'37. Kapitel

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"Ich weiß nicht wer dieser Mann war, aber ich bin mir sicher, dass er teilweise hinter dieser Sache steckt", antwortete ich dem älteren Herren, der mir die Frage gestellt hatte. Vor mir saßen um einen großen, runden Tisch die Leute, die für die Sicherheit von Core Tempestas verantwortlich waren. Unter ihnen mehrere Offiziere, Generäle und natürlich die Oberste, sowie mein Meister. Während ich ihnen noch einmal genau geschildert hatte, was passiert war, wohnten Ranar und Zen der Versammlung still bei. Ihre Aussagen würden als nächstes drankommen, die auch für mich neu sein würden.

"Vielen Dank, Sturmesmeisterin Kingston. Fahren wir mit den berüchtigten Saiken vor. Was habt ihr über die Redemptio zu sagen?", sprach die Oberste, als sie die zwei ernst anblickte.
Zen und Ranar schwiegen für einen Moment, woraufhin ich den beiden einen stechenden Blick zuwarf.
Zen wollte beginnen zu sprechen, doch Ranar nahm ihm das Wort.
"Die verbleibende Familie der Saiken steht unter dem Befehl der Redemptio. Mein Bruder und ich haben uns selbstständig aus diesem Dienst entlassen"
"Und was haben sie euch tun lassen?", wollte die Oberste von ihm wissen.
"Hauptsächlich Morde. Wichtige Individuen aus den gegnerischen Reihen", entgegnete Ranar gelassen, als wäre diese ganze Versammlung nur ein weiteres, nerviges Ereignis, dass er hinter sich bringen musste.
"Und ihr habt keine weiteren Informationen zu den Beweggründen, Anführern oder Strategien der Redemptio?"
Die Stimme der Obersten war angespannt, als wolle sie damit Ranar ermahnen, die Sache gefälligst ernst zu nehmen. Er jedoch zuckte nur mit den Schultern.
"Alles, was sie uns gesagt haben, nachdem sie unseren Familiensitz eingenommen haben, war, dass wir absofort einem höheren Wohl dienen müssten. Deswegen die Tode und das Blutvergießen. Mehr wurde nicht genannt"
"Ich verlange nach ausführlichen Berichten über die Zeit, die ihr unter der Unterdrückung der Redemptio verbracht habt", warf der ältere Herr ein, der mich zuvor befragt hatte.
"Leider wird das euch nicht weiterhelfen. Wir waren nur ein Mittel zum Zweck. Wir wissen nichts Näheres über die Redemptio", entgegnete Ranar abweisend.
Niemand schien es zu bemerken, doch er versuchte etwas zu umgehen. Genauso wie Zen. Allein sein Blick verriet mir, dass er etwas verbarg. Aber nicht nur das fiel mir bei ihm auf, sondern auch sein Aussehen. Die ganze Zeit schon wirkte er zunehmend geschwächt, als ob er Mühe hatte, überhaupt bei Bewusstsein zu bleiben.
Während die Oberste weiter noch mit Ranar diskutierte, lehnte ich mich zu Zen.
"Sag, was dir auf dem Herzen liegt. Ihr steht unter meinem persönlichen Schutz, euch kann nichts mehr passieren", flüsterte ich ihm zu.
Er schüttelte leicht den Kopf.
"Zen, du musst alles sagen, was du weißt. Wenn du es nicht tust, könnten wir mehr Probleme bekommen, als es nötig ist"
Er schwieg weiterhin.
"Ich befehle dir sofort den Mund aufzumachen und verdammt nochmal auszupacken! Hast du mich verstanden?", zischte ich und packte ihn am Kragen.
Aus dem Augenwinkel betrachtete er mich für einen Moment, bevor er meine Hand an seinem Kragen sanft umschloss.

"Ihr habt doch jahrelang mit diesen Terroristen in Verbindung gestanden, ihr müsst mehr wissen!", rief der ältere Herr durch den Raum, woraufhin Ranar nur drohend die Zähne fleschte.
"Wir-"
"Die Redemptio benutzt Blut unserer Familie als Unterdrückungsmittel für ihre Gefangenen. Es weißt unsere Krankheitssymptome vor und reagiert in Fremdkörpern betäubend. Es löst mehrere Kurzschlüsse im Körper aus, was mit hinzugefügten Giften dazu führt, dass der Empfänger des Blutes jegliches eigenständiges, klares Denken nicht mehr verwenden kann. Das war der Hauptgrund, warum man uns für die Erstellung der Spezialeinheiten brauchte. Ist es einmal injiziert, wird der Körper so angegriffen, dass er langsam nicht mehr alleine fungieren kann"
Die Versammlung schwieg ein paar Sekunden, während Ranar Zen furios ansah. Mit den Fingerspitzen berührte ich die Stelle an meinem Hals, in dem die zahlreichen Spritzen gerammt wurden.
"Sturmesmeisterin Kingston hätte nun längst ein Untertan der Redemptio sein sollen, da sie aber in enger Verbindung zu uns steht, wurde das verhindert"
Meine Hand, die immernoch seinen Kragen packte, zog ich schlagartig fort.
Die Augen meines Meisters brannten förmlich vor Wut, was ich von hier aus bereits erkennen konnte.
"Zen, du scheinst mehr über die Vorgänge der Redemptio zu wissen, als dein Bruder. Wir möchten alles erfahren", sprach die Oberste mit vorwurfsvollen Blick Ranar gegenüber.
Zen nickte leicht, bevor er begann weiterzusprechen.
"Die Redemptio besitzt zahlreiche Sitze in ganz Core Tempestas, sowie Tempora Annis. Sie alle dienen verschiedenen Zwecken, wie die Beschaffung von neuen Einheiten. Ihr Hauptsitz liegt in Mons, wovon sie die anderen Sitze überwachen. Ich weiß nur von einer Person, die in Frage käme, für das alles verantwortlich zu sein. Unter den Untertanen der Redemptio nennt man ihn den Gründervater. Er war flüchtig zu Besuch, als man Sturmesmeisterin Kingston und mich in dem Lager festhielt. Ich habe ihn nicht gesehen, doch er könnte der Mann sein, von dem sie vorhin sprach. Seine Beweggründe kenne ich nicht, nur dass sie von einem höheren Wohl handeln sollen"
Meine Hände bebten. Er hatte so viel gewusst? Und sagte es erst jetzt? Zorn kam in mir auf, der mein Denken kurz zum Stillstand brachte.
"Und was geschah in der Zeit in dem Lager? Was haben sie von dir verlangt?", befragte die Oberste Zen weiter, dessen Schweiß schon die Stirn hinunterlief.
"Mein Blut. Ich habe nichts getan, sie haben es mir abgenommen, bis die Sturmesmeisterin mich befreit hat. Davor hatte man mich mit ihrem Wohl erpresst und dorthin getrieben"
Zen hatte nun deutliche Schwierigkeiten still zu bleiben. Seine Hände zitterten, doch sein Blick war sturr in die Runde gerichtet. Seine Haut wurde fast so weiß wie Schnee, als die Oberste zu ihrer nächsten Frage ansetzte.
"Bedeutet das, dass Amber immernoch unter dem Einfluss der Redemptio steht?", zischte mein Meister, wobei er die Oberste unterbrach.
"Nein", erwiderte er klar.
"Wenn du nicht zu diesem Lager zurückgekehrt wärst, dann wäre das alles nicht passiert, habe ich recht?", fügte er zähneknirschend hinzu.
"Nein, wäre es nicht", antwortete Zen erneut.
"Dann hätte vorheriger Kontakt zu ihr das ganze Geschehen verhindert?!", brüllte mein Meister ihn nun förmlich an.
Er war stinkwütend und mir ging es zwar ähnlich, aber das konnte ich mir nicht länger mit ansehen.
"Ich...", murmelte er nur noch, bevor er plötzlich nach vorn kippte.
Schnell packte ich ihn an den Schultern und sah hilfesuchend zu Ranar, der sofort zu mir eilte.
"Ich entschuldige mich und meine Assistenten. Weitere Aussagen unsererseits folgen schriftlich", verkündete ich mit lauter Stimme, bevor ich Ranar half, seinen Bruder aus dem Sitz und nach draußen zu hieven.
Die Versammlung schwieg und ich versuchte schnellstmöglich in den Flur zu gelangen. Als ich den Torflügel hinter mir zugezogen hatte, legte ich Zens Arm über meine Schultern und schleifte ihn so mit Ranar zu meinem Arbeitszimmer.
Der Himmel draußen war bewölkt und nur sperriges Licht drang von draußen hinein.
"Was ist mit ihm?", wollte ich von Ranar wissen, als ich Zens Kopf vorsichtig auf den Boden ablegte. So gut es ging versuchte ich meine Panik zu unterdrücken.
"Hast du schon vergessen? Er ist von dir abhängig und es ist schon Ewigkeiten her, dass du ihm etwas von ihm abgegeben hast. Aber er hat sich die ganze Zeit geweigert, mehr von dir anzunehmen, warum auch immer", erwiderte er mit einem gereizten Unterton.
Wenn ich darüber nachdachte, stimmte es, dass er meine Energie das letzte Mal nicht annehmen wollte.
Seufzend strich ich Zen die Haare von der Stirn und betrachtete seine zuckenden Augenlider.
"Ich weiß nicht, was in letzter Zeit mit ihm los ist. Er verhält sich ganz anders als sonst und lässt sich nicht helfen", erklärte er weiter und ließ sich neben den liegenden Körper seinen Bruders auf den Boden fallen.
"Schon immer hat er mit dem Energiemangel mehr Probleme gehabt als ich. Zen hat nie etwas gesagt, bis er dann jedes Mal umkippt und wir erst dann gemerkt haben, dass es ihm nicht gut ging. Aber jetzt scheint er gar nicht mehr nach Nachschub zu verlangen. Wäre ich nicht hier, wäre er jetzt schon fast in seiner Wohnung verreckt"
Traurig sah ich Ranar an, der ebenfalls nur betrübt nach unten sah.
"Kannst du bitte rausgehen?", fragte ich vorsichtig, woraufhin er leicht nickte und das Zimmer verließ.

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