81. Kapitel

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"Wenn du fertig bist, dann bring sie doch bitte nach unten. Wir warten schon eine Weile", fauchte Ray Zen in einem Ton an, den ich noch nie bei ihm gehört hatte.
Zens Augen gleichten Blitzen, die Ray mit einem tiefen innerlichen Groll durchbohrten.
Ray drehte sich um und verschwand sofort wieder im Schatten.
"Na, super", brummte ich genervt und vergrub das Gesicht in den Handflächen.
"Mach dir doch nichts draus", flüsterte Zen mir ins Ohr und verstärkte seinen Griff um mich.
So gern ich noch bei ihm geblieben wäre, nagte auch das schlechte Gewissen an mir.
"Ich denke es ist besser, wenn ich jetzt gehe", entgegnete ich und drückte sanft seine Arme von mir weg.
"Wie du meinst", sprach er wieder in der gewohnten monotonen Stimme, bevor er sich erhob und mich in seine Arme nahm.

Schweigend setzte er mich in meinen Rollstuhl ab, der nun vor dem Haus stand, auf dessen Dach wir gesessen hatten.
"Danke nochmal, Zen. Es war echt schön", bedankte ich mich erneut.
"Gerne", murmelte er und sah mir tief in die Augen.
Er beugte sich zu mir hinunter und drückte die Lippen auf meine Wange.

Ich rollte mit einem Arm in Richtung Hauptstraße, wo Ray gegen eine Hauswand angelehnt stand.
"Na? Spaß gehabt?", zischte er mich an.
"Ja, hatte ich. Problem damit?", entgegnete ich mit demselben finsteren Blick, mit dem er mich ansah.
Empört schnaufend drehte er den Kopf zur Seite, um mich nicht ansehen zu müssen.
Es war mir schon lange kein Geheimnis gewesen, dass Ray Zen um alles in der Welt verabscheute.
Er dachte immernoch, dass Zen nur an meiner Energie interessiert war.
Ich fuhr an ihm vorbei und rollte auf die Straße, wo Ike stand und mit seinem Vater redete.
Taris hopste auf meinen Schoß und legte den Kopf schief, als er meinen bedrückten Blick sah.

Nachdem Cherish mich den ganzen Weg nach Hause geschoben hatte, half sie mir beim umziehen und legte mich ins Bett.
"Morgen gehen wir zum Krankenhaus. Inzwischen müsste der Knochenbruch gut genug verheilt sein, um es komplett heilen zu lassen"
"Ich hoffe es", murmelte ich müde und gähnte laut.

"Einen Moment noch", sprach der Heiler, der seine Hände auf mein Bein gepresst hatte. Ein helles blaues Licht umgab seine Hände, die eine enorme Hitze durch meinen Körper fahren ließ.
Kurz darauf erlosch das Licht und der Heiler trat einen Schritt zurück.
"So, jetzt versuche mal dein Bein zu bewegen"
Vorsichtig zog ich es an meine Brust ran, streckte es durch und stellte mich schließlich hin.
"Alles gut"

Noch etwas wackelig ging ich die Treppen zu dem Platz vor dem Krankenhaus runter, wo Taris mich empfing.
Wir setzten uns in die nächstbeste Kutsche, damit ich zurück in mein Haus fahren konnte.
Nach der Fahrt stand ich vor meinem Haus. Es sah so aus wie immer, jedoch war ich unglaublich gespannt, was Syvex in der Zeit, wo ich weg war, hinbekommen hatte.
Angespannt schloss ich die Tür auf und trat in den Flur, der so sauber war, wie ich es noch nie gesehen hatte. Sogar ein roter Teppich lag nun dort.
Ich zog meine Schuhe aus und legte sie unter die kleine Gaderobe, bevor ich mit Taris erst das blitzblanke und neu dekorierte Wohnzimmer betrat.
Als ich Fuß in die Küche setzte, kam ich kaum noch aus dem Staunen raus.
Sogar das Treppengeländer war neu montiert und die Treppen waren mit Rutschmatten ausgelegt.
Als ich meine Zimmertür öffnete, fand ich Syvex vor, der zusammengerollt in meinem Bett lag.
"Na? Das hast du alles schön gemacht", kicherte ich, als ich seine Nase mit meinem Finger anstubste.
Er sah mit seinen giftgrünen Augen zu mir hoch und streckte sich.

Mir war Angst und Bange, als ich am nächsten Morgen vor der Bürotür meines Meisters stand. Nach der langen Zeit, die ich ihn nicht gesehen hatte, würde er mich mit einer Trainingseinheit nach der nächsten quälen. Deswegen hatte er mich wahrscheinlich auch vom Unterricht freigesprochen, damit ich in einem Tag die versäumten Wochen nachholen konnte.
Ich zählte die Sekunden, damit ich exakt um halb acht klopfte.
Nach fünf weiteren Sekunden klopfte ich drei Mal an, bevor das übliche 'Herein!' von Drinnen ertönte.
Ich drehte den Türknauf und öffnete die Tür.
Mein Meister sah von seiner Arbeit auf, während ich die Tür hinter mir schloss und mich auf meinen Stuhl vor den Schreibtisch setzte.
"Guten Morgen, Meister", begrüßte ich ihn.
"Morgen", sprach er und erhob sich.
"Wahrscheinlich erwartest du jetzt, dass wir 12 Stunden lang Dauertraining machen"
Ich nickte.
"Falsch, obwohl ich es eigentlich vorhatte. Du und dein Team werdet sofort auf eine neue Mission geschickt"
Ich seufzte.
"Für nähere Informationen werden wir zur Obersten gehen"

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