Chapter 71
Risikofreudig ließ ich mich im Fluss treiben. Ich wusste, was ich da tat. Ich wusste, dass es schlecht war. Gefährlich nah dem Abgrund entgegenkommend, war mir mehr als bewusst, dass, wenn ich mich jetzt völlig dem Strom hingab, es kein Zurück mehr gab. Unausweichlich war der Sturz nicht, doch ich fühlte mich sehr wohl im Strom. Ausnahmsweise wurden mir meine Entscheidungen abgenommen, man gab mir Zeit, mich zu entspannen und mit dem unbeschwerten Gefühl wurde mir die Wahl schwer gemacht. Auf meiner Zunge prickelte es aufregend. Unser heißer Atem kitzelte mein Gesicht. Seine Hände hielten meinen Körper beschützend fest. In seiner Gegenwart fühlte ich mich so wohl und ausreichend beschützt, dass die Angst, mit ihm ins Verderben zu stürzen, immer mickriger wurde. Immer weniger Fragen in meinem Kopf, ob das alles hier wirklich in Ordnung war. Immer weniger Ausreden, die mich vor dem Unheil retten konnten. Wenn es mit Jeongguk war, dann war es doch okay, oder? Liebe hieß doch, dass man zusammen lachen, aber auch fallen konnte. Menschen machten Fehler, um aus diesen zu lernen. Konnte dies nicht auch einer dieser Fehler sein, wegen dem man nur angeschrien wurde und dann war alles vergeben und vergessen?
Die Lust stieg stetig an, sodass ein Entkommen von nun an unmöglich schien. Das dachte ich jedenfalls. Ohne es sofort vernommen zu haben, machte seine Hand sich unter mein Shirt. Die Krankenhausschürze, es sah aus wie eine Schürze, war so locker, dass ich es gar nicht direkt bemerken konnte. Erst, als seine Hand meine Haut berührte, zuckte ich etwas erschrocken auf. Alle Alarmglocken fingen zu läuten an. Reflexartig griff ich nach seinem Handgelenk, bevor seine Hand weiterhochfahren konnte. Bei der plötzlichen, festen Umklammerung seines Handgelenks, löste er sich vorsichtig aus dem Kuss und öffnete seine Augen, die mich verwundert anfunkelten. Ein wenig erschrocken von mir selbst, riss ich ebenfalls die Augen auf. "Was ist los?", hauchte er seinen heißen, leicht keuchenden Atem auf meine Lippen. Ein Pochen in ihnen ließ es mir so vorkommen, als ob seine Lippen sich noch auf meinen befinden würden. Unsicher musterte ich sein Gesicht und leckte mir über die Lippen. Beim Mustern fielen meine Augen zum Schluss auf seine Lippen, die mich dazu brachten, mir selbst genau dieselbe Frage zu stellen. Danach wanderten sie hastig zu meiner Hand, die immer noch Jeongguks Handgelenk fest umkrallte.
Unverzüglich ließ ich ihn los und traute mich, wieder zu ihm zu schauen. "Nicht hier.", gab ich laut atmend von mir. Woher ich diese Ausrede jetzt herausgekramt hatte? Irgendwie verstand ich mich selber nicht. Erst hatte ich mir fest vorgenommen, mich körperlich von ihm festzuhalten, dann ließ ich mich doch in seinen Bann ziehen und jetzt gab es wieder ein Problem? Verstehe einer Frauen. Über meine Worte musste er lachen. Es war ein leises, amüsiertes Auflachen. Seine Augen, die nur mir galten, sahen sich mein Gesicht noch einmal von oben bis unten an. Erneut fanden sich beide seiner Hände um mein Gesicht wieder. "Mir fällt kein Ort ein, wo wir es sonst tun könnten, dir etwa?" Er gab mir keine Zeit zum Antworten, biss sich flüchtig auf die Unterlippe und schon kamen seine Lippen meinen wieder näher. Unüberlegt drehte ich meinen Kopf zur Seite, sodass er mit den Lippen auf meiner Wange landen würde. "Nein, nicht wirklich, aber ich weiß auch nicht, ob das der richtig Ort und es generell der richtige Zeitpunkt dafür ist." Nachdem seine Lippen sich wie erwartet gegen meine Wange drückten, verweilte er ein bisschen in dieser Position. Kein Grummeln oder sonstiges war zuhören, jedoch konnte man sich denken, dass er recht wenig begeistert war.
Seine Augen sprangen auf und schauten zu mir hoch. Mit einem seitlichen Blick zu ihm erwiderte ich den Augenkontakt. "Außerdem müsste Hoseok bestimmt schon aufgefallen sein, dass du geflüchtet bist, mal wieder. Wenn er die anderen darüber informiert hat, dann suchen sie alle nun nach uns zweien." Seufzend entfernte er sich von meiner Wange. Während er die Augenbrauen abwechselnd hochzog, stellte er sich normal auf. "Du machst dir immer zu viele Sorgen, Schatz." Man konnte ihm ansehen, wie er zu gerne die Augen verdrehen wollte. Ebenso unbegeistert presste ich die Lippen aufeinander, bis sie optisch verschwanden. "Und du dir eindeutig zu wenige.", erwiderte ich etwas schärfer als er. Seine Arme in die Hüfte stemmend, seufzte er ein weiteres Mal, diesmal aber lauter und deutlicher. "Da denkt man sich einmal, dass die Bad Boy-Masche helfen würde, dabei ist sie bei dir nicht so effektiv, wie ich dachte. Wie deprimierend." Ach, dann hatte er nur vorgespielt, dass er sauer auf mich war? Und dass er sich mir praktisch aufgezwungen hatte, war auch ein Teil seines Planes? Wenn er wirklich nur hergekommen war, um an gestern Nacht anzuknüpfen, dann konnte ich gar nicht fassen, mit was für einer Person ich zusammen war.
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Bulletproof Desire
FanficKaum sind die Herbstferien vorbei, muss Dea auch schon zurück nach Seoul, um dort ihren einjährigen Sprachkurs fortzusetzen. Herzlicher Empfang? Fehlanzeige! Das Taxi, das sie in die Stadt bringen soll, gibt den Geist auf, woraufhin sie sich kurzerh...