Sicht – Hazelle Granger
Nach dem Gespräch in der Teestube, hatte er mich zu Fuß Nachhause begleitet und verabschiedete sich vor den Stufen an der Haustür anständig. Er verbeugte sich vor mir ein und küsste meine Hand, die er sanft zu sich zog. Seine Lippen bereiteten mir eine Gänsehaut von dem kleinen Zeh bis zum höchsten Punkt, an denen sich meine kleinen Haare auf dem Kopf aufstellten.
„Werden wir uns wiedersehen?" wollte er wohlerzogen wissen.
„Sie wissen nun wo ich aufzufinden bin. Nun sagt mir doch wie ihr heißt?"Er lächelte mich kurz an und stellte sich wieder vor mich hin.
„Balthus Counts, mein Name."
„Balthus? Ein sehr ungewöhnlicher Name für einen sehr ehrenhaften jungen Mann."
„Vielen Dank für das Kompliment."Sein Grinsen verstärkte sich. Bevor er jedoch wieder seinen Weg ging, verabschiedete er sich noch einmal. Meine Augen waren noch immer auf ihn gerichtet, auch wenn er schon längst außer Sichtweite war. Er hatte etwas Mysteriöses und Geheimnisvolles. Umso mehr kam in mir der Verdacht, dass er mehr hinter seiner honetten Art versteckte. Es konnte nicht sein, dass ich in ihm Interesse ausgelöst hatte, wenn wir uns doch noch gar nicht kannten. Es gab zwar solche Fälle, aber ich glaubte ohne zu wissen, dass ich nie so eine Frau war. Schließlich wollte ich meinen Partner erst kennen, bevor ich mir ein Bild von ihm machte.
Ehe ich mich jedoch versah, hatte ich ihn auf dem Weg zum Frauenarzt getroffen. Nachdem ich aus dem Bus gestiegen war, führte mich mein Weg durch einen gutbesuchten Park. Mein Weg führte mich an der Tower Bridge vorbei, darunter befand sich mein Gehweg, der an ein Stück Wäldchen entlang schlängelte. Viele Menschen verbrachten hier ihre Freizeit. Entweder trieben sie Sport, unterhielten sich mit Freunden oder hingen ihre Gedanken nach. Das Letztere hatte ich diese Zeit auch vorgehabt, allerdings kam mir Balthus dazwischen.
„Hallo, schöne Frau. Wohin des Weges?"
Erschrocken wandte ich mich zu dem Schwarzhaarigen, der sich von einer Bank aufstand und zu mir kam. Seine Schritte wirkten sicher, beharrlich und sehr elegant. Seine Augen hatten einen freundlichen Ausdruck, während seine Lippen neutral in seinem Gesicht klebten.
„Ich wollte zu einem Frauenarzt und was machen Sie hier?"
„Ich pausiere. Der Arbeitstag ist heute sehr hart gewesen. Immer diese Kinder, die sich nicht untersuchen lassen wollten."Nun schwenkte sein Lachen in Belustigung und Verständnislosigkeit über. Ehe er die Schultern zuckte und seine Lippen verformte.
„Was arbeiten Sie?"
Er schlenderte neben mir her, damit er durch mich seinen Frust vergessen würde. Seufzend legte er sich seine Umhängetasche um.
„Zahnarzt." lächelte er mich süffisant zu.
„Vor Jahren hatte ich eigentlich vorgehabt ins Ministerium zu gehen. Aber da ich näher an Mu... Menschen sein wollte, beschloss ich eine Praxis als Zahnarzt aufzumachen, wenn ich die Ausbildung erfolgreich gemeistert hatte. Und tadada, hier steht der Dr. Counts." erzählte er mir stolz.Zum einen war ich verblüfft, dass der Mann neben mir ins Ministerium gehen wollte. In welchen Bereich wollte er tätig sein? Zum anderen hatte er unbedacht den zweiten Satz geäußert oder warum hatte ich das Gefühl, dass er was Beleidigendes gegenüber der Menschheit sagen wollte? Und zum dritten konnte ich meinen zweiten Gedanken durch den Stolz in seiner Stimme wieder in den Hintergrund rücken. Wer würde einen Menschen etwas Übles wollen, wenn er doch jeden Tag darum bemüht war, anderen Leben schmerzfrei zu gestalten? Anscheinend hatte Balthus meine in faltengelegene Stirn gesehen und sprach sofort weiter.
„Und warum geht Ihr zum Frauenarzt?"
„Ich sorge mich um meinen Blähbauch." sagte ich ihm unverschlüsselt.
„Dann hoffe ich doch, dass das nichts Schlimmes ist." lächelte er mich aufmunternd an.Ich nickte ihm dankbar zu.
„Wie lange haben Sie die Pause noch?"
„Wir haben immer zwischen halb zwölf und halb zwei geschlossen. Daher habe ich noch eine Stunde zur freien Verfügung. Warum fragt Ihr, Jane?"
„Nun, ich dachte daran, dass Sie mich begleiten könnten!" murmelte ich etwas achtungsvoll.Er stoppte und sah mich kurz nachdenklich an.
„Ich kann verstehen, wenn Sie eine wildfremde Person nicht zu einem Arzttermin begleiten wollen. Es würde aussehen, als wären wir ein Paar, welches wir natürlich nicht sind. Ich dachte nur, dass sie vielleicht mir ein beratende Begleitperson wären, die sich auf dem Gebiet des Fachchinesisch auskennen würde." erläuterte ich meinen Gedanken liebenswürdig und spielerisch.
„Nun, wenn das Ihr Vorgehen ist, dann würde ich gerne mit Ihnen zu diesem Termin. Zu welchem Arzt geht Ihr?"
„Zu Dr. Ethan Wright in die Horselydown Lane."
„Ich sollte lieber nicht mitgehen." sagte Balthus mit einer sehr tiefen und strengen Stimme.Unnachgiebig wollte ich in Erfahrung bringen, warum er sich bei diesem Namen veränderte. Und warum er sich mit jeder Silbe dagegen sträubte? Ich hatte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er ein sehr kompetenter Arzt war, der sich hinter diesem Namen versteckte.
„Das mag vielleicht sein, Jane, aber er ist ein alter Bekannter von mir."
Sein Lachen hatte nichts mehr Freundliches gehabt.
„Wie meinen Sie das? Sie tun gerade so, als wäre ihre Frau zwei Mal bei ihm gewesen. Sie haben doch etwa noch keine Kinder?" pflichtete ich rücksichtslos bei.
Mit leicht aufgerissenen Augen sah er mich abschätzend an und schüttelte demonstrativ den Kopf. Die Bewegung war zu vorhersehbar. Er hatte viel zu lange für diese knappe Antwort gebraucht.
„Sie haben Kinder?" verlangte ich zu wissen.
„Jane"
„Sie haben eine Frau?"Meine Stimme wurde lauter. Ich wusste nicht, warum sich meine Stimme erhob. Schließlich waren wir nicht zusammen und aufeinander nicht angewiesen. Jedoch war die Wut über das schwache Wissen, welches ich von ihm hatte, stärker wie das Zuhören über seine Beweggründe, welche mir in jener Situation schwer Glauben schenken konnte.
„Sagen Sie mir nicht, dass ihre Frau bei Dr. Wright als Patientin ist?"
Seine Hände wollte er auf meiner Schulter ablegen, damit er mich verleitete in sein Gesicht zu sehen.
„Verzeiht mir." gab er einfach heraus.
„Lassen Sie mich in Ruhe, Mister Counts." schnitt ich seine Worte ab.Mit schnellen Schritten verließ ich den Mann, der erschrocken an Ort und Stelle stand. Er sah mich hinterher, dass spürte ich förmlich. Ich riss mich zusammen und rannte bereits, ehe ich realisierte, dass er mich nicht zu Folgen wagte. Aus irgendeinem Grund dachte er wäre ehrlicher gewesen. Nichtsdestoweniger sollte ich von meinen Menschen weniger erwarten, was ich nicht vollbringen konnte. Ehrlichkeit war in meiner Situation genauso wenig bedeutsam wie die Einsicht, dass ich mich naiv einen Menschen hingab, der es mit diesem Begriff noch weniger anfangen konnte.
Schnell huschte ich die Treppen des Mehrstockhauses hinauf, bis ich vor dem Schild des Frauenarztes stehen blieb und jeden Buchstaben einzeln vor mich hin flüsterte. Es beruhigte mich, da ich bei der Bewältigung der Stufen deutlich abgekämpfter war wie es den Anschein machte. Kurz schloss ich meine Augen bevor ich hinein ging und mich ankündigte.
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Expecto Patronum
FanfictionIn der Zeit als Lord Voldemort im Aufschwung war, gehörte bereits ein Mugglestämmige namens Hazelle Maria Granger zu einer intelligenten, kämpferischen und duldsamen Hexe. Allerdings wäre vieles anders, wenn sie nie gewesen wäre. Umso bemerkenswerte...