-Kapitel 1-

1.6K 61 49
                                    

Ania P.O.V.

Ein Jahr war vergangen. Ein Jahr hatte ich in Białystok verbracht. Allein ohne jene Hilfe. Ich hatte dazu gelernt. Hatte lernen müssen wie es ist selbst klarzukommen. Ich hatte Erfahrungen gesammelt und längere Zeit in meinem Heimatland Polen verbracht.
Es war schön auch wenn ich viel Schmerz verarbeiten musste. Ich machte mir Vorwürfe meine Eltern und meine Großeltern hatten mir auch Vorwürfe gemacht. Sie fanden es unter aller Sau dass ich so gehandelt hatte. Konnte ich es ändern oder rückgängig machen? Nein! Also warum weiter Vorwürfe machen? Es brachte doch im Endeffekt eh nichts mehr. Es war eben so passiert und ich hatte daraus gelernt und musste auch die Konsequenzen daraus ziehen. Das war doch wohl schon Strafe genug oder. Das war zumindest meine Meinung dazu.

Und jetzt? Jetzt stand ich am Dortmunder Flughafen und ließ erstmal alles auf mich wirken. Ich musste mich erst wieder an die deutsche Mentalität gewöhnen. Sie waren anders. Ganz anders als die Polen. Sie tickten in so vielen Sachen unterschiedlich dass es nach so langer Zeit schon fast ein Kulturschock war als ich ankam. Deutsche waren toleranter als die Polen. Das merkte man oft. Dafür hatten die Polen Eigenschaften bei denen sich die Deutschen eine Scheibe abschneiden konnten. Beide Nationen hatten seine Vor- und Nachteile. Das war ganz einfach so.

Ich schloss die Tür zu meiner Wohnung auf und mir kam sofort der altbekannte Duft in die Nase. Es roch so schön nach Zuhause. Nach dem Dortmund was ich so geliebt habe und immer noch liebte. Es roch nach dem was ich vor einem Jahr aufgegeben hatte aber jetzt wieder aufgreifen konnte. Ich war wirklich gespannt was sich geändert hatte. Ob Marco sein Versprechen gehalten hatte und wie es bei den anderen Jungs aussah. Łukasz interessierte mich natürlich am meisten...verständlich. Ich liebte ihn immer noch. Hatte es nie aufgegeben oder dagegen angekämpft. Ich war mir sicher dass es eh nichts gebracht hätte. Die Verbundenheit zu ihm war einfach viel zu stark. Die polnischen Medien hatten viel über ihn berichtet. Es gab also gar keine Chance ihn zu vergessen. Sie sprachen darüber dass er seinen Stammplatz verloren hatte. Er wäre nur noch Bankdrücker und die dritte Wahl. Er hätte leistungstechnisch sehr abgebaut. Ich konnte mir das überhaupt nicht vorstellen. Łukasz liebte den Fußball. So wie er mir erzählt hatte war er seit seiner Kindheit einfach nur mit dem Fußballfieber infiziert und wollte nie etwas anderes tun. Dass das alles jetzt so einen Lauf genommen hatte war höchstwahrscheinlich alles meine Schuld. Das hattest du mal wieder super hinbekommen Ania! Große Klasse.

Jakub war nicht mehr beim BVB. Das hatte ich ebenfalls durch die polnischen Medien mitbekommen. Er war zu Florenz gegangen um dort öfters die Chance zum Spielen zu bekommen. Angeblich saß er wie Łukasz nur noch auf der Bank. Das passte nicht zu ihm. Irgendwie verstehen konnte ich ihn schon. Aber dass Łukasz nicht schon längst gewechselt war? War ihm alles so egal geworden? War er wirklich immer noch so sehr im Schmerz gefangen dass ihm selbst das Fußballspielen egal geworden war? Was hatte ich nur angerichtet?

Ich beschloss morgen früh sofort nach Brackel zu fahren. Ich brannte darauf mich endlich wieder in mein geliebtes Auto zu setzen und wieder durch Dortmund fahren zu können. Dies war eines der Tätigkeiten die ich am meisten vermisst hatte. Ein weiterer Punkt der Deutschland von Polen unterschied.

Den restlichen Tag verbrachte ich nur noch Zuhause. Ich wollte mich wieder einleben und wieder an das hier alles gewöhnen. Ich wusste dass mir das schwer fallen würde weshalb ich dafür auch wieder eine halbe Ewigkeit brauchte..
Ich telefonierte mit meinen Eltern um diesen Bescheid zu geben dass ich heil gelandet war. Kasia benachrichtigte ich und Michael. Er war der einzige mit dem ich in vollen Kontakt stand. Nur er hatte immer angerufen und gefragt wie es mir ginge. Ob ich es bereute dass ich nach Białystok gegangen war. Um ehrlich zu sein hatte ich es kein bisschen bereut. Es waren neue Erfahrungen die mich schlauer gemacht hatten und die ich keines Falls mehr missen wollte. Natürlich wäre es um einiges erleichternder gewesen hätten Łukasz und ich nochmal in Ruhe über alles sprechen können. Dazu war es aber nicht gekommen und ich hatte mit leben müssen. Ich war wirklich immer mit meinen Gedanken bei ihm in Dortmund gewesen. Kein anderer Mann hatte mich in Polen interessiert. Und wenn einer etwas von mir wollte wimmelte ich ihn immer damit ab indem ich sagte dass ich vergeben war. Alle Bilder von Łukasz und mir als Paar waren immer noch vollständig auf meinem Handy. Jedes einzelne hatte eine Geschichte. Jedes einzelne war besonders und vor allem wertvoll. Wie es ihm erginge wusste ich nicht. Ich hoffte einfach nur dass er immer noch der war in den ich mich damals vor mehr als einem Jahr verliebt hatte. Ich war mir sicher dass ich jetzt irgendwann die Möglichkeit bekam mit ihm zu sprechen...ihn alles zu erklären und persönlich um Verzeihung zu bitten. Das war für mich das wichtigste. Er sollte es sich wenigstens anhören. Es war sein gutes Recht es nicht anzunehmen. Aber darüber wollte ich jetzt noch nichts denken.

Ich löschte in der ganzen Wohnung das Licht. Es war die erste Nacht in Dortmund. Meine erste Nacht als 'Wieder-Dortmunderin' es war ein tolles Gefühl und vor allem zu wissen dass ich endlich wieder nach Brackel fahren konnte. Zur Echten Liebe. Zu meinen Jungs und endlich wieder Fußball aus der Fußballhauptstadt mitverfolgen konnte. Endlich!

Ona i On (II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt