62. Kapitel

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Schlagartig kam ich wieder zu mir und musste erstmal realisieren, was er da tat. Er knutschte mitten in einem Duell nicht mit mir rum, weil es ihm Spaß machte, sondern um mich zu besiegen.
Durch den Mund zog er meine Energie heraus. Wenn er nicht damit aufhörte, würde ich höchstwahrscheinlich ohnmächtig.
Ich konnte bereits spüren wie meine Kräfte mich verließen und ich immer schwächer wurde.
Doch ich hatte noch ein Ass im Ärmel.
Ich öffnete meinen Mund noch ein bisschen mehr und konzentrierte meine restliche Feuerenergie in meiner Kehle. Langsam wurden meine Lungen und mein Hals immer wärmer und als ich meine Zündtemperatur erreichte, spuckte ich sämtliche Flammen in seinen Mund.
Als er erschrocken hochfuhr, stemmte ich mein Knie nach oben, sodass es ihm zwischen die Beine knallte. Sofort verkrampfte er sich und ich nutzte die Chance um das Blatt zu wenden und ihn zu Boden zu drücken.
Als ich mich über ihm aufbäumte, wurde mein Blick immer verschwommener und ich immer schwächer. Da mein Wille sich trotz meiner körperlichen Lage durchsetzte, drückte ich meine Finger auf Rays Stirn und ließ meine Energie in seinen Kopf fließen. Sofort hörte er auf sich zu wehren und lag nur still unter mir.
Mein Kopf wurde immer schwerer und ich konnte noch spüren wie ich nach vorn fiel, bevor alles schwarz wurde.

Zufrieden blickte mein Spiegelbild mich an. Mal wieder stand ich in vollkommener Dunkelheit vor diesem Spiegel und betrachtete diese Gestalt, die mich in einer obszönen Weise verkörpern sollte.
"Warum benutze ich nicht öfters meine Kraft? Warum lass ich mich nicht öfters raus?", fragte sie und drückte die Hände an die Scheibe.
"Ich verstehe nicht was du von mir willst. Verschwinde doch einfach! Bestimmt kann ich von viel besseren Sachen träumen, als mit dir hier zu reden", brummte ich und verschränkte die Arme.
Sie lachte und löste die Hände von der Scheibe. Ein höhnisches Grinsen zierte ihr Gesicht, als sie mir antwortete: "Ich bin du! Was ich da sage ist, als ob ich zu mir sagen sollte, dass ich verschwinden sollte. Das macht auf beiden Seiten keinen Sinn!"
Verwirrt wand ich den Blick ab und starrte in die Dunkelheit. Allmählich hatte ich mich an sie und ihre merkwürdigen Moralpredigten gewöhnt. Was mich jedoch am meisten störte, war, dass sie uns als die selbe Person bezeichnete. Sie sah zwar wie eine geisteskranke und verstörte Version von mir selbst aus, doch sie könnte niemals ich sein.

"Vielleicht sehe ich es noch nicht ein,", fuhr sie fort, "aber ich bin ich! Ich bin das, was mir diese Kraft verleiht. Das was all meine Gegner besiegt und das was mich stärker als alle anderen macht! Wenn ich mich akzeptiere, dann wird meine Macht unendlich groß!"
"Lass doch den Quatsch. Was für ein geistlich verwirrtes Wesen du auch bist, du bist niemals ich", entgegnete ich genervt.
Augenblicklich änderte sich ihr Gesichtsausdruck zu einem finsterem Starren.
"Dann werde ich mir wohl zwanghaft Besitz von mir ergreifen müssen", murmelte sie.

Eine Hand legte sich auf meine Stirn. Ich blinzelte ein paar Mal bevor ich deutlich das Gesicht meiner Meisters an meiner Seite erkennen konnte.
Sofort riss ich die Augen auf und setzte mich auf. Mit knallroten Wangen sah ich in eine andere Richtung des kleinen Krankenzimmers, während ich meine zerstreuten Gedanken zusammensuchte, um wieder klar denken zu können.
"Es war unendschieden. Keiner von euch ist weitergekommen", sprach mein Meister.
Seufzend legte ich meine Stirn auf meine angezogenen Knie und schwieg.
"Jedoch frage ich mich: Was hat dich in dem Kampf besessen? Du hast ja wie eine Furie auf ihn eingeschlagen"
Langsam kehrten meine Erinnerungen an den Kampf zurück. Jedoch hielten meine Erinnerungen dort an, wo ich von Ray fast besiegt worden wäre. Sie kehrten erst am Ende zurück, wo er sich auf mich gestürzt hatte. Von dem Teil dazwischen wusste ich nichts mehr.
Sofort kam mir der Spiegel und die Gestalt dahinter in den Sinn. Hatte sie irgendwas damit zu tun?
"Ich...weiß es nicht", murmelte ich und ließ mich wieder auf mein Kopfkissen fallen.
"Tut mit leid, Meister. Ich habe euch blamiert", sagte ich dann zu ihm.
"Mach dir keine Sorgen. Du hast dich angestrengt und das ist das einzig Wichtige", entgegnete er.
"Und...geht's Ray gut?", fragte ich.
"Mit ihm ist alles in Ordnung", antwortete er.
"Und stehen schon die Finalisten fest?", fragte ich weiter.
"Ja, aber die Prüfungen sind noch nicht vorbei"

New Life of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt