verschmitzte Funkeln in seinen Augen in etwas anderes verwandelt hatte, das ich nicht genau einordnen konnte. Dann wurde mir schlagartig klar, wie nahe wir uns gekommen waren. Er musste näher an mich herangetreten sein, denn ich stand immer noch unbewegt am selben Platz, direkt neben dem Treppenpfeiler. Seine Nähe verwirrte mich so sehr, dass mir keine Antwort mehr einfiel. Der Teil meines Gehirns, der nicht damit beschäftigt war, lachend und singend vor Freude über seine Nähe durch die Gegend zu tanzen oder Lobeshymnen über seine Augen zu dichten, suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus dieser Situation. Leider war dieser Teil verschwindend gering. Plötzlich kam mir dennoch der rettende Gedanke. >>Ich habe auch ein Geschenk für dich! <<, platze es aus mir heraus und ich ergriff die Flucht nach oben, wobei ich fast gegen besagten Treppenpfeiler rannte. Am Treppenabsatz angekommen holte ich zweimal tief Luft, zum einen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen, zum andern, um die Mischung aus dem Geruch nach Wald und diesem Unbekannten Duft, die immer von Logan ausging, aus der Nase zu bekommen. Es war nicht so, dass ich den Duft nicht mochte, im Gegenteil, ich liebte ihn, aber er verwirrte meine Sinne nur noch mehr. Nachdem sowohl mein Atem, als auch mein Herzschlag sich nach einigen Sekunden wieder normalisiert hatten, setzte ich ein Lächeln auf und wandte mich zu Logan. >>Du kannst mitkommen, wenn du willst. Es ist in meinem Zimmer. Außer natürlich, du stehst gerne nachts allein in dunklen Fluren rum. Dann will ich dich dabei natürlich nicht stören <<, scherzte ich erneut. Er schüttelte nur in einer gespielten Mischung aus Frustration, Fassungslosigkeit und, so kam es mir zumindest vor, echter Faszination den Kopf und folgte mir.----------------------------------------------------------------------
Hey Leute,
als Entschuldigung dafür, dass ich es schon wieder nicht geschafft habe zu updaten( dieses Mal gleich zwei Mal!), kommt heute ein, zumindest für meine Verhältnisse, extra langer Abschnitt. Dann geht es hoffentlich, wenn ich es nicht schon wieder verschussele, wie gewohnt dieses Wochenende weiter.
Was haltet ihr eigentlich davon, dass Rosanna Logan verzeiht? Hättet ihr es ihm genauso einfach gemacht?
Eure Luna
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Feen der Elemente
FantasyRosannas Eltern sterben bei einem Autounfall, den sie schwer verletzt überlebt. Ihre einzigen Verwandten leben in einem Vorort von Portree, der Hauptstadt von Skye. Dort lernt sie den attraktiven Logan kennen, der sie total verrückt macht, obwohl si...