5. Ich kümmere mich um sie

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Selena

Alles ist schwarz. Da meine Hände hinter meinem Rücken gefesselt sind, bekomme ich den Stoff über meinen Kopf nicht ab.

Mein Puls rast und mir kommt es so vor, als läge ich schon seit über einer Stunde im Kofferraum. Ich kann nichts sehen, mich nicht bewegen. Ich werde sterben und kann nichts dagegen tun. Ich fühle mich wie lebendig begraben.

Das Auto ruckelt, der Fahrer fährt, als wär er völlig dicht und bei jeder Kurve werde ich gegen die Autowand gedrückt.

Meine Handgelenke brennen, weil sich die Kabelbinder in meine Haut schneiden. Wahrscheinlich bluten sie bereits.

Mein Gesicht ist nass vom ganzen Weinen und meine ungebändigten Haare kitzeln mich.

Ich höre dumpf, wie die Typen sich unterhalten. Es ist das einzige, was ich tun kann; ihnen zuhören und versuchen, zu erahnen was sie vor haben. Vielleicht bekomme ich mit, wie viele es sind und wie sie heißen.

Als ob das eine Rolle spielen würde, wenn ich eh gleich tot bin, denke ich.

"Können wir jetzt bei KFC halten?", fragt einer. Diese Stimme kommt mir bekannt vor. Aber sie klingt nicht aggressiv. Wahrscheinlich ist es der Typ, der am Anfang die Waffe auf mich gerichtet hat.

"Mann, Flex, bist du völlig gestört? Wir haben ne fucking Geisel im Auto, Gott!", sagt ein anderer laut. Es ist die bestimmte, strenge Stimme. Er hört sich an wie jemand, der das Sagen hat.

"Okay, Justin, beruhig dich mal. Du bist komplett gereizt." Diese Stimme ist neu. Vielleicht ist das dieser Derek.

Und der Boss heißt also Justin.

Ein anderer lacht. "Justin hat eindeutig Sexentzug", ich erkenne die Stimme von dem widerlichen Kerl, der mich mitgezogen hat, "das Angebot steht übrigens noch."

"Nein, danke, die Kleine gehört ganz dir", sagt Justin mit einem grimmigen Unterton.

Mein Herz schlägt noch schneller, wenn das überhaupt möglich ist und ich bekomme Schweißausbrüche.

Oh nein, oh nein, Ich muss hier raus, ich muss hier raus, ich muss hier raus, denke ich panisch.

Ich fange an wie wild mit den Füßen gegen das Auto treten. Meine Schläfen pochen vor lauter Anspannung und Konzentration.

Ich dachte, es könnte nicht schlimmer kommen, aber jetzt fängt auch noch meine Blase an zu drücken.

Ich verdamme den Tag, an dem ich den Job an der Tankstelle angenommen habe, verdamme Steven, weil er die Grippe bekommen hat und ich für ihn einspringen musste und ich verdamme Ben, weil er mich alleine gelassen hat. Ich verdamme den Tag, an dem ich geboren wurde.

Womit habe ich so etwas verdient? Womit habe ich so einen frühen, grausamen Tod verdient? Lieber Gott, hilf mir doch, bete ich stumm.

Irgendwann wird das Auto langsamer und kommt kurz darauf  komplett zum Stehen. Mein Puls beschleunigt sich wieder. In meinem Kopf spielen sich grausame Szenarien ab und ich wünsche mir, einfach nur tot zu sein.

ADDICTED TO YOU  → Jelena FanFiction (FINISHED)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt