67. Kapitel

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Mit schweren Augen beobachtete ich Taris und Syvex, wie sie friedlich auf meiner Bettdecke schliefen. Nach einem weiterem turbulentem Tag des Streitens, Schreiens und Gewalt war ich total fertig. Ich kam mir vor wie eine alleinerziehende Mutter, die zwei Kleinkinder bändigen musste.
Um 3 Uhr morgens hatte ich es geschafft die beiden zum Schlafen zu bringen und lag nun selbst total erschöpft in meinem Bett. Schlafen konnte ich aber nicht.
Ich hatte eine furchtbare Migrände bekommen und konnte vor Schmerzen kaum klar denken. Die Vorhänge neben meinem Bett waren aufgezogen, sodass das Mondlicht mein Zimmer schwach erhellte. Der wolkenklare Sternenhimmel und die Stille der Nacht beruhigte mich.
Gedankenverloren starrte ich aus dem gekipptem Fenster und war ganz in meiner eigenen Welt, als es plötzlich an meiner Haustür klingelte.

Ich schrack auf und klammerte mich an Horst. Wankend stand ich auf und ging zur Haustür. Langsam öffnete ich die Haustür, sodass Zen in meinen Flur treten konnte.
"Was willst du denn mitten in der Nacht?", fuhr ich ihn im Flüsterton an.
"T...tut mir leid...", murmelte er.
Schnell fing ich ihn auf, als er vor mir auf die Knie fiel. Abgesehen von der fast schneeweißen Färbung seiner Haut, war sie noch eisig kalt.
"Was ist los?! Bist du verletzt?!", fragte ich, während ich seine Kleidung hochzog, um mögliche Verletzungen zu finden.
"Nein...", murmelte er zitternd.
"Warte, ich rufe-", ich wollte aufstehen doch Zen zog mich zu ihm hin und schloss mich in seine Arme.
"Bleib bitte hier", flüsterte er und vergrub das Gesicht in meinem Hals. Noch nicht mal sein Atem war warm.
"Zen, was ist los?", fragte ich ein zweites Mal.
"Bitte lass mich jetzt nicht allein", waren seine letzten Worte, bevor er sein Bewusstsein verlor.

Vorsichtig schleiften Taris und ich Zen in mein Gästezimmer und deponierten ihn auf das Bett. Besorgt setzte ich mich auf die Bettkante und strich Zen ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Anstatt einen Krankenwagen zu rufen hatte ich Syvex zu Lady Aquaren geschickt, damit sie sich Zen mal anschauen konnte.

Grübelnd sah Lady Aquaren sich das blasse Gesicht von Zen an, der wie tot vor uns lag.
"Und?", fragte ich sie.
"Zen ist schwerkrank. Er hat einen starken Energieverlust, der anscheinend schon öfters aufgetreten ist", erklärte sie mir mit ernster Miene.
"Und was passiert...wenn es so weitergeht?", fragte ich sie.
"Er wird zweifellos sterben, wenn ihm nicht geholfen wird", sprach sie.
Ich biss mir auf die Unterlippe, um meine Tränen zurückzuhalten.

"Was kann ich machen?", fragte ich sie, nachdem ich mich wieder zusammengerissen hatte.
"Wie es ausschaut hat er sich an anderen Energien bedient, wie es für seine Familie üblich ist. Wenn du ihm freiwillig etwas von deiner Energie abgibst, wird er bald wieder aufwachen"
"Dann ist die Sache ja geklärt", sagte ich und wollte schon Zens Hand ergreifen, als Lady Aqauren meine Schulter ergriff.
"Wenn du das tust, wird er von dir abhängig sein, um überhaupt zu überleben", warnte sie mich.
"Das ist es mir wert", erwiderte ich und kniete mich vor das Bett.

Schon seit einer Stunde hielt ich seine Hand fest und stabilisierte seinen Energiefluss. Der Schweiß lief mir schon eiskalt den Rücken hinunter, während mein Körper stark überhitzt war.
Allein der Gedanke daran, dass Zen nicht mehr aufwachen würde zeriss mir das Herz.
Mittlerweile wurde es draußen langsam wieder hell, während ich hochkonzentriert meine Energie abgab.
Lady Aquaren schlummerte auf einem Stuhl an der Wand und Taris schlief in meinem Zimmer. Syvex lief unruhig in dem Zimmer umher und verbreitete Unruhe. Jedoch ließ ich mich davon nicht ablenken.

Doch lange konnte ich nicht durchhalten. Da ich so viel Energie abgegeben hatte, fühlte ich mich total geschwächt und war kurz vorm Einschlafen.
Meine Augen wurden immer schwerer und alles wurde schwarz.

Ich saß im Schneidersitz vor dem Spiegel und betrachtete mein Spiegelbild.
"Ich bin wohl nicht stark genung, was?", murmelte sie.
"Sei doch leise", erwiderte ich. Es überraschte mich, dass mein Spiegel sehr gekränkt schien.
"Vielleicht kann ich helfen", murmelte sie und legte ihre Handfläche auf das Glas. Ihr Ketten raschelten bei jeder Bewegung.
"Warum bist du auf einmal so zahm? Normalerweise hättest du mir doch den Verstand geraubt!", zischte ich.
"Ich will auch nicht, dass Zen stirbt", erwiderte sie mit traurigen Ausdruck.
"Wie gedenke...'ich' das zu tun?", fragte ich mit gehobener Augenbraue.
"Ich gebe mir meine Energie, auch wenn sie gefährlich ist"
"Und woher weiß ich, dass du nicht wieder völlig austickst wie vorhin?"
"Ich bin du, du bist ich. Wenn ich mir nicht selbst vertraue, dann wird das so weitergehen", sprach sie finsteren Blickes.
Kurz zögerte ich, doch dann legte ich die Hand ebenfalls aufs Glas. Dort wo unsere Hände die Scheibe berührten, leuchtete es hell auf.

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