'34. Kapitel

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Wie Schuppen fiel mir die Erkenntnis von den Augen. Was ich hier tat widersprach all dem, wofür ich mich entschieden hatte.
Zen hatte seine Arme immernoch fest um mich geschlungen und strich mir mit den Händen über den Rücken. Sanft drückte er seine Lippen auf meine Wange, während mir die Tränen in die Augen schossen.
"Ich weiß, dass es wehtut. Halt es nicht zurück", murmelte er.

Ich hörte das Geräusch von zerspringenden Glas in meinem Kopf. Es war bestimmt nur Einbildung bei meinem lauten Weinen. Heiße Tränen tropften hinab und alles schien über mich zusammenzubrechen. Der Horror, die Misshandlung und schließlich noch meine eigene Grausamkeit. Hemmungslos hatte ich Lyndon umgebracht, was ich mir nicht vergeben konnte.
Zen hatte sich aufgesetzt, sodass ich wie ein Häufchen Elend an ihm festgeklammert dasaß. Ich wusste nicht, wie lange ich noch weinte, doch Zen hatte mich währenddessen fest in seinem Griff. Irgendwann winselte ich nur noch vor mich hin, bis ich mich schließlich von ihm löste.
Meine angeschwollenen Augen versuchte ich mit meinem Ponny zu verstecken, als ich auf die kleinen Schnittwunden in Zens Brust starrte.
"Tut mir leid...", murrte ich, während ich meine Hände auf seine kleinen Wunden legte.
In diesem Moment ging die Tür auf und bevor ich mich versah wurde mein Gesicht gegen Zen gedrückt, sodass er sein Kinn auf meinen Kopf legen konnte.

"Was macht ihr hier für Sachen? Bei dem Lärm kann doch keiner schlafen", sprach Ranar genervt und ließ sich neben mich auf das Sofa fallen.
Jetzt war es ziemlich eng und Zen drückte mich noch fester an sich.
"Das hat dich nicht zu interessieren", fauchte Zen zurück.
"Achja? Ich hab es doch erst möglich gemacht, dass du sie wiedersehen kannst", giftete Ranar ihn an.
"Das berechtigt dich nicht, dich einzumischen"
Vorsichtig versuchte ich Zens Griff um mich zu lockern und drehte den Kopf zu Ranar, der mit gehobenen Brauen zu Zen sah. Als er mein Gesicht erblickte, lehnte er sich zu mir vor.
"Hast du sie wieder zum weinen gebracht?", wollte Ranar wissen.
Zen schwieg, woraufhin ich den Mund aufmachte.
"Ich hatte eine kleine Unstimmigkeit mit mir selbst"
"So ist das also? Sieht so aus, als wäre Zen nicht ganz unbeteiligt gewesen", entgegnete er und schielte zu seinem aufgerissenem Hemd und den kleinen Schnittwunden auf seiner Brust.
"So ist es", sprach ich räuspernd, "Ich musste ein wenig Frust abbauen"
Meine Stimme war noch ganz angeschwollen, während ich versuchte mich vor Ranar rechtzufertigen.
"Wenn du Frust abbauen willst, bin ich ein viel besserer Ansprechpartner", grinste er mich an, worauf Zen ihn mit einem finsteren Blick konfrontierte.
"Das denkst du jetzt noch", murmelte ich und löste mich aus Zens Griff.
"Ich gehe jetzt ins Bett", grummelte ich noch, bevor ich aus dem dunklen Zimmer ging.
Die Luft da drin war zum anschneiden dick gewesen. Zwischen den beiden herrschte noch ein ordentlicher Streit, der offensichtlich noch seine Zeit brauchte. Doch dadurch, dass Ranar immer weiter stichelte, machte er es nur noch schlimmer, da er ganz genau wusste, was seinem Bruder missfiel.

Stöhnend legte ich mich unter die Decken. Ich musste mich bemühen, nicht an alles zu denken, was geschehen war und zwang mich schließlich selbst in einen unruhigen Schlaf.

Die zum Teil winzigen Scherben warn zum Teil wieder am untersten Rand des Spiegels wieder zusammengesetzt.
Also war ich gerade dabei mich wieder selber zusamenzusetzen? Die Reflektion in den hunderten von Scherben sah fast furchterregend aus. Doch sie war leicht zu durchschauen.


Bei der plötzlichen Berührung zuckte ich krampfhaft zusammen.
Mila hatte die Hände erhoben und sah entschuldigend zu Boden. Ein wenig von der kühlen Salbe begand sich auf einer meiner Prellungen, weshalb ich wohl aus dem Schlaf geschreckt war.
"Schon gut, mach weiter", murmelte ich immernoch schlaftrunken und drehte den Kopf zur Seite.
Mila schien fast Angst davor zu haben, dass ich erneut zusammenzuckte, da sie nun ganz vorsichtig weitermachte. Als sie fertig war, erhob sie sich und verbeugte sich kurz.
"Entschuldigt, wenn ich frage, aber die anderen Dorfbewohner würden euch gerne sehen", stammelte sie und ringte mit den Händen.
"Wenn ich was zum Anziehen bekomme, gerne", entgegnete ich und setzte mich langsam auf.
"N-natürlich"
Sie hetzte aus dem Zimmer und kam kurz darauf mit einem Stapel Kleidung wieder.
"Wir haben leider nichts Besseres..."
"Das ist kein Problem, danke"
"Soll ich euch helfen?"
Ich schüttelte den Kopf, woraufhin sie das Zimmer wieder verließ. Seufzend machte ich mich daran, aufzustehen. Die Kleidung, die sie mir gebracht hatte, gehörte anscheinend ihr. Es war ein Kleid aus dunklem Stoff, das mir ein wenig zu lang war, weshalb ich es ein wenig an der dazugehörigen Schürze hochraffte. Die Ärmel krempelte ich komplett hoch, da sie sich um meine Arme spannten.

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