-Kapitel 55-

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Sie hatte es geschafft sie hatte mich wirklich dazu überreden können nach Berlin zu fahren. Allein ohne sie. Mir war bewusst dass es nicht richtig war sie dort allein hingehen zu lassen. Aber sie wollte es so. Sie hatte darum gebeten. Ich hatte es zugelassen. Man kann es sehen wie man möchte. Trotzdem hatte ich kein gutes Gefühl dabei. Sie war mental angegriffen. Es würde ihr noch mehr zusetzen als es eh schon tat. Niemand wäre für sie da..alle ihr nah stehenden Personen waren genau wie ich nach Berlin gefahren. Sie musste also allein gegen so viele schlechte Gefühle kämpfen. Gut ging es mir damit sicher nicht.

Die Mannschaft war in der Stadt unterwegs. Es war frisch und vor allem feuchte Luft. Viel du stickig und schwül. Überhaupt nichts für die meisten von uns. Die so schönen Tage waren wieder weg. Das schöne Wetter hatte sich verabschiedet und die graue Seite kam zum Vorschein. Jedoch ein Grund mehr die Kapuze weiter ins Gesicht zu ziehen. Ich trottete den anderen hinterher und hörte nicht wirklich zu was einige der Physios uns zu Berlin erzählten. Warum auch? Ich hatte hier lang genug gelebt. Kannte Berlin so gut wie in und auswendig warum sollte ich da diesem oberflächlichen Informationen zuhören?

Wir standen an einer Ampel. Alle unterhielten sich ungestrengt und spekulierten über den morgigen Tag. Ich hatte mir gar nicht erst die Mühe gemacht um mich einzuklinken. Meine Gedanken waren immer noch starr bei Ania. Bis jetzt hatte sie sich noch nicht gemeldet. Eigentlich müsste sie schon längst fertig sein. Ich hatte sie versucht zu erreichen jedoch hörte ich immer nur die Mailbox.
Ich legte meinen Kopf schräg und sah zur Seite. Nicht weit von mir entfernt stand ein kleiner Junge. Nicht älter als vier Jahre.

Er blickte zu seiner Mutter und lächelte diese immer wieder spitzbubig an

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Er blickte zu seiner Mutter und lächelte diese immer wieder spitzbubig an. Seine Mutter schien mächtig stolz. Strich ihm immer wieder über den kleinen Kopf und konnte einfach nicht die Augen von ihm lassen. Ich war auch wie gebannt. Konnte meinen Blick einfach nicht abwenden. Egal wie sehr ich es auch versuchte. Ich stellte mir vor wie es wäre wenn ich doch so eine Vaterrolle übernehmen könnte. Ania mit dem Kind zu sehen wäre für mich einfach das größte gewesen. Ich wäre einer der stolzensten und vor allem glücklichsten Menschen der Welt gewesen. Hätte endlich das erreicht was ich von Kind an wollte. Eine Familie. Alles hätte ich erreicht. Ich wäre unendlich glücklich gewesen. Mir hätte an nichts gefehlt. Aber leider war das zu diesem Zeitpunkt nur Illusion. Unnötige Tagträumerei die eh nichts brachte außer mich innerlich aufzufressen. Sie als Mutter hatte sich so entschieden. Mehr konnte ich einfach nicht tun.

Ohne Regung saß ich auf meinem Hotelbett. Am Bettrücken gelehnt mit dem Blick an die Wand. Marcel lag ebenfalls auf seinem Bett. Nur deutlich entspannter als ich. Ich dachte nach. Über die letzten Monate. Über sie Zeit die ich Ania schon kannte. Fast drei Jahre waren es nun. Die Zeit war rasend schnell vergangen. Wenn mich jemand gefragt hätte wäre ich nie auf den Gedanken gekommen drei Jahre zu antworten. Mir kam es vor wie maximal eineinhalb Jahre. Mehr sicherlich nicht. Die Zeit ohne Ania wollte ich aus Prinzip nicht mitzählen beziehungsweise an diese denken. Sie war grau gewesen. Ein Jahr lang war mein Leben drist öde und langweilig. Durch Ania war die Welt um einiges farbiger. Lebendiger. Lebenswerter. Ja. Auch wenn wir zur Zeit nicht die einfachste durchlebten. Ohne sie wäre es doch nochmal um einiges schwerer. Ich wollte gar nicht daran denken sie erneut zu verlieren. Erneut so eine Zeit zu durchleben.

"Kommst du?" Es war das erste mal das ich aus meinen Gedanken zurück geholt wurde. "Wohin?" Marcel stand vor meinem Bett und sah mich belustigt an. "Zum Abschlusstraining. Wohin denn sonst?" Ahnungslos zuckte ich mit den Schultern und richtete mich auf. Das Training würde sicherlich helfen. Ich würde meinen Kopf frei bekommen..wenigstens für einen Moment. Es war mir klar dass es nicht lange halten würde. Aber was sollte ich bei so einer Situation auch anderes verlangen. Es ging um Ania. Meiner großen Liebe..und um das ungeborene Kind. Ob es überhaupt noch in Anias Bauch war? Ich hatte von so etwas keine Ahnung. Hatte auch bis jetzt keinen Bedarf gehabt um dies herauszufinden. Dass sich Ania jedoch immer noch nicht gemeldet hatte machte mir Sorge. Große Sorge. Eines war klar. Nach dem Training würde ich sie ans Telefon bekommen. Irgendwie.

Ona i On (II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt