Chapter 73
Auffällig beobachtet, spürte ich, wie ein Augenpaar versuchte, mich zu zerreißen. Jedenfalls so weit zu zerreißen, bis ich mit der Sprache herausrückte. Wie schon vorher mal erwähnt, hatte ich mit mir selbst ausgemacht, dass ich mich nicht mehr erpressen ließ. Ich hatte meine Entscheidungen getroffen, die ich zwar bereute, aber von nun an musste ich mit den Konsequenzen leben oder die Fehler selber ausbaden. Deshalb mied ich, so gut es ging, den Blick, der alles aus mir herausquetschen wollte. Ohne direkt dort hinzugucken, konnte ich sehr gut sehen, dass Namjoons Augen immer noch auf den Rückspiegel gerichtet waren und er mich somit beobachtete. Zwischen uns lag schon die ganze Zeit Stille. Auf meinem Weg nach Hause waren die beiden, also Namjoon und Hoseok, zufällig aufgetaucht, was mich gewundert hatte. Schließlich war ich der Annahme, dass sie alle nach Dea suchen wollten. Allerdings hatten sie einen anderen Plan, von dem ich nichts Genaues wusste, weil ich nicht nachgefragt hatte. Mittlerweile war es mir egal, was sie vorhatten.
Als sie mich aufgelesen hatten, sprach Hoseok zu mir. Die beiden hatten sicherlich ausgemacht, dass es eine schlechte Idee war, Namjoon mit mir sprechen zu lassen. Zwei Sturköpfe wie Namjoon und mich sollte man nicht streiten lassen. War auf jeden Fall geschickt von ihnen eingefädelt. Auch seine Argumentation, dass es keine gute Idee wäre, alleine mit dem Zug und dem Bus zu fahren, hatte mich genug überzeugt, in das Auto zu steigen und mit ihnen zurück zum Dorm zu fahren. Davon, dass ich ihnen alles erzählen musste, geschweige denn mit ihnen reden musste, war nicht die Rede. So hatten sie es tatsächlich geschafft, dass wir zu dritt zurück nach Hause fuhren. Was Seokjin und Yoongi vorhatten, konnte ich mir schon denken. Dass ich mich ein bisschen hintergangen fühlte, ließ ich mal außen vor. Es quälte Namjoon sichtlich, dass er all seinen Zorn und das, was er zu sagen hatte, unterdrücken musste. Tat mir schon etwas leid. Aber irgendwie auch nicht. Sowas konnte ich gar nicht gebrauchen, ehrlich gesagt. Salz konnte ich mir selber in die Wunde streuen, dafür brauchte ich ihn nicht.
Mit der Zeit wurde es mir immer leichter, Namjoon zu ignorieren. Seine Autorität und unsere enge Freundschaft hatten es mir zu Beginn schwer gemacht, doch je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr nervte mich der Gedanke, dass sie sich alle einmischten. Somit konnte ich ganz gut auf ihn scheißen. Okay, das klang ziemlich hart, aber man konnte nicht in Worte fassen, wie sauer, aber im Allgemeinen zerstreut ich war. Ich wusste gar nicht, worüber ich mir eher Gedanken machen sollte. Zum Teil konnte ich aber auch immer noch nicht realisieren, was geschehen war. Wie es Dea wohl jetzt ging? Was sie wohl machte? Ob Yoongi und Seokjin sie gefunden hatten? Leise seufzend, zückte ich mein Handy hervor, auf dem ich die KakaoTalk-App öffnete. Meine Augen starrten auf den Chat zwischen Dea und mir. Keine neue Nachricht. Unbewusst hatte ich den Chat geöffnet, woraufhin ich mir einige Nachrichten vom Verlauf durchlas. Das war alles noch, bevor sie vergiftet wurde und ins Krankenhaus gekommen war. Wie unglaubwürdig und krass doch unsere momentane Situation war. Plötzlich merkte ich, wie mein Bauch und meine Brust sich zusammengezogen hatten.
Ich vermisste Dea. Ich machte mir Sorgen um sie. Ich wollte sie augenblicklich in meinen Armen halten und nie wieder loslassen. Ich wollte sie nicht gehen lassen, denn ich liebte sie viel zu sehr. Oder? Würde ein normaler Mensch eine Person von sich stoßen, die er aufrichtig liebte? Ne, oder? Was war eigentlich mit mir falsch? Irgendwie sah ich keine Lösung mehr, die uns beide zufrieden stellen würde. Alles ist schlicht und einfach aus dem Ruder gelaufen. Mehrmals blinzelnd, drückte ich auf die Tastensperre, legte mein Handy beiseite und sah raus aus dem Fenster. Abgesehen davon, dass ich keine Ahnung hatte, wem dieses Auto gehörte und von wem Hoseok es sich geliehen hatte, fragte ich mich, wieso wir so lange brauchten. Wir waren längst zurück in der Stadt, aber unser Zuhause schien immer noch nicht nah genug. Der Himmel war mit hellgrauen Wolken bedeckt, die einen ebenso grauen Schleier auf die Umgebung legten. Wie es aussah, würde es früher oder später noch regnen. Außerhalb dieses Autos wirkte es so trüb und farblos. Es passte tatsächlich zu meiner Laune und meiner Situation. Wie eigenartig.
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Bulletproof Desire
FanficKaum sind die Herbstferien vorbei, muss Dea auch schon zurück nach Seoul, um dort ihren einjährigen Sprachkurs fortzusetzen. Herzlicher Empfang? Fehlanzeige! Das Taxi, das sie in die Stadt bringen soll, gibt den Geist auf, woraufhin sie sich kurzerh...