41. Ich will dir nicht wehtun

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Selena

Die Ereignisse der letzten Woche wollen mir einfach nicht aus dem Kopf gehen.

Die Nachrichten im Fernsehen über mein Verschwinden, die Schusswunde von Justin und wie lange ich gebraucht habe, ihn zu überreden, ihm helfen zu dürfen - inzwischen ist die Wunde fast verheilt - aber am meisten nagt das Wissen an mir, dass Justin mal im Gefängnis war.

Das Bild von ihm in den Nachrichten war eindeutig ein Verbrecherfoto. Nicht, dass ich jetzt irgendwie anders oder schlecht von ihm denke, aber ich würde gerne wissen, was dahinter steckt.

Ob er jemanden umgebracht hat? Schließlich hab ich ihn schon zwei mal jemanden erschießen sehen; Juan und die Skater im Park.

Ich wette, das war nicht sein erstes Mal. Und bestimmt auch nicht sein letztes. 

All diese Ereignisse der letzten Woche lauern wie Geister in der Ecke meines Bewusstseins und kommen dann raus, wenn ich nachts im Bett liege und Justin nicht bei mir ist, weil er irgendetwas mit seiner Gang erledigen muss.

Ich habe mich so an seine Nähe gewöhnt, dass es mir inzwischen komisch vorkommt, ohne ihn einzuschlafen.

Meistens bleibe ich wach liegen und spitze meine Ohren, um sein Auto irgendwann gegen drei Uhr auf die Einfahrt biegen zu hören.

Erst, wenn er dann neben mir liegt, mich an seine Brust zieht, meinen Kopf küsst und mir süße Sachen ins Ohr flüstert, wovon er ausgeht, dass ich sie nicht höre, weil ich schlafen sollte - erst dann kann ich in Frieden schlafen.

Die letzte Woche war aufregend zwischen mir und Justin - vor allem emotional -, aber größtenteils ruhig. Die meisten Abende war er zuhause, es scheint, als hätte sein Business - was auch immer das genau beinhaltet - sich irgendwie beruhigt, da er nicht mehr so oft wegfährt und nicht so angespannt ist.

Wir lachen viel und Justin ist oft in dieser ausgelassenen Spiellaune, die ich so liebe, er ärgert mich liebevoll, macht Späße, wir gucken Filme und kuscheln - es ist erfrischend. In diesen Momenten vergesse ich meistens, dass er der Leader einer Gang ist. In diesen Momenten ist er einfach nur mein 22 jähriger Justin.

Trotzdem gibt er immer noch fast nichts über sich preis. Jedes Mal, wenn ich versuche, ein Gespräch mit ihm aufzubauen, was etwas tiefgründiger geht, baut er eine riesen Mauer um sich und verschließt sich. Ich denke, ich muss ihm einfach mehr Zeit geben.

Immerhin hat er sich wieder besser unter Kontrolle und springt nicht so extrem von einer Laune zur nächsten.

Er küsst mich inzwischen sogar vor den anderen, wenn auch eher versteckt und nicht so offensiv, aber er zeigt seine Zuneigung zu mir mit jedem Tag ein bisschen mehr, was mir Hoffnung gibt.

Als ich diesen Morgen aufwache, liegt Justin nicht mehr neben mir.

Er ist gestern spät nachhause gekommen - wie schafft er es immer, vor mir wach zu werden?

Nachdem ich mich geduscht und angezogen habe, beschließe ich, nach unten zu gehen.

Schon als ich auf den Treppen bin, höre ich wilde Diskussionen aus dem Wohnzimmer kommen. Ich bleibe stehen und lausche eine Weile. Im Unterbewusstsein höre ich eine kleine, leise Stimme, die mich warnt. Ich ignoriere sie.

ADDICTED TO YOU  → Jelena FanFiction (FINISHED)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt