2. A Plan

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Chapter 2

Es war jetzt ungefähr eine Woche her, seitdem ich wieder in Seoul war, glaubte ich jedenfalls. Mein stressiges Schulleben hatte ich wieder zurück und so merkte ich gar nicht, wie schnell die Zeit verging. Jeden Tag war ich bis zum späten Abend beschäftigt, sodass ich kaum den Start eines neuen Tages wahrnahm. Ich würde jetzt nicht sagen, dass wirklich alles mit der Schule zu tun hatte, aber seine Kontakte zu pflegen war nunmal auch wichtig. Da ich in einem anderen Land mit fremder Sprache war, brauchte ich eben Connections. Na ja, mittlerweile kannte ich die Sitten, die Stadt und die Sprache recht gut. Sich die Grundkenntnisse zu merken, war wesentlich einfacher, als mit dem Alltäglichen umzugehen. Schon wieder sprach ich nur um den heißen Brei herum, wir kommen jetzt zu etwas Interessanterem.

Das Notizbuch, das mein Sitznachbar liegen gelassen hatte, war immer noch in meinem Besitz. Wieso? Wie oben genannt, hatte ich recht wenig Freizeit, um dieser Tätigkeit nachzugehen. Jedoch fühlte ich mich etwas schuldig, dass ich die Sache so herauszögerte. Im Grunde musste ich mich nur in Gang setzen, dem Kerl sein dummes Buch zurückgeben und dann würde es heißen "Auf nimmer Wiedersehen!". Auch wenn es jetzt komisch klang, hatte ich da so meine Zweifel, dass dies gut gehen würde. Mich plagte ein Gefühl, doch ich war mir unsicher, welches es war. Man konnte mir deutlich ansehen, dass ich unruhig war, denn ich spießte meinen Salat zu oft auf. Jane, eine Freundin aus meinem Sprachkurs, die mir gegenüber saß, schenkte mir einen konfusen Blick.

Zusammen mit ihr war ich in einem Restaurant, das im Gebäude unserer Schule lag und wo wir unser Mittagessen einnahmen. Die Blicke der Leute spürte ich förmlich, aber interessieren tat es mich eher weniger. Kommen wir zur Jane, da ich sie ja noch nicht vorgestellt hatte. Sie kam aus England, um hier ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, genau wie ich. Ihre Eltern kamen beide aus Korea, doch als Jane in England aufwuchs, wurde sehr selten mit ihr koreanisch gesprochen. Man konnte ihr auch richtig ansehen, dass sie asiatischer Abstammung war. Im Gegensatz zu anderen Koreanerinnen stach sie in der Menge heraus. Sie war 1,72m groß, damit zwei Centimeter größer als ich, und hatte eine Vorliebe für Piercings und bunte Haare, die jeden Monat anders aussahen.

Ihr Kleidungsstil war eher schlichter, da das besser zu den Haaren passte, meinte sie. Zu ihren Piercings konnte ich nur sagen, dass ich sie nicht alle zählen konnte. Die sichtbaren kannte ich, jedoch war ich mir ziemlich unsicher, ob sie auch "versteckte" besaß. Immer deutete sie etwas an, doch es verunsicherte mich nur. Ein Tattoo besaß sie auch, doch ich hatte es noch nie gesehen. Es hätte eine persönliche Bedeutung, allerdings hatte ich auch das noch nie gesehen. Jedes Mal, wenn Jane das Thema Tattoo ansprach, wollte ich auch eins. Leider war ich mit 16 Jahren noch zu jung, um mich tätowieren zu lassen. Ich glaubte, dass das jetzt für's Erste genug zu Jane und ihrer Person war. Jedenfalls starrte sie mich an und wusste direkt, dass ich ihr nicht zuhörte, da ich mit meinen Gedanken woanders war.

"Hallo, Dea? Du bist wieder abwesend.", merkte Jane in Englisch an, da sie kein Deutsch sprach und wir nicht wollten, dass uns jemand verstehen konnte, und schnipste mit den Fingern vor meinem Gesicht herum. Um aus meiner "Starre" zu erwachen, schüttelte ich meinen Kopf leicht und sah Janes pinken Pony an. "Sorry, mir ist aufgefallen, dass ich später noch etwas zu erledigen habe.", entschuldigte ich mich bei ihr und sah zu meinem Salat herunter. Unfassbar, ich hatte es tatsächlich geschafft, alle Salatblätter mit einer Gabel aufzuspießen. Mit einer Grimasse fügte sie hinzu:"Warst du in Deutschland auch immer so beschäftigt?" Kopfschüttelnd aß ich mein Mittagessen weiter und hörte Jane beim Reden zu. Manchmal schwank sie von einem Thema zum anderen, doch das war schon Alltag bei ihr.

Mit gespielter Interesse ließ ich mir das Ohr von ihr abkauen, bis wir endlich wieder in den Unterricht mussten. Zwar war Jane schon sowas wie eine beste Freundin für mich, aber irgendwie konnte ich sie nicht lange ertragen. Konzentriert war ich nicht gerade, als unsere Lehrerin uns irgendeinen Zettel austeilte und wir den bearbeiten sollten. Meine Gedanken waren bei Jeongguk, den ich so oder so heute treffen musste. Gedanklich hatte ich mir schon einen Ablauf für den heutigen Tag zusammengestellt. Nach der Schule würde ich zum Big Hit Entertainment gehen, was auch immer das war, aber so stand es nunmal im Buch, dann würde ich auf ihn treffen, ihm das Teil zurückgeben und schließlich in den Supermarkt gehen, denn es wurde langsam Zeit, dass ich für die kommende Woche einkaufte. Zum krönenden Abschluss würde ich ein Entspannungsbad nehmen, das ich mir reichlich verdient hatte und in der Wanne ein Buch lesen. Hach, genau!

Nun musste ich den Unterricht hinter mich bringen, damit ich auch die anderen Punkte erfolgreich ausführen konnte. Meine Gedanken schob ich beiseite und widmete mich enthusiastisch dem Arbeitsblatt. Die Betonung lag auf "enthusiastisch". Es schien mir auf dem ersten Blick viel einfacher als erwartet, doch dann bemerkte ich den Schwierigkeitsgrad. Nach zwei vollen Stunden war der Unterricht beendet und es kam mir richtig schnell vor, weil wir genug Aufgaben bekommen hatten. Wie eine Irre packte ich meine Sachen schleunigst ein und machte mich schnellstmöglich aus dem Klassenzimmer wie noch nie zuvor. Beim Rausgehen aus dem Schulgebäude holte ich das Büchlein wieder heraus, denn da stand die Adresse von diesem Big Hit Dingen. Jetzt musste ich irgendwie die Straße und das Gebäude finden, was sich nicht als so einfach herausstellte. Von dieser Adresse hatte ich nämlich noch nie zuvor gehört.

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