(36) 30.03.1942 - Rivalry

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Am Abend stand ich nun vor meinem Kleiderschrank und wusste nicht, was ich anziehen sollte. Ich wollte nicht zu edel aber auch nicht zu unbekleidet herumlaufen. Daher entschloss ich mich einfach für etwas Bequemes. Ich legte meine Schuluniform ab und legte die noch frische Oberbekleidung in den Schrank. Danach lief ich auf mein Bett. Ich zog mir meine schwarze Lieblingsjeans und ein rotes Fledermaus-T-Shirt an. Ächzend sah ich mich ein weiteres Mal im Spiegel an und ich sah ganz passabel aus. Über das T-Shirt würde ich später noch eine schwarze Lederjacke anziehen und dann würde ich nicht allzu frieren, wenn es abends doch etwas länger werden würde.

Ich zog mir dann meine schwarzen Stiefeletten mit silbernen Nieten und einer seitlich versehenden Gürtelschlaufe an, die ich Zuhause öfters beanspruchte. Aber hier hatte ich meistens die Schuluniform an außer es fällt etwas Besonderes an, dann benutzte ich meine Muggelkleidung. Kichernd stellte ich fest, dass ich mich noch nie dieser Welt in diesen Klamotten präsentiert hatte. Ich brauchte nun nur noch eine Lösung für mein widerspenstiges dickes Haar. Meine Lippen presste ich gedankenlos aufeinander und verzog sie nachdenklich immer wieder.

„Ducite capillos lenis."

Ich tippte mit dem Zauberstab dreimal auf meinen Kopf. Ich spürte, wie sich meine Haare veränderten. Es knisterte an der Kopfhaut und vibrierte leicht durch meine buschigen Haare. Es war ein unbekannter Zauber, aber dennoch in diesem Moment ein sehr praktischer meiner Ansicht nach. Ohne Magie würden meine Haare wohl erst in vier Stunden nach etwas Gutem aussehen.

„Haz, bist du endlich fertig?" wollte Kelly ungeduldig wissen.
„Ja, ich bin gleich fertig." meinte ich flott zurück.
„Die anderen sind schon einmal vorgegangen."

Nickend gab ich mir selber die Einverständniserklärung, dass ich für den Abend gut aussah. Schneller wie sonst flitzte ich aus dem Badezimmer und zog mir meine Lederjacke an. Und stellte mich modellhaft vor Kelly hin, die mich mit skeptischen Augen musterte.

„Wie ich sehe, hast du denselben Stil wie ich. Sieht gut aus." kicherte diese mit ihren roten Lippen.
„Kein Wunder, dass wir beste Freunde sind." gab ich frech weiter.
„Aber wen möchtest du denn heute aufreißen, dass du dich sehr muggelhaft kleidest? Doch etwa nicht den attraktiven Kapitän aus dem Hause Slytherin? Meinst du, du bekommst ihn mit solch einem Auftreten herum?"
„Ich weiß, auch er ist typisch Slytherin in seinem Gehabe, aber wir reden hier von Balthasar und nicht von Jeremias!"

Nun lachte sie scherzhaft auf und ich erwiderte das Lachen. Als wir den Gemeinschaftsraum verließen, kicherte sie immer noch sehr vergnügt.

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass du wieder hier bist. Noch weniger kann ich glauben, dass du allen Ernstes Riddle und sein Gefolge zu deiner Comebackfeier eingeladen hast."
„Umso erstaunlicher wird es für dich, wenn sie wirklich auftauchen würden." lachte ich ihr wetteifernd zu.
„Ich wette mit dir, dass sie nicht kommen."

Ich wusste, dass sie meine Wette nachkommen würde. Grinsend sah ich in ihre Richtung.

„Um was wetten wir?" wollte ich optimistisch wissen.
„Hmm, wenn du verlierst, musst du einen kompletten Tag in Reimform oder Sprichwörtern sprechen." gab Miss Black ihren Wetteinsatz für mich kund.
„Dein Ernst? Und wenn du verlierst, liebe Kelly, musst du innerhalb einer Woche schaffen, dass eine Schlange sich in unserem Gemeinschaftssaal aufhält ohne es zu bemerken."

Mit weit aufgerissenen Augen sah sie mich an und schlug dennoch ein.

„Da ich gewinnen werde, muss ich mich darum keine Sorgen zu machen." erläuterte sie ihr Wissen vorwitzig.
„Das werden wir sehen." belächelte ich ihre Worte.

Innerlich gab ich ein Stoßgebet in Richtung Merlin, dass mich die Schlangen nicht im Stich ließen. Ich würde kein Tag aushalten, indem ich ständig mit Reimen oder Sprichwörtern ansetzen musste.

„Aber wenn ich verliere, muss ich die Reime auch im Unterricht anwenden?"

Es war nur eine ungewisse Feststellung, damit Kelly sich in Sicherheit wiegen konnte und dachte, sie sei bereits die Siegerin. Nichtsdestoweniger wollte ich es wissen, damit ich für ihre Beharrlichkeit gewappnet war.

„Selbstverständlich, sonst wäre das doch gar nicht lustig." stellte sie vereinbart klar.

Auf den Weg hinunter ins kleine Örtchen fiel mir erst auf, dass die Welt sich auch ohne mich weiter gedreht hatte. Sie war nun wieder im Hauch des Frühlings und ich genoss diese Prise genauso sehr wie es Kelly befreite.

„Wie ich diesen Duft liebe." sagte die Schwarzhaarige sofort.

Wir nahmen einen Zug voller blumigen und sanften Bukett ein und gingen den Weg weiter. Der einstige Trampelpfad war bereits durch das hin- und herlaufen der Schüler immer mehr zu einem Gehweg geworden. Auch ohne Teer wirkte dieser Weg schön anzusehen. Im seitlichen Rahmen des steinigen Weges blühten die verschiedensten Blumenarten, eine schöner als die anderen. Von Amarant über Elfenglöckchen zur Tulpe bis hin zur Zinnie.

Sie waren alle ihn prachtvollen Farben gehüllt und waren auf diesem Weg der Blickfang. Eine Weile blieb ich stehen und besah mir all diese Farben an, die ich in letzter Zeit kaum zu Gesicht bekam. In der Form der Seele konnte man das ganze Leben nur schwarz-weiß sehen und das alleine war deprimierend genug. Auch das Lachen der Personen, die einen nicht wahrnahmen klang dumpf wie durch einen Nebelschleier. Es war wie Musik in meinen Ohren, wenn ich nun Personen in meiner Nähe lachen hörte. Ich unterschied nun auch das Lachen zwischen gutes und schlechtes Lachen. Ich erkannte Menschen, die nicht ehrlich lachten indem ich sie als weniger attraktiv ansah.

Wenn wir Tom hernehmen, er sah über einen Tag unfreundlich aus. Nicht, weil er nie lachte, eher weil er seine böse Seele hinter einer heuchlerischen Maske versteckte. Nicht, weil er zu seinen Lehrern freundlich wirkte, eher weil ich nun wusste, dass er all die Worte nie meinte, wie er sie beabsichtigt hatte. Tom war ein Widerspruch in sich. Wenn ich glaubte, ich kannte ihn mit all seinen Stimmungen, bescherte er mir im nächsten Moment wieder das Gefühl des Kennenlernens. Er wechselte seine Masken untere einem Tag mehrmals, deswegen konnte ich mir gut vorstellen, dass es ihm in einer einsamen Stunde sicherlich nicht gut dabei geht.

Ich dachte schon oft daran, dass er jemand braucht mit dem er sprechen konnte über seine Gefühle, über seine Vergangenheit und über sein zukünftiges Vorhaben. Er brauchte eine Mutter, die ihn liebte, die ihn aufzog und ihn niemals aufgeben würde. Er brauchte jemand, bei dem er einfach er selbst sein konnte und einfach mal den Druck auf sich selbst fallen lassen konnte. Er hatte auch die Chance gehabt, dass er als Kind der Liebe auf die Welt kam und nicht als Kind eines Zaubertrankes. Woher ich das wusste, noch bevor es Tom erahnte? Ich konnte keineswegs einen Blick in seine Erinnerungen erhaschen, dennoch hatte ich über Morfin mehr erfahren.

Seine Mutter hatte Toms Vater mit einem mächtigen Liebestrank geködert, obwohl er dieses hässliche Geschöpf niemals lieben würde. Für ihn war Merope nur eine geistesgestörte und unsagbar missgestaltete Kreatur. Anscheinend war es deswegen, warum Tom seinen Vater in jener Nacht meiner Rückkehr töten musste. Hatte er sich genauso gegen seinen eigenen Sohn ausgedrückt? Bevor ich jedoch weiter abschweifte und mich weiter über das Rätsel der Person von Tom Riddle nachdachte, lief ich hinter Kelly in das Dorf hinein.

Expecto PatronumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt