88. Kapitel

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"Ich spüre sie nicht mehr", flüsterte Ray Ashton zu, der einen verwirrten Blick aufgesetzt hatte.
"Wie meinst du das?", fragte er flüsternd und schaute um die Ecke, hinter der sie sich versteckt hielten.
"Einfach weg. Wie vom Erdboden verschluckt"
"Das bedeutet doch..."
"Wir müssen sofort zu ihr hin", zischte Ray.
"Ist der Direktor noch da?"
"Ja, aber er scheint den Raum zu verlassen... Und es kommen immer mehr Leute dazu"
"Dann müssen wir sie verfolgen!", sprach Ashton.

"Ray und Ashton sind schon auf dem Weg. Wir sollten uns ihnen anschließen", murmelte Blaine und kroch unter dem Fußboden voran.
Der Fußboden der unterirdischen Flure bestand aus dichten Gittern, unter denen man sich hervorragend verbergen konnte.
Erzan nickte und folgte ihm.

"Diese Uniform ist viel zu eng", zischte Ray und riss sich die oberen Knöpfe seines Hemdes auf und lockerte seine Krawatte.
"Bleib ruhig! Ihr wird es schon gut gehen", giftete Ashton ihn an und drückte seinen Rücken stärker an die Steinwand, die teilweise von kleinen Laternen erhellt wurden, die von der Decke hingen.
Warme Luft strömte aus dem Boden und ließ die beiden in einen Schweiß ausbrechen.
"Sie kommen an uns vorbei", flüsterte Ray ihm zu.
"Wie viele?", fragte Ashton.
"Der Direktor... Und vier andere. Aber die sind irgendwie komisch. Ihre Energien sind...tot?"
"Und was ist mit Amber?"
"Ich spüre sie immernoch nicht"
Sie hörten Schritte über das Gitter näher kommen und wie sie dann um die Ecke bogen.
Ray umschloss die Griffe von Ambers Waffen so fest, dass seine Finger fast weiß wurden. Die schrecklichen Gedanken die in seinem Kopf kreisten, rissen ihm jetzt schon den Boden unter den Füßen weg, bevor sie überhaupt wussten, was los war.

"Kettet ihn dort an. Für den Fall, dass er doch Widerstand leistet"
Schweigend ketteten sie den leblosen Körper an die Wand.
"Gut, jetzt müssen wir nur noch kurz warten, dann könnt ihr es ihm auch schon injezieren"
Einer von ihnen streckte die Hand zu dem Direktor aus, in die er eine prall gefüllte Spritze legte.
"Hätte ich ihm noch ein bisschem Zeit gegeben, wäre er vielleicht noch stärker geworden, doch die Chance hätten wir uns doch nicht entgehen lassen können, oder Jungs?!", lachte er und klopfte einem von ihnen auf den Rücken.
Sie nickten synchron und ausdruckslos.
"Ist er schon bereit?"
Ein anderer der vier hob das linke Augenlid des Jungen an, über das sich eine helle Narbe zog und nickte, als er die komplett weißen und blutunterlaufenen Augen erblickte.
"Worauf wartest du dann noch?", forderte der Direktor ihn ungeduldig auf.

Die Nadel bohtre sich in den Nacken des Jungen und wurde mit der pechschwarzen Flüssigkeit gefüllt, die aus der kleinen Wunde quoll, nachdem die Spritze aus seinem Hals gezogen wurde.
Leblos sackte sein Kopf nach unten und er gab keine weitere Reaktion von sich.

"Wir müssen da jetzt rein!", fauchte Ray Ashton an.
"Wenigstens müssen wir auf die anderen warten!", entgegnete er ihm.
Kurz darauf wurde ein Gitter vom Boden angehoben und Blaine kam herausgekrochen, gefolgt von Erzan.
Sie standen vor zwei stählernen Torflügeln, hinter dem man aufgeregtes Gerede hören konnte.

"Wir überraschen sie.
Ray, du schaust nach Amber,
Blaine, Ashton, ihr haltet uns die Typen vom Hals, wenn wir sie da rausholen"
Sie nickten und stellten sich hinter Erzan.
Er biss die Zähne zusammen, legte die Hand auf das Heft seines Schwertes und atmete tief durch.
Er holte mit seinem Bein aus und trat mit voller Wucht die Torflügel auf, sodass sie gegen die Innenwände knallten.

Vor ihm ergab sich ein überraschendes, jedoch genauso verstörendes Bild.
Amber saß reglos am Ende des Raumes und hatte ihre Hände und Füße an die Wand gekettet.
Neben ihr kniete ein schwarzhaariger Junge.
Es war der vermisste Schüler, Merei, der angeblich eine Stelle als Offizier angenommen hatte.
Vor ihnen stand der Direktor und drei andere junge Männer.
Alle entsprachen den vermissten Schülern, nach denen sie die ganze Zeit gesucht hatten.

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