51. Kapitel

90 7 0
                                    

"Die Kleine wird einiges bringen", sagte die tiefe Stimme.
"Beim Markt mindestens 20.000", lachte die andere Stimme.
Zusammengekauert lag ich gefesselt in einem dunklem, fahrenden Anhänger, der mit einem Laken bedeckt worden war. Taris hatte sich unter meine Jacke verkrochen und strampelte, um sich zu befreien.
"Sh, beweg dich nicht", flüsterte ich.
Schlagartig hielt der Anhänger an und das Laken wurde zurückgeworfen. Das helle Mondlicht blendete mich und ließ mich die Augen zusammenkneifen.
"Na? Wie geht's dem kleinem Mädchen?", fragte der schwarzhaarige Mann, dessen Gesicht mit Falten übersäht war. Böse starrte ich ihn an.
"Nicht sehr gesprächig, was?", sagte er schief grinsend. Ein Zweiter lugte über den Rand des Anhängers. Ein jüngerer mit braunen Haaren sah mich skeptisch an.
"Du heulst noch nicht mal? Hartes Mädchen", sagte der andere.
"Was wollt ihr von mir?", fragte ich leise.
"Verkaufen, was sonst? Aber keine Sorge, wir werden nichts mit dir anstellen. Wie's mit dir weitergeht, können wir dir nicht sagen", antwortete der Schwarzhaarige.
"Wohin bringt ihr mich?", fragte ich weiter.
"Nach Vintus Mons", antwortete er schief grinsend. Vintus Mons war der Kontinent süd-östlich von diesem. Man hörte immerwieder von Sklaverei, Menschenhandel, Armut und Kriminalität. Wenn sie mich dort hinbringen würden, wäre das ein ziemliches Problem. In dieser Form konnte ich mich kaum verteidigen und ich hatte noch nicht mal meine Waffen dabei. Zum Glück war Taris noch da, den die Männer anscheinend nicht entdeckt hatten.
"Eine Kind aus Core bringt uns ziemlich viel, versuche also lieber nicht auszubüchsen. Weit wirst du sowieso nicht kommen", sagte der Braunhaarige. Dann griff der andere nach meinen Haaren und zog mich auf die Knie. Mein Mund wurde aufgerissen und irgendwas hineingestopft.
"Ess auf. Zur Grenze hin bekommst du nichts mehr"
Widerwillig kaute ich und schluckte runter.
Dann wurde der Lacken wieder über den Anhänger geworfen. Die Müdigkeit überkam mich schlagartig und ich laegte mich auf die Seite. Ich war unfähig einen klaren Gedanken zu fassen und meine Augen wurden immer schwerer.

"Meisterin!", winselte Taris und stubste mit der Schnauze gegen meine Wange. Ich öffnete die Augen und sah ihn verschlafen in die Augen.
"Wir müssen hier raus", kläffte Taris leise. Augenblicklich hatte ich die Lage wieder erfasst und tastete nach meinen Fesseln. Meine Handgelenke waren hinter meinem Rücken verbunden und meine Knöchel fest zusammengebunden.
"Taris, beiß die Fesseln durch", flüsterte ich. Er tapste zu meinen Händen und versank die kleinen Reißzähne in den Seilen. Nach ein paar Minuten hatte er sie durgebissen und ich konnte meine Hände endlich wieder bewegen. Ich setzte mich auf und versuchte das Seil um meine Füße zu lockern. Doch sie waren so fest gebunden, dass ich sie kaum lockern konnte. Taris kam mir zur Hilfe und durchbiss die Fesseln. Ich rieb mir die Handgelenke, die durch die Fesseln rot geworden waren.
"Und jetzt?", fragte Taris.
"Erstmal die Lage absichern", flüsterte ich und kroch zum Rand des Anhängers. Ich hob den Laken an und lugte aus der Lücke. Die Morgensonne war schon am Himmel zu sehen und erleuchtete die Sumpfebene. Wir befanden uns auf einem kleinem Pfad, der vermutlich zum südlichen Aqua-Patriae führte.
Die zwei Männer lenkten die Kutsche und hatten nichts bemerkt. Ich kroch wieder zurück in die Kutsche und durchsuchte das andere Gepäck. Keine Waffen, die ich hätte benutzen können.
"Taris, steig aus und folge uns. Greif die Männer in deiner Wolfsgestalt a-", die Kutsch hielt schlagartig an und ich stopfte Taris in meine Jacke. Ich legte mich hin und wickelte die Fesseln wieder um meine Knöchel und Handgelenke, als die Schritte immer näher kamen.
Das Laken wurde angehoben und ich stellte mich schlafen.
"Ab geht's mit ihr nach Mons", murmlete einer der Männer und hob mich hoch. Ich wurde über seine Schultern geworfen und den Rest des Weges getragen. Das Rauschen der Wellen konnte ich hören, als wir immern näher zum Meer kamen.

"Schmeiß sie zu den anderen", rief eine Stimme, als wir auf ein schaukelndes Schiff traten. Ich wurde unters Deck getragen und wurde unsanft in einem dunklem Raum abgelegt.
"Macht euch keine falschen Hoffnungen. Jetzt kommt ihr hier nicht mehr raus", lachte der Mann und schmiss die Tür zu. Das Umdrehen des Schlosses löste ein verzweifeltes Schluchzen einer Frau aus. Als ich mir sicher war, dass ich nicht mehr von den Männern beobachtet wurde, öffnete ich die Augen und kniete mich hin. In dem dunklen Raum konnte ich die dutzende Personen erkennen. Die meisten waren junge Frauen und alle schienen mit den Nerven am Ende. Ich löste meine Fesseln und stand auf.
Mit großen Augen beobachtete mich die Gruppe, als Taris aus meiner Jacke schlüpfte.
"Sie haben sogar ein kleines Mädchen verschleppt", murmlelte eine der Frauen und war kurz davor in Tränen auszubrechen.
"Wisst ihr genaueres über die Männer hier?", fragte ich die Leute.
"Eine Gruppe Kimineller, die viele Kontakte in Mons haben", sagte einer der Männer.
"Gibt's noch andere Gefangene?"
"Nein, ich denke wir sind die Einzigen"
Ich überlegte kurz und sah mich um.
"Wie viele von denen sind auf dem Schiff?", fragte ich dann.
"Um die 20", antwortete eine andere.
"Super, dann können wir sie ja stürmen!", sagte ich und lächelte Taris an.
"Bitte was? Was willst du denn ausrichten?", fragte ein anderer.
"Jetzt hört mir mal zu", setzte ich an, damit alle die Klappe hielten, "Ich weiß ihr seid verzweifelt und denkt: was kann ein kleines Mädchen hier ausrichten? Mein Name ist Amber Kingston und ich komme aus Core. Ich bin eine Schülerin der erstklassigen Elementar-Schule dort und habe bestimmt viel mehr Erfahrung bei sowas, als ihr alle zusammen. Mein Körper ist zeitweilig eingeschränkt, aber keine Sorge, ich hole euch hier heil raus"

New Life of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt