70. Kapitel

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Tief verbeugte ich mir vor meinem Meister, während er mit den Armen vor der Brust verschränkt vor mir stand.
Nach ein paar Stunden wilder Verfolgungsjagden durch die Stadt und furiosen Kämpfen zwischen mir und meinem Meister, hatte ich meine Verbindung abgebrochen und war nun wieder bei Vernunft. Ich schämte mich in Grund und Boden für das, was ich getan hatte.
Zum Glück trat Isana hinter mich und erklärte meinem Meister, warum es wichtig war, dass ich sein Büro verwüstet hatte.

"Versuche dich wenigstens beim nächsten Mal zurückzunehmen", sprach er finster und wand mir dann den Rücken zu.
"Da hattest du ja nochmal Glück gehabt!", lachte Isana und klopfte mir auf die Schulter. Krampfhaft zuckte ich zusammen, als sie genau auf einen blauen Fleck haute. Mein ganzer Körper war von ihnen übersät und ein paar meiner Haarspitzen waren schwarz angekokelt. Stehen konnte ich grade noch so bei den ganzen Prellungen und der Restelektrizität in meinem Körper.
Ich ließ mich auf eine der Treppenstufen fallen, die vor dem Schloss angebracht waren und vergrub das Gesicht in den Händen.
"Das ist so peinlich", murmelte ich.
Isana lachte und stemmte die Hand in die Hüfte.
"Was denkst du habe ich durchgemacht?", kicherte sie und sah dann in die Richtung, aus der Erzan wütend auf mich zuging.
"Dann viel Glück bei dem da", rief sie mir zu und verschwand dann blitzchnell im Schloss. Fassungslos starrte ich ihr nach.
"Amber!", zischte Erzan, der sich vor mir aufgebaut hatte. Spontan entschied ich mich cool zu bleiben.
"Ja?", fragte ich lächelnd.
"Hast du mir nicht was zu sagen?", flüsterte er und beugte sich zu mir runter.
Die Stelle, an der ich ihn getroffen hatte, war nun gerötet.
"Ach, das! Das war nur ein Teil meiner Übung", erklärte ich ihm grinsend.
"Achja? Was für eine Übung?", hakte er nach, "ich musste noch nie jemanden bei einer Übung küssen"
Ich wurde schlagartig rot und sah auf den Boden.
"Nun, ich habe halt ein Spezialtraining", murmelte ich und blickte dann empört zur Seite.
Mittlerweile standen auch Ray und Blaine hinter Erzan und starrten mich an. Ashton versteckte sich hinter Blaines Rücken und lugte ein paar mal zu mir.
"Also ich geh jetzt nach Hause", murrte ich und erhob mich.
Gelassen ging ich an Erzan vorbei, der immernoch stinkwütend war und knickte sofort um, da meine Füße sich von den Stromschlägen, die mir mein Meister verpasst hatte, noch nicht erholt hatten.
Seufzend half Ray mir wieder auf die Beine und legte meinen Arm um seine Schultern.
"Ich bring sie nach Hause", sagte er zu ihnen und schleifte mich durch die Straßen.

"Aua, sei doch vorsichtiger!", beschwerte ich mich, während Ray mir seine Erdenergie durch den Körper jagte.
"Hättest du dich nicht mit deinem Meister angelegt, dann wäre das erst gar nicht passiert", entgegnete er.
Als die Restelektrizität aus meinem Körper entfernt war, machte ich mich daran, meine Prellungen zu heilen. Schweigend saß Ray neben mir auf meinem Sofa, während ich meine blauen Flecken entfernte. Taris und Syvex hatte ich zu Lady Aquaren geschickt, damit sie sich körperlich und mental erholen konnten.
Somit war ich alleine mit Ray.
"Und warum hast du jetzt nochmal den ganzen Scheiß gemacht?", fragte er mich skeptisch.
"Na, weil ich lernen soll meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen... Hat Isana gesagt", erklärte ich ihm.
"Isana und weiter?"
Ich musste kurz überlegen, bevor es mir wieder einfiel.
"Isana, die Zweite...?", murmelte ich grübelnd.
"Die Isana aus dem Sturmesbund?!", fragte er mich verblüfft.
Fragend sah ich ihn an.
"Wenn es die Isana ist, die ich meine, dann bist du einer der besten und weisesten Ritter im ganzen Land begegnet. Sie ist eine der vier Sturmesmeister, die es auf der Welt gibt und gehört dem Sturmesbund an, der oberste Bund in ganz Core Tempestas", sprach er.
Mit gehobener Augenbraue sah ich ihn an. So mächtig und bedeutend kam sie mir gar nicht vor.
"Es kann natürlich sein, dass du ihnen beitreten sollst", überlegte er, "Aber dafür bist du wohl noch zu klein"
Ich stieß ihm mit den Ellebogen in die Seite und sagte: "Klein aber fein"
Ein kurzes Schweigen herrschte, bevor er wieder begann mich auszufragen.

"Und...", er errötete leicht, "warum hast du mich geküsst?", fragte er und lehnte sich zu mir hin.
Ich sah zur Seite, um ihn nicht mein knallrotes Gesicht sehen zu lassen.
"Das war alles ein Teil meiner Übung!", entgegnete ich nervös.
"Achja, ein Teil deiner Übung...", murmelte er mit einem schiefen Grinsen im Gesicht.
"Lass mich wenigstens ein wenig Rache ausüben", raunte er und ergriff mein Kinn, um mich an sich heranzuziehen.

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