-Kapitel 87-

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Gespannt wartete ich nun auf Agata. Gestern waren wir aus Frankreich gelandet und ich hatte es erfolgreich geschafft unter einem Vorwand zuhause zu schlafen. Łukasz hatte unzählige Male versucht mich umzustimmen, doch ich blieb konsequent. 'Ich wollte weiter meine Sachen zusammenpacken, um schnellst möglich bei ihm am Phoenixsee einziehen zu können.' Er hatte es mir abgenommen. Somit hatte ich wirklich noch einige Sachen zusammenpacken können und bin der unangenehmen Situationen gekonnt aus dem Weg gegangen. Dass Agate nicht locker lassen würde wusste ich. Da war es auch egal ob sie zu mir kommen würde oder ob wir heimlich bei Łukasz im Haus über die momentane Situation spekulieren würden. Also war es eigentlich noch ein Pluspunkt dafür, dass ich spät am Abend noch zu mir nach Hause nach Körne gefahren war. So war es auch sicher, dass weder Jakub noch Łukasz uns hören könnten. Auch wenn es recht egal war ob Kuba davon Wind bekam, da er sicherlich eh bis ins kleinste Detail eingeweiht war. 

Fünf Minuten vor der eigentlich ausgemachten Uhrzeit klingelte es an meiner Tür. Ich wusste genau, dass es Agata war, da ich von meinem Küchenfenster den weißen Porsche der Familie vorfahren sah. Zügig lief ich zur Tür und öffnete ihr. Mit einem Lächeln kam sie die Treppen schon fast  herauf gesprungen und begrüßte mich mit einer liebevollen und freundschaftlichen Umarmung. "Hallo Ania. Hast du gut geschlafen?" lächelnd nickte ich. Ich hatte wirklich recht gut geschlafen. Woran das genau lag wusste ich nicht ganz, da die letzte Tage schon recht aufregend gewesen waren und ich nicht die beste Laune an den Tag legte. Wahrscheinlich lag es einfach an der Anstrengung. "Und wie gehts dem Kind?" Ein bisschen unwissend zuckte ich mit den Schultern. "Wirklich viel spüre ich noch nicht. Also glaub ich zumindest. Ich kann das irgendwie nicht ganz einschätzen." Ermutigend strich sie mir über den Oberarm. "Ich denke, dass du bald etwas spüren wirst. Und glaub mir, dann ist es das schönste Gefühl was du dir vorstellen kannst." Hundertprozentig überzeugt war ich ja immer noch nicht wirklich davon.  Ich war ja wirklich sehr gespannt auf dieses Gefühl. Ich glaube niemand konnte mir richtig erklären wie sich das ganze anfühlen würde.

"Na komm Ania. Ich bin ja nicht ohne Grund hier." Agata war in der Zwischenzeit schon in mein halbleeren Wohnzimmer verschwunden und hatte es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Ich folgte ihr und setzte mich im Schneidersitz neben sie. Kurz schaute sie sich in dem Zimmer um. "Aber es sieht ja schon etwas nach Umzug aus. Das finde ich gut." leicht nickte ich. "Ja, ich habe gestern Abend als ich nach Hause gekommen bin noch ein bisschen etwas zusammengepackt und ausgemistet. Es muss ja ein bisschen voran gehen nicht?" Einen Hauch Erleichterung konnte man in ihren Augen sehen. Sie dachte doch nicht wirklich, dass ich jetzt alles hinschmeiße wegen dieser Auseinandersetzung. Auch wenn es schon eine größere Sache war. Meiner Meinung nach zumindest. " Was betrügt dich eigentlich noch am meisten Ania?" Wenige Augenblicke war es still gewesen. Ich weiß nicht genau, ob Agata nach den richtigen Worten suchte oder sich fragte, wie sie am besten dieses Gespräch beginnen sollte. Jedoch hatte sie mir jetzt diese Frage gestellt und schaute mir unsicher in die Augen. Tief atmete ich durch. Ich schaute von meinen gefalteten Händen auf. "Ich kann seine Worte nicht vergessen." Kurz nickte sie. "Was hat er denn gesagt?" Schaufend blickte ich sie an. "Muss ich das wirklich wiederholen? Du bist doch sicher von Kuba bin ins kleinste Detail informiert." Stumm nickte sie. "Ich möchte es trotzdem wissen." Was sollte das denn? Was wollte sie bewirken? Das es doppelt weh tat oder wieder alles aufwühlte? " Naja, dass ich mit irgendetwas provozieren wollte und.. ich glaube was ich damit bezwecken wollte. So in der Art war das gewesen. Glaub ich."  Sofort zeigte sie mit dem Zeigefinger auf mich "Siehst du!" Fragend sah ich sie an. "Was sehe ich denn?" "Na du kannst es gar nicht mehr richtig wiedergeben. Das ist der richtige Weg. Verstehst du mich? Eigentlich schließt du innerlich schon damit ab. Dein sturer Kopf hindert dich. So wie immer." Agata lachte kurz auf und zwinkerte mir zu. Kurz musste ich versuchen dem zu folgen, was sie mir da gerade versucht hatte zu verklickern. Hatte sie denn recht damit? "Meinst du wirklich?" Überzeugt nickte sie. "Auf jeden Fall. Sonst hättest du mir das ganze wortwörtlich wiedergebn können. Glaub mir nur. Was denkst du wie oft bei Jakub und mir schon die Fetzen geflogen sind. Du kennst ihn doch. Wie er sich aufführen kann, wenn es nicht nach seinem Kopf geht. Die Frage, die ich dir gerade gestellt habe hat mir meine Mutter immer gestellt wenn ich mit meinen Jakub bezüglichen Sorgen zu ihr gekommen bin. In fast allen Beispielen hat es geklappt. Und bei dir gerade auch." So mehr sie das ganze erläuterte desto mehr machte es Sinn. "So und jetzt schaust du auf deine Armbanduhr!" zögernd schob ich meinen Pullover nach oben und blickte auf das Ziffernblatt. Ich beobachtete den Sekundenzeiger, wie er seine Runde drehte. "Was siehst du?" Agata schaute mich gespannt an. "Ähm..den Sekundenzeiger, wie er sich bewegt..naja und die Uhrzeit.  Was sollte das jetzt bezwecken?" Wieder zeigte sie auf meine Uhr. "Das war ein weiterer Weg, den mir meine Mutter gezeigt hat, um mit dem ganzen abzuschließen. Sie sagte immer ich soll auf den Zeiger schauen. Und so mehr die Zeit vergeht, um so mehr vergeht die Traurigkeit. Du kannst also visuell sehen das du wieder glücklicher wirst. Versuch das mal." Ich verstand was sie mir sagen wollte. Und es klang erschreckend verständlich und logisch. Ich glaube, das sollte ich mir wirklich angewöhnen. "So und jetzt fahren wir zu den Männern. Sei nicht immer so stur Mädchen. Das kann dir Schwierigkeiten bringen. Ich musste mir das auch abgewöhnen. Das kann ordentlich schief gehen Liebes. Und sobald wir bei Łukasz im Haus sind gehst du zu ihm,umarmst ihn und sagst ihm, dass du ihn sehr liebst verstanden?" Überzeugt nickte ich. Da klang ach einem Plan der auf jeden Fall zu verfolgen war, um von dem unwohlen Gefühl in meinem Bauch los zu kommen.

Ona i On (II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt