68. Kapitel

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Ray rieb sich den roten Handabruck auf seiner Wange.
"Musste das sein?", schnauzte er mich an und krempelte dann mein Hosenbein hoch, um sich den Bluterguss auf meinem Oberschenkel anzusehen.
"Wenn du mich wie ein Vergewaltiger auf dein Bett schmeißt und dann ausziehst ist es doch kein Wunder, oder du Perversling?", entgegnete ich mit erröteten Wangen.
"Wer will dich schon vergewaltigen?", konterte er und drückte mit den Fingern auf den blauen Fleck.
Ich biss die Zähne zusammen, um nicht aufzustöhnen. Er grinste triumphierend und erhob sich.
"Bei dem Bluterguss kannst du dich wohl nur selbst heilen", sagte er und ließ sich neben mich aufs Bett fallen.
"Ich habe den Verdacht, dass ich mir irgendwas verstaucht hab. Ich kann nämlich kaum auftreten", murmelte ich und konzentrierte meine Wasserenergie in meine Hand. Langsam streifte ich mit den Fingern über den blauen Fleck auf meinem Oberschenkel und beobachtete, wie er langsam immer kleiner wurde.
"Auch noch verstaucht? Das musst du behandeln lassen"
"Das weiß ich auch so", murrte ich und gähnte.
"Du siehst echt scheiße aus", brummte er und rieb sich die Augen.
"Danke", seufzte ich und stemmte mein Kinn in die Hände.
"Dein Vater ist voll der Arsch", beschwerte ich mich bei ihm.
"Ich weiß. Er macht öfters so bescheuerte Aktionen"
"Kein Wunder, dass du so wie er bist", kicherte ich vor mich hin.
"Wie war das?!", fragte er mich mit erhobener Stimme.
Ich lachte leise, während er empört die Arme verschränkte.
"Naja, wenigstens hast du noch einen", murmelte ich dann. Ray schwieg.
Es war ihm wohl sehr unangenehm mit mir über dieses Thema zu reden, was natürlich verständlich war.
Um die angespannte Stille zwischen uns zu beenden, legte ich much quer auf das Bett und griff nach der Decke. Etwas Schlaf würde mir jetzt sehr gelegen kommen, da ich wirklich totmüde war.
"Was machst du da? Das ist mein Bett!", schnauzte er mich an und wollte mir die Decke wieder wegziehen.
"Wie fies, dass du deiner verletzten Teamkameradin noch nicht mal etwas Ruhe gönnst", entgegnete ich ihm gespielt gekränkt.
"Lass dich von mir nicht stören", sagte ich dann und kuschelte mich dann in sein Kissen.
Und ich war sofort weg.

Ich konnte mich an keinen Traum errinnern, als ich blinzelte, um eine klare Sicht zu erlangen. Der warme Atem in meinem Nacken ließ mein Herz wild klopfen. Besonders die Hand, die auf meiner Brust lag, ließ mein Herz höher schlagen. Ich starrte die Decke an und versuchte meinen Puls unter Kontrolle zu kriegen.
Dann drehte ich den Kopf auf meine linke Seite und sah direkt in Rays schlafendes Gesicht.
Innerlich verfluchte ich ihn, während ich mich zu ihm umdrehte und mich an ihn schmiegte. Keine Ahnung warum ich das tat, aber es fühlte sich irgendwie richtig an. Die Wärme die ich dabei um mein Herz spürte war sehr angenehm und war ein bisschen mit dem Gefühl zu vergleichen, dass ich als kleines Kind verspürt hatte, wenn ich mich nachts in das Bett meiner Eltern geschlichen hatte, weil mir etwas Angst machte. Dann fühlte ich mich geborgen und geschützt. Etwas, das ich seit langer Zeit nichtmehr verspürt hatte.
Jedoch hatte ich Angst, dass mein Herzschlag ihn wecken würde, also drehte ich mich schnell auf die Seite und entfernte seinen Arm von mir.
Ich krabbelte unter der Decke hervor und stieg aus dem Bett. Leise humpelte ich in Richtung Tür, öffnete sie und schloss sie wieder. Auf dem Flur humpelte ich zu den Treppen und nahm Stufe für Stufe in Angriff. Aus der Küche roch es bereits nach Essen und als ich auf mein Handy schaute, war es bereits 11:30.
Cherish steckte den Kopf aus der Küchentür und sagte mir, dass ich mich bereits an den Esstisch setzten könne.
Dort angekommen saß March und blätterte in einem Prospekt für Waffen und Kampfzubehör.
Schweigend setzte ich mich an den Tisch und starrte auf die Tischplatte.
Ein paar Minuten vergingen, als March plötzlich ein paar unverständlich Worte von sich gab.
"Wie bitte?", fragte ich und sah auf.
"Tut mir leid", murrte er und blätterte weiter. Ich schmunzelte und kratzte mich am Hinterkopf.
"Schon gut", murmelte ich zurück und gähnte.
"Erkläre mir", sprach er und legte das Prospekt auf den Tisch, "Wie hast du es geschafft hierherzukommen?"
Da ich davon ausging, dass er über meine Situation bescheid wusste, erläuterte ich ihm das genaue Geschehen.
Er grübelte vor sich hin, als ich mit meiner Erzählung geendet hatte.
"Und gedenkst du wieder nach Hause zurückzukehren?", fragte er mich dann.
"Ich werde dort wohl noch ein paar Sachen erledigen müssen, aber ich denke ich will hierbleiben"
"Du gibst dein altes Leben für dein neues hier mit uns auf?"
Ich nickte. "Ich hatte doch sowieso keine andere Wahl, oder?"
Er nickte verständnisvoll und sagte dann: "Deine Anpassungsfähigkeit ist sehr bewunderswert"
"Was blieb mir denn auch andres übrig, als mich meinem neuem Leben anzupassen?", entgegnete ich grinsend.

Nachdem Cherish Ray aus dem Bett gejagt hatte, saßen wir nun alle am Esstisch und aßen das vegetarische Gericht, dass Cherish gekocht hatte. Überraschenderweise stritten sich die drei mal wieder über irgendwelche Familienmitglieder oder die neuen politischen Züge irgendwelcher Parteien. Zum Glück war es nicht so laut wie vorhin, sonst hätte ich nicht gewusst was ich tun sollte.
Als ich auf die Uhr schaute und sah, dass es bereits 1 Uhr war, stand ich schnell auf, brachte meinen Teller in die Küche und bedankte mich.

"Wo willst du denn so schnell hin?", fragte mich Cherish verwundert.
"Ich muss noch was erledigen!", rief ich ihr zu, während ich auf die Straße humpelte.
"Dann bis zum nächsten Mal!", rief sie mir winkend nach.
Ich humpelte auf die nächste Kutsche zu und ließ den Kutscher wissen wohin.

Schnell stieg ich aus der Kutsche aus und sprintete, soweit es mir möglich war, auf mein Haus zu. Stürmisch schloss ich die Tür auf und fiel in meinem Flur.
"Meisterin! Wo warst du?", fragte mich Taris überrascht.
"Ist egal! Wo ist Zen?!", entgegnete ich aufgeregt.
"Oben...", kaum hatte er das gesagt zog ich mich an dem Geländer die Treppen hoch und stolperte in das Gästezimmer.

Zen saß aufrecht in dem Bett und sah vom Fenster zu mir auf. Erleichtert humpelte ich auf ihn zu und fiel ihn um den Hals.
"Gott sei Dank", murmelte ich und vergrub das Gesicht in seinen Haaren.
"Das habe ich nur dir zu verdanken", sagte er und legte die Arme um mich.
Für eine Weile verharrten wir so, als ich mich dann von ihm löste.
"Warum hast du mir nicht gesagt, dass du so krank bist?", fragte ich ihn mit ernster Miene.
"Ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst", sagte er und schaute mir in die Augen.
"Sowas musst du mir doch sagen, Zen! Dann hätte ich dir schon eher helfen können", entgegnete ich.
"Nun", murmelte er, "Das hast du auch schon bevor du wusstest, dass ich krank bin"
"Bitte, was?", fragte ich mit gehobener Augenbraue.
"Du weißt doch noch damals, als du dachtest, dass ich dich umbringen wollte? Der Grund dafür war, dass ich es mir davor schon erlaubt hatte, mich an deiner Energie zu bedienen"
Ich wusste jetzt nicht, ob ich sauer sein sollte oder froh darüber, dass er nur sich an meiner Energie bedient hatte.
"Und du...hast das schon die ganze Zeit gemacht?", fragte ich.
"Dann wann es nötig war"
Schweigend sah ich auf meine Hände.
"Mein Überleben hängt nun ganz und gar von dir ab. Du hast mich damals gerettet und hast mich bis jetzt am Leben erhalten", sprach er und ergriff meine Hand.
"Du bist der einzige Grund, warum ich überhaupt noch am Leben bin"
Ich schluckte. Es war mir irgendwie unangenehm zu wissen, dass jemand seine ganze Existenz nur mir zu widmen hatte.
"Ich bin bereit, dich auch weiter am Leben zu erhalten", sagte ich und lächelte sanft.
Für einen kurzen Moment konnte ich meinen Augen kaum trauen, als ich sah, wie Zens Mundwinkel sich zu einem leichten Lächeln hoben.
Dieser fast magische Moment wurde von Syvex zerstört, der die Tür aufriss.
"Meisterin! Taris hat mir gesagt, dass ich meine Hand auf die Herdplatte legen sollte, um zu testen ob sie warm ist!", rief er und hob die Hand, die rot war.
"Du sollst sie ja nicht draufhalten! Nur drüber!", schnauzte ich und stand auf.
Ich griff nach seiner Hand und legte meine Handfläche auf seine.
Meine Hand leuchtete schwach auf, während ich seine verbrannte Haut heilte. Langsam reduzierte sich die Rötung und war kurz darauf komplett verschwunden.
"Hör nicht immer nur auf Taris und denk mal logisch nach!", belehrte ich ihn, nachdem ich meine Hand zurückgezogen hatte.
"Ja, Meisterin...", murmelte er und sah dann zu Zen.
"Was macht der noch hier?", fragte er und zeigte auf ihn.
"Sich ausruhen", antwortete ich ihm.
"Für mich sieht der ganz munter aus", entgegnete er und trat auf Zen zu, der ihn mürrisch anblickte.
"Willst du nicht mal nach Hause gehen? Du nervst die Meisterin nur!", fuhr Syvex ihn an.
"Syvex!", rief ich genervt.
"Es erscheint mir, dass du ihr eher zur Last fällst als ich", konterte Zen, ohne ihn beim Reden anzuschauen.
"Achja? Wer weckt sie denn um drei Uhr morgens, weil es ihm schlecht geht?"

Syvex machte Zen total fertig, doch Zen blieb ganz ruhig und provozierte Syvex damit nur noch mehr. Kurz bevor er auf Zen losgehen wollte, schob ich ihn aus dem Zimmer, um ihn eine Standpauke zu halten.
Als ich das erledigt hatte, begab ich mich zur Küche, wo Taris mir einen Brief entgegenhielt.

Ich öffnete den Brief und zog das beschriebene Blatt Papier hervor.

'An meine süße kleine Amber,
Es ist bald soweit! Ich hoffe, dass du deine freie Woche genossen hast, denn ab morgen wirst du dich in ein spezielles Training begebe! Dafür habe ich extra Besuch aus Aqua-Patriae bestellt.
Morgen früh erwarte ich dich in meinem Büro.

Welma Motrem'

New Life of MineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt