11. Talkative

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Chapter 11

Ich musste zugeben, dass ich mir von Anfang an nichts dabei gedacht hatte. Ok, erst wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte, aber dann reagierte ich spontan darauf. Es war viel mehr mein Herz als mein Verstand, das mich zu dem Zeitpunkt lenkte. Wer hätte schon gedacht, dass ich auf sowas einging? Während es geschah, waren meine Gedanken blank. Keine Ahnung, ob ich nicht klar dachte oder es einfach nicht konnte. Erst als wenige Minuten verweilten, wurde uns beiden bewusst, was gerade passierte. Von alleine hätten wir es wohl nicht so schnell beendet, aber wir hatten total die Tatsache ausgeblendet, dass wir beide nicht unter uns waren. Wir brauchten ein bisschen, bis wir merkten, dass Blicke uns durchbohrten.

Langsam entfernte ich meinen Kopf von seiner Brust und auch meine Arme umschlungen ihn nicht mehr. Meine Augen riss ich bei dem Gedanken, dass man uns so nah beieinander sah, auf und dazu nahm ich nur etwas Abstand. Jeongguk hatte es mit mir gespürt, weswegen er mich genauso schnell losließ. Wir sahen uns gegenseitig nicht mehr an, dafür wanderten unsere Augen zu den Jungs, die uns völlig baff anstarrten. Fast jeder von ihnen öffnete unsicher den Mund oder hatte ihn schon offen, um etwas sagen zu können, doch keiner brachte ein Wort heraus. So starrten wir uns sprachlos an und wussten nicht, was wir jetzt tun sollten. Weil ich nicht weiter wusste, hob ich meinen Kopf in Jeongguks Richtung und sah ihn an.

Auf seinen Lippen war ein krummes Lächeln zu sehen, das mit der Kombination der geröteten Wangen recht putzig aussah. Man konnte ihm direkt ansehen, dass er verlegen war. Mir war es zwar auch peinlich, ehrlich gesagt, aber ich glaubte, man konnte es mir nicht ansehen. Meine Beine waren verschränkt, meine Hände hatte ich hinter den Rücken gefalten, doch ich sah nicht beschämt aus, das wusste ich einfach. Jedenfalls wusste ich nicht, wie das hier weitergehen sollte. Es war schon klar, dass solche Sachen wie Umarmungen, Küsse und vieles mehr unter den verschiedenen Geschlechtern ein Tabuthema in Korea war, aber in Deutschland war das ganz anders. Dort umarmte ich alle meine männlichen Freunde zur Begrüßung, was eigentlich ziemlich gebräuchlich war. Obwohl wir hier nun in Korea waren, fand ich es nicht wirklich so schlimm, trotzdem war ich peinlich berührt.

Zum Glück nahm die Stimmung eine Wendung, als Taehyung anfing im Gelächter auszubrechen. Er hielt sich schon den Bauch vor lachen und musste sogar ab und zu Tränen wegwischen. Jimin, Hoseok und Suga steckten sich regelrecht daran an. Ab und zu kam der Satz "Du gibst uns wirklich den Rest." von Jimin, von dem ich nicht wusste, ob Jeongguk oder Taehyung gemeint war. Während Jin nur mädchenhaft vor sich hinkicherte, breitete sich auf Namjoons Gesicht ein breites Grinsen aus. Jeongguk sah mich immer noch nicht an, doch ich merkte, wie er erleichtert lächelte. Ich tat es ihm gleich, obwohl ich nicht wusste, ob sie uns auslachten oder einfach nur die Stimmung aufbessern wollten. Meinen Blick wandte ich wieder zu den Jungs.

Bis die alle endlich fertig waren, saßen Jeongguk und ich schon längst auf einem Sofa. Ich machte es mir auf dem Sessel gemütlich, auf dem ich vor der Performance saß und Jeongguk hatte sich irgendwo neben Jin hingesetzt. Namjoon und er hatten sich längst eingekriegt und warteten mit uns, dass die anderen aufhörten. Irgendwann musste dann auch mal Schluss sein, oder? Nach und nach brach wieder die Stille ein, doch Taehyung hielt sich immer noch den Bauch. Sein Grinsen war so breit, dass man meinen könnte, er hätte es irgendwie mit Klebeband festgemacht. Suga lehnte sich nach vorne und faltete seine Hände. "Wer hätte gedacht, dass der Abend so amüsant sein würde?", fragte er gut gelaunt.

Ich ließ mich weiter in den Sessel sinken, während manche nur die Schultern zuckten. Wieder spürte ich, wie die Augen sich auf uns richteten und förmlich an uns klebten. Jeongguk spielte unkontrolliert mit seinen Händen und biss sich ab und zu nervös auf die Unterlippe. Mir fiel dabei ein, dass ich ja mein Handy hier gelassen hatte. Suchend tastete meine Hand den ganzen Sessel ab, bis mir Jeongguk plötzlich das Handy vor die Nase hielt. Unsicher sah ich ihn an, sein Blick war woanders hingerichtet. Zügig nahm ich es ihm ab und murmelte leise "Dankeschön". Wie normale Teenager es taten, die ihr Handy wiederhatten, checkte ich meine Nachrichten. Tatsächlich hatte Jeongguk mir einige Nachrichten geschrieben, die echt verzweifelt rüberkamen. Jane hatte mir auch geschrieben, aber das war mir gerade egal.

Bulletproof DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt