42. Kapitel

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Zu meiner Überraschung standen Ian, der scheinbar die Tür geöffnet hatte, und Logan immer noch in der Diele und unterhielten sich dort. Als Fi vor mir auf eine knarzende Treppenstufe trat, blickten beide auf. Logans und mein Blick trafen sich, wobei die Zeit still zu stehen schien. In seinen Augen spiegelten sich Erstaunen und Reue wieder. Doch die Aura seiner Gefühle, die er mir komischerweise erneut preisgab, sagte noch viel mehr: rosarotes Erstaunen, dunkelgraue Reue, pechschwarze Verzweiflung und bordeauxrotes Verlangen. Warte mal...Verlangen? Für einen Moment war ich ziemlich verunsichert, doch dann konnte ich mich damit beruhigen, dass die Aura ja nicht preisgab, warum die entsprechende Person so empfand, Es konnte also genau so gut das Verlangen sein, sich mit mir zu versöhnen. Ja, das war es ganz sicher! Außerdem verwirrte mich, dass er keinen einzigen Versuch startete, meine Gefühle zu lesen. Im Grunde funktionierte das mit dem Emotionen lesen übrigens ziemlich einfach. Die meisten Menschen, besonders extrovertierte Menschen, hatten keinerlei >>Schutz<<. Das heißt, dass man ihre Gefühle die ganze Zeit in einer Art Aura um sie herumschwimmen sehen konnte, wobei jede Farbe eine andere Emotion symbolisierte. Sehr introvertierte und zurückhaltende Personen zeigten ihre Empfindungen nicht so offensichtlich. Doch auch sie waren mit etwas Übung leicht zu lesen. Ein vorsichtiger Stubser mit ein wenig Magie und ihre Aura breitete sich vor einem aus, ohne dass sie etwas bemerkten. Aber ich hatte das nur ein paar Mal zu Übungszwecken gemacht, denn ich mochte es nicht gegen den Willen anderer Leute in ihren Gefühlen rumzustochern. Feen und andere magische Wesen waren die einzigen, die von Natur aus eine wirkliche Schutzmauer hatten. Aber auch hier war es, zumindest laut Logan, mit Ausnahme der Feuerfeen, mit genug Übung und Können möglich, unbemerkt vorzudringen. Bei Mitgliedern des Feuerclans war es, sobald ihre Magie erwacht war, ohne Erlaubnis nicht möglich in ihren Kopf einzudringen. Selbstverständlich wurde diese Erlaubnis, außer zwischen Partnern und in der Familie, fast nie erteilt. Außerdem war es auch nur ihnen möglich, ihre von Natur aus gegebenen Mauern zu trainieren und zu verstärken. Logan hatte mit erzählt, dass es sogar Feen gab, die richtiggehende Abwehrsysteme in ihrem Kopf errichtet hatten, die Angreifer mit kleinen >>Geschossen<< aus Magie attackierten, die stechende Kopfschmerzen verursachten. Mit dem Beeinflussen von Gefühlen, was ja auch zu den Fähigkeiten des Feuerclans gehört, war das so eine Sache. Es war um einiges schwieriger und aufwendiger, da Menschen natürlich dazu neigten zu merken, dass sie da gerade etwas fühlten, was sie vorher nicht empfunden hatten. Ich meine, wem würde es nicht auffallen, wenn man auf einmal jemanden mochte, den man vorher überhaupt nicht hatte leiden können? Bisher hatte ich mich aber standhaft geweigert, dass an irgendeiner Person auszuprobieren. Allerdings war die Versuchung, Angel das Gefühl zu geben sie müsste sich urplötzlich mitten in der Klasse oder damals auf der Tanzfläche übergeben, schon ziemlich groß gewesen. Auch das war nämlich durchaus möglich.

Logan hatte jedenfalls alle Mauern, die er normalerweise um seinen Kopf errichtete, gesenkt. Meine Verteidigung hingegen, war in voller Einsatzbereitschaft, ohne jede Lücke. Doch die Verzweiflung, die er ausstrahlte, ließ mich weich werden. Als mich Fi, nach einem kurzen >>Hey<< von uns beiden in die Richtung der Jungs, weiter zur Küche zerrte, in der Vika uns beide vermutlich bereits erwartete, nutze ich die Gelegenheit. Mit der Hand, die nicht im unerbittlichen Griff meiner Cousine gefangen war, strich ich im Vorbeigehen leicht über seinen Arm. Sofort durchschoss mich, ausgehend von meinen Fingerspitzen bis zu den Zehenspitzen, dieses Kribbeln und Brennen, bei dem ich mir nie ganz sicher war, ob durch Logans Körperwärme entstand oder ob meine eigene Magie einfach nur verrücktspielte, sobald ich ihn berührte. Während dieser kurzen Berührung trafen sich unsere Blicke erneut. In seinen Augen spiegelte sich eine Frage: >>Habe ich dich

verloren? << Für einen kurzen Moment senkte ich meine mentalen Mauern, um im eine Antwort zu senden: eine Welle von violetter Vergebung. Das glückliche Lächeln, zu dem sich seine Lippen formten, ließ meine Knie schwach werden. Kaum waren wir in der, zu meiner Verwunderung leeren, Küche angekommen, wirbelte Fi herum, schloss die Tür hinter mit, ließ sich dagegen fallen und sah mich mit großen Augen an. >>Mein Styling hat sogar noch besser funktioniert, als ich es erwartet hatte. Ich meine, ich kenne Logan seit ich klein war, immerhin sind er, Ian und ich in denselben Kindergarten gegangen, aber ich hab noch nie mitbekommen, dass er ein Mädchen so angesehen hat. <<, sagte Fi, die vollkommen überwältigt zu seien schien.


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