73. Kapitel

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Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und erhob mich. Mein Verband war von den Tränen feucht, also würde ich ihn wechseln müssen.
Als ich mich umdrehte, stand Ray vor mir, der sich verlegen den Hinterkopf krazte.
"Dir machst es doch nichts aus...oder?", fragte er und schaute auf den Boden.
Ich schüttelte den Kopf und wischte mir schnell die letzten Tränen aus den Augenwinkeln.
Ray machte eine Kniebeuge vor dem Grab und faltete die Hände. Nach einem kurzem Verweilen legte er zwei Finger auf die Erde des Grabs und seine Fingerspitzen leuchteten kurz schwach auf.
Es war Terranischer Brauch, den Verstorbenen mit einer kleinen Abgabe der eigenen Energie zu ehren.
Als er sich erhob, trat er auf mich zu. Ich zog die Nase hoch und schaute auf den Boden.
"Alles in Ordnung?", fragte er vorsichtig.
Ich nickte, während ich immernoch zu Boden sah.
Er legte seine Hände auf meine Wangen und hob mein Gesicht an, damit ich ihm in die Augen schauen konnte.
"Du bist ja ganz verschmiert", murmelte er und wischte mit den Daumen die verschmierte Wimperntusche um meine Augen weg.
Einen Moment lang sahen wir uns einfach nur in die Augen, bevor ein weiterer Schwall Tränen in meine Augen stieg.
Es dauerte nicht lange, bis ich wieder zu schluchzen begann und meine Sicht verschwamm.
Ray öffnete die Arme, sodass ich mich ihm um den Hals werfen konnte.
Beruhigend strich er mir über den Kopf, während ich mich an seiner Schulter ausheulte.

Nachdem ich mich beruhigt hatte, standen wir nur da, während ich mich immernoch an ihn anschmiegte. Die wohlige Wärme, die ich bei dieser Umarmung spürte, hätte mich glatt einschlafen lassen können.
Ray löste sich von mir und strich mir über den Kopf.
"Ist es jetzt besser?", fragte er sanft lächelnd.
Ich nickte und bemühte mich zurückzulächeln.

Als wir wieder vor dem Tor ankamen, hatte ich mich zusammengerissen und eine gleichgültige Miene aufgesetzt.
"So, Jungs. Zurück zu meiner Tante", sprach ich und spazierte den Weg entlang.
"Zu diesem Drachen?", stöhnte Blaine und ging hinter mir her.

Dort angekommen öffnete meine Tante mit blassem Gesicht.
"Wir haben nur zwei Gästezimmer, also müssen deine Freunde sich das größere teilen", murmelte sie und ging schnell wieder in die Küche.
"Ihr müsst euch ein Zimmer teilen", wiederholte ich für sie und trat in das Haus.

"Hier sind noch ein paar alte Klamotten, die ich zusammengesucht habe... Wir können gleich noch einkaufen gehen, wenn ihr etwas braucht", sagte ich, während ich in das Gästezimmer kam, in dem sich mein Team es sich bereits gemütlich gemacht hatte.
"Einkaufen?", fragte Blaine mit leuchteten Augen.
"Ja, ihr könnt euch irgendwas aussuchen. Wer weiß, wie lange wir hierbleiben müssen", antwortete ich und ließ den Stapel Klamotten auf einem der Betten fallen.
"Und wann gehen wir?", fragte er weiter.
"Nachdem ihr mir eure Waffen gegeben habt. Für jetzt braucht ihr sie nicht"

Mit zwei Handdreizacken, einem Schwert, einem paar Klauen und einer Glefe rannte ich die Treppen hoch und versteckte sie unter meinem Gästebett. Dann rannte ich wieder nach unten in die Küche.
Genervt schaute meine Tante von ihrem Prospekt auf, als ich meine Hand zu ihr ausstreckte.
"Meine Karte", verlangte ich.
Stöhnend erhob sie sich, kramte in ihrer Brieftasche und zog meine Kreditkarte raus.
"Danke", sprach ich und huschte wieder zur Tür, bevor ich noch schnell bescheid gab: "Wir gehen einkaufen"
"Mach doch was du willst", murmelte sie und setzte sich wieder an den Tisch.

Blaine, Ashton und Erzan standen schon vor der Tür und warteten auf mich. Die Klamotten waren zwar etwas zu groß, da sie von meinem Onkel waren, doch fürs erste würde es reichen. "Ray ist noch nicht fertig?", fragte ich sie.
"Er hatte gerade noch Probleme, diese hohle Matratze aufzubauen", erklärte Erzan.
Mit der hohlen Matratze meinte er die Luftmatratze, die ich ihnen gegeben hatte.

Ich öffnete die Tür, um in das Zimmer zu gehen. Vor mir lag eine unaufgeblasene Luftmatratze und dahinter stand Ray, der nach passenden Klamotten wühlte. Außer Unterwäsche trug er nichts, was mich sofort erröten ließ.
"Was ist?", fragte er mich ganz normal.
"Äh... Brauchst du Hilfe?", murmelte ich.
"Die drei Deppen haben sich die besten Klamotten schon geklaut, also such mir was raus", entgegnete er genervt und warf ein T-shirt zurück aufs Bett.
"Hier ist doch noch was", sagte ich und hielt ihm ein schwarzes T-shirt an die Brust.
Es war ungewohnt Ray so zu sehen, missfiel mir jedoch nicht unbedingt. Von dem strengen Training unter seinem Meister hatte er einen Körper, der alles andere als unmuskulös war.
Mit knallrotem Gesicht warf ich ihm noch eine Hose zu, die zu passen schien und trampelte aus dem Zimmer.

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