(106) 31.12.1990 - at what price

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„All die vergangenen Jahre hast du mir nicht erlaubt, dir etwas zu schenken. Außer das eine Mal, als ich dir Nagini überreicht hatte. Nagini war für mich ein Zeichen, dass sie dir anvertraut werden sollte. Nagini war für mich ein Wesen, das dich immer an mich erinnern sollte. Tom Marvolo Riddle, ich weiß, du bist kein materiell denkender Mensch. Doch hier und jetzt, wollte ich dir einfach etwas mehr wie die körperliche Nähe schenken. Weit mehr wie das Feuerwerk der Gedanken, die du mir sonst beschwert hast. Hier möchte ich dir einfach diese Silvesternacht schenken. Eine Silvesternacht, bei der alles wahr werden würde. Ich werde dir versprechen, dass ich mich auf die Suche nach deiner... nach unseren Patronus machen werde; wenn Hermine erst einmal in Hogwarts in guten Händen ist. Auch wenn du es nicht hören möchtest, Hermine hat deine dunklen Augen und deine Nase bekommen. Ihr kritischer und wissbegieriger Blick ist sehr herausfordernd. Ich stelle mir jedes Mal vor, wie es das unser Umfeld aushielt. Bei dir war es sonderlich einfach, denn sie mussten es ertragen." lachte ich kurz leise auf.

Sanft strich ich seine länger gewordene Haarsträhne hinter sein Ohr und blickte mit tränenverschmierten Augen in das ruhige Gesicht von dem Mann, den ich liebte. Seine Augen waren verschlossen und doch konnte ich mich genau an seine wunderschönen dunkelbraunen Augen erinnern, die im Glanz des Mondes oft rötlich schimmernden. Hier vermutete ich bereits damals, dass er eine böse Seite in sich trug, die er gekonnt im Hintergrund wachsen ließ. Wenn er jedoch so vor einem lag, so ruhig, so hilflos und vor allem so schwach, würde man nicht denken, dass er der gefährlichste Zauberer dieser Zeit werden würde; wenn er mich nicht gefunden hätte.

„Ich habe gerade daran gedacht, dass Hermine den gefährlichsten dunklen Zauberer dieser Zeit Vater nennen durfte. Dennoch kann Hermine sich glücklich schätzen, einen solchen Vater wie dich zu haben. Sie fragt oft nach dir, Tom. Ich hab ihr erzählt, dass du auf eine lange Reise bist. Sie weiß nicht, dass du hier bist. Unser Schlafzimmer wurde mit einigen Zaubern gesichert, dass man dich hier nicht auffinden würde. Du wirst erstaunt sein, wenn du Hermine sehen würdest. Sie ist schon groß geworden und bereits elf Jahre. Ohhh, und ihr Haar ist leicht grauslich, wie meine früher. Sie wird die Klassenälteste sein und womöglich auch durch die schnelle Aufnahme einer der Besten. Ich hoffe nur, dass sie immer so kritisch bleibt. Sie muss sich schließlich auch mal gegenüber euch, Slytherins, durchsetzen. Ich bin mir auch sicher, dass sie eine feste rechte Hand bekommen hatte; mit dem sie auch zuschlagen kann."

Hier dachte ich an den Faustschlag gegenüber Balthasar zurück. Kichernd legte ich meine Hand auf die Stelle, in der ich immer noch das Herz von Tom schlagen spürte. Ich liebte diesen Herzschlag und es gab mir Hoffnung, dass er irgendwann wieder vor mir stehen würde.

„Sie wird auf jeden Fall eine Gryffindor, vielleicht auch eine Ravenclaw. Ich weiß, das würde dich stören. Doch auch wenn du sie nicht sehen kannst, so glaube mir, sie hat alle Eigenschaften, was ein Löwe auch haben würde. Nur leider kann ich auch Eigenschaften von Slytherin bestaunen. Zwar nicht mit List und Tücke eher nach dem Streben nach Wissen und Gerechtigkeit. Hier merkt man, dass sie eine halbe Schlange und eine halbe Löwin ist. Und wenn ich recht bedenke, hoffe ich auch ein Stück, dass einige Slytherins nicht gerade schlecht von ihrer Abstammung denken. Ich werde ihr immer wieder sagen, dass sie ihre Abstammung nicht preisgeben sollte. Und wenn jemand Schlammblut nennen sollte, ignorieren ist die einfachste Lösung. Hoffentlich tut das keiner, ich würde mir nicht vorstellen können, dass du das unbestraft lassen würdest, wenn dein kleines Mädchen als etwas Minderwertiges eingestuft werden würde."

Allein die Vorstellung brachte mich zum auflachen. Als ich mich langsam wieder ein bekam, legte ich mich zu Tom auf das Bett und schmiegte meinen Kopf auf seine Brust. Die Herzschläge beruhigten mich und ließen die Situation vereinfachen. Es war hart genug, jeden Tag zu hoffen, dass er wieder aufwachte. Es war hart genug, jeden Tag zu sehen, dass er immer noch schlief. Ich hatte nie geglaubt, dass es irgendwann Tom erwischen würde. Zu welch einem Preis hatte er sich das angetan? Ich wusste nicht, dass dieses Mädchen damals unter ihm meine vergessene Schwester war, die ihn verführen wollte. Sie wollte, dass er mich vergaß. Sie wollte, dass er ihr unterlegen war. Sie wollte, dass er weiter litt. Sie war geblendet von Hass auf Godric, der mir das Erbe in die Wiege gelegen hatte; anstatt der Älteren es zu geben. Was war nur so besonders am Erbe? Bisher war alles wie immer, als wäre nichts Besonderes an mir?

Sie war aber auch hasserfüllt, weil ihre Prophezeiung durch den Pakt der beiden Gründer ein Schlupfloch für meine Seele war. Ich hätte niemals mit Magie zur Welt kommen dürfen. Daher hatte Arabella erhofft, dass ich als Muggelgeborene geboren werden würde. Doch es kam schließlich anders. Mein ursprünglicher Vater liebte Elisabeth, meine Mutter. Durch die List meiner Schwester kam es dazu, dass mein Vater mit meiner Mutter schlief; wusste nicht, dass er ein Amortentia im Blut hatte. Ein wohl gewaltige Portion Amortentia, der sich in mir ausbreiten konnte. Irgendetwas sagte mir, dass Arabella nicht nur beim Tod von Merope nachhalf; sondern auch bei meiner Mutter. Sie wollte, dass ich glaubte, ich sei eine Muggeltochter. Ich sollte von den Sprösslingen der Slytherins abgestoßen werden. Doch hier kam es wieder anders wie sie dachte. Nach anfänglichen Problemen kam ich sogar mit einer Schlange zusammen.

Auch hier ahnte ich nun, dass sie bei der Zerstörung der Beziehung nachgeholfen haben musste. Arabella und Vanessa. Wie aus heiterem Himmel, schlug mir ein Gedanke ein. Schlagartig wurde mir bewusst, mit welchen Kräften sich Tom angelegt hatte. Tom hatte keineswegs nur Horkruxe erschaffen. Tom war damals durch und durch böse. Noch böser wie es mir je ins Auge gefallen war. Nicht umsonst wurde er bis zu dem Tag als er mich wieder fand, als der dunkle Lord abgestempelt. Er war grandios, so etwas zu verbergen; all die Jahre. All die Jahre hatte ich mich gefragt, wer sich zu bestimmten Zeiten im Jahr ins Gryffindorhaus schlich um vor meinem Zimmer eine Kleinigkeit abzulegen. Es war immer zu Weihnachten, zum Geburtstag und an einen sehr bekannten Muggeltag. Die Gegenstände fand ich damals eher sehr unoriginell gewählt für einen Verehrer und auch sehr stillos für jemand, der mich nur aus der Ferne ansah. Wenn das wirklich von Anfang an Tom war, dann verstand ich nun erst, warum er mir all das vorbei gebracht hatte?

Er wusste, dass es bei mir sicher sein würde. Er wusste, dass ich eines Tages von selbst auf die Lösung kommen würde. Die Horkruxe, die er damals gesucht und deaktiviert hatte, war nicht die Lösung für das Problem an sich. Die Gegenstände konnten zerstört werden, ohne ihn zu schädigen. Aber die Gegenstände, die er mir immer wieder vorbeigebracht hatte, waren die, die er so lange es ging versteckt hielt. Ich glaubte auch, dass er es selbst vergessen hatte. Schließlich war es in jener Zeit als ich noch mit Balthasar liiert war; zwischen 1942 und 1944. Zwischen dem, als ich mit Balthasar zusammen kam und meinem Verschwinden. Rechnerisch gesehen wären es dann drei Geschenke pro Jahr plus zwei Jahre; ergibt sechs Gegenstände. Ich versuchte mich zu erinnern, doch es gelang mir nicht, welche Gegenstände es waren. Ich konnte noch nicht einmal ein Bild davon zurück ergattern.

„Welches Geheimnis hast du mit in deinen Schlaf genommen? Was hast du dir noch angetan? Reicht es nicht schon, dass du deine Seele immer wieder geteilt und verstümmelt hast? Was wolltest du mir nur mit diesen Gegenständen sagen? Tom, wach endlich auf." flüsterte ich erschüttert auf.

Ich schüttelte meinen Kopf und sah bereits die Raketen, die wie Zaubersprüche in die Luft schossen und dort zerplatzen. Ich schloss meine Augen und kraftlos schlitterte ich ohne Weiteres ins Land der Träume; neben den Mann, der für mich immer der ganze Stolz sein würde. Auch wenn er eine teuflisch schwarze Seele aus Feuer trug, ich wusste, auf was ich mich einließ. Und ich würde sogar mit ihm in den Tod rennen, wenn er das von mir verlangen würde. Er strengt mich nicht an. Ich konnte bei ihm sein wie ich bin. Er nahm mich so an. Ich musste mich nie verändern, aus diesem Grund mache ich das. Aus diesem Grund liegt mir sein Leben so nah am Herzen. Deswegen kümmere ich mich um seinen schlafenden Körper. Sein Dasein war wie ein Balsam für meine Seele, die durch sein Koma nicht mehr richtig wusste, wie sie wirken sollte.

Expecto PatronumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt