64. Kapitel

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Schweigend saßen wir nebeneinander auf meinem Sofa. Ich starrte Löcher in die Luft, während ich einigermaßen versuchte, meine ganze Geschichte in meinem Kopf vorzuformulieren.
"Also...", murmelte ich. Es war an der Zeit, dass Ray mehr von mir erfuhr.
"Ich habe früher mit meinen Etern und meiner Schwester in einem Haus in einer Kleinstadt gewohnt. Und, ähm..."
"Lass dir Zeit. Ich zwinge dich zu nichts", sagte Ray und sah mich mitfühlend an. Ich nickte und knabberte auf meiner Unterlippe herum.
"Vor vier Monaten sind sie dann nach Hause gefahren. Vom Einkaufen...und ich sollte halt rausgehen, damit ich beim Reintragen helfen kann.
Dann stand das Auto quer auf der Straße", ich stellte das Auto mit meinen Händen dar, "und ein anderes Auto kam um die Ecke gerast und..."
Ich schwieg.
"Ist es in sie reingefahren und du hast alles gesehen?", beendete er meinen Satz.
Ich nickte.
"Und dann? Wo bist du dann geblieben?", fragte er.
"Bei meiner Tante. Und als ich alleine wieder zurück nach Hause gegangen bin, ist es dann passiert", antwortete ich ihm.
"Das...Das tut mir sehr leid für dich", murmelte er.
Ich starrte auf meine Füße und rang mir die Hände.
"Die Albträume danach waren die reinste Hölle. Jetzt geht das einigermaßen wieder", sagte ich und lächelte schwach. Meine Augen waren feucht und ich wischte mir die entstehenden Tränen aus den Augen.
"Aber du bleibst doch hier, oder?", fragte er und ergriff meine Hand. Ich seufzte und sah zu ihm hoch.
"Wie könnte ich euch auch alleine lassen?", entgegnete ich lächelnd.

Nachdem Ray gegangen war und es immer später wurde, schaute ich Fern.
Ich wurde immer müder, während ich Taris Kopf streichelte, der wie gewöhnlich auf meinem Bauch eingeschlafen war.
Langsam wurden meine Augen immer schwerer und ich schweifte in einen unruhigen Schlaf.

"Naaa? Will ich mich endlich rauslassen?", fragte sie und drehte sich ein paar Mal um sich selbst.
"Lass mich doch einfach in Ruhe", entgegnete ich genervt.
Sie presste die Handflächen auf die Glasscheibe und drückte die Stirn ebenfalls dagegen.
"Bist du dir sicher?", flüsterte sie mit einem teuflischem Grinsen im Gesicht.
"Was willst du schon ma-", ich rang nach Luft, als sie blitzschnell ihren Arm durch den Spiegel schießen ließ und meinen Hals mit ihrer Hand packte. Sie drückte so fest zu, dass ich kaum noch Luft bekam.
"Diesmal nehme ich die Sache in die Hand", murmelte sie und zog mich durch den Spiegel.
Keuchend fiel ich auf die Knie und spürte plötzlich etwas um meine Knöchel. Als ich zu ihnen sah, erschrak ich bei dem Anblick von zwei eisernen Fußfesseln, die an dicke Ketten befestigt waren. Die Ketten führten in die Finsternis.
Wütend sah ich in den Spiegel, wo die Gestalt grinsend auf mich herabsah.
"Jetzt sehe ich mal, wie ich mich fühle!", kicherte sie und drehte mir den Rücken zu.
"Hey! Warte!", schrie ich ihr nach, doch sie war schon von der Dunkelheit verschluckt worden. Mit der Faust schlug ich gegen den Spiegel, durch den ich ohne weiteres durchgezogen wurde. Keine einziger Riss befand sich in der Scheibe, die nur noch mein eigenes Spiegelbild wiedergab.
Nun war ich gefangen. In meinem eigenem Körper.
Seufzend stand ich auf und ging in die Richtung, in die die Ketten führten. Ich sah zum Spiegel, um die Entfernung abzuschätzen. Er war ungefähr 10 Meter entfernt. Ich drehte mich um und folgte den raschelnden Ketten, die weiter in die Dunkelheit führten. Nachdem ich eine ganze Weile gegangen war, drehte ich mich erneut um.
Der Spiegel war genauso weit entfernt wie vorhin. Nur 10 Meter.
Ich ging zum Spiegel zurück und ließ mich vor ihm auf den Boden sinken. Verzweifelt vergrub ich das Gesicht in den Händen und versuchte klaren Gedanken zu fassen.
Was sollte ich jetzt machen?
Ich tippte den Spiegel mit dem Finger an und spürte das kühle Glas. Seufzend packte ich die Ketten an meinem Knöcheln und zog daran.

Ich hatte total mein Zeitgefühl verloren, während ich versuchte irgendwie aus diesem dunklem Gefängnis herauszukommen. Ich hatte alles was mir einfiel versucht, doch ich konnte noch nicht mal den Spiegel einschlagen oder die Ketten mit meiner Energie schmelzen.
Ich lag rücklings und ausgestreckt auf dem Boden und langweilte mich.
"Hatte ich Spaß?", fragte die Gestalt, als sie endlich wieder hinter dem Spiegel auftauchte. Ich ignorierte sie und konzentrierte meine Lichtenergie in meine Finger. Dann richtete ich sie auf den Spiegel und ließ sie darauf zuschießen. Die Blitze lösten ein grelles Licht aus und ich kniff die Augen zusammen.

New Life of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt