Kapitel 8

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Multimedia: Schuluniform

27 Februar, 1952

Er ist verrückt geworden. Er ist offiziell verrückt geworden. Er arbeitet an seinem Plan und er schafft es nicht, ihn loszulassen. Er ist nur noch in seinem Zimmer, ich bekomme ihn einmal am Tag für eine Mahlzeit heraus. Doch das Schlimmste ist, dass ich glaube, ich würde ihn nicht vermissen, wenn er weg wäre. Nein, ganz im Gegenteil. Ich wäre erleichtert.

Heute

"Rania, aufstehen!", höre ich Claras Stimme neben meinem Bett. Ich ziehe mir die Decke über den Kopf und gebe ein wütendes Fauchen von mir. "Das wird Ihnen auch nicht helfen. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Sie jetzt zur Schule müssen! Es ist Sonntag!", meint sie vorwurfsvoll.

Ich schiebe den Kopf ein Stückchen hervor. "Clara, ich kann nicht zur Schule gehen! Mein ganzes Leben ist gestern in Stücke zerrissen, ich bin nicht in der Lage mit neuem Lernstoff konfrontiert zu werden!", jammere ich.

Für einen Moment hört sie auf, an meiner Decke zu ziehen und setzt sich darauf. "Hey, ich weiß, es ist schwer. Aber du musst dich jetzt aufraffen und zur Schule gehen. Das lenkt dich ab. Und jetzt... STEH AUF!", schreit sie und nutzt den kurzen Augenblick meiner Unachtsamkeit, um meine Decke endgültig wegzuziehen. Ich kreische auf und werfe ein Kissen nach ihr, welches sie geschickt mit der linken Hand fängt.

"In zehn Minuten wird gefrühstückt. Franques erwartet sie an der Limousine." Mit diesen Worten dreht sie sich um und verlässt das Zimmer.

Ich seufze und tapse in Richtung Bad. Um diese Uhrzeit kann doch noch kein Mensch zur Schule gehen! Ich würde es ja ändern, wenn ich Königin werde, aber leider liegt die Schule außerhalb von Meraida und somit außerhalb meines Machtbereichs.

Ich drehe die Dusche an und stelle mich unter den warmen Strahl. Ich muss die Ereignisse von gestern nochmal überarbeiten. Ich bin mir sicher, dass Laina in der Limo nach dem Brief fragen wird. Aber ich kann noch nicht mit ihr darüber reden. Obwohl sie meine Schwester ist, würde sie es wahrscheinlich nicht verstehen.

Ich drehe die Dusche wieder ab und ziehe mir meine Schuluniform über, die Clara auf meinen Sessel gelegt hat. Dann mache ich mich auf den Weg zum großen Saal.

**

Gestern Abend hatte ich nichts mehr gegessen. Ich konnte einfach nicht und Clara hatte dem Chefkoch bescheid gegeben, dass ich nicht in den großen Saal kommen würde. Deswegen bin ich heute morgen umso überraschter, als ich Emmy am Frühstückstisch sitzen sehe.

"Was machst du hier?", rufe ich und bleibe wie versteinert in der Tür stehen. Sie lächelt mich liebreizend an. "Da Will gerade viel um die Ohren hat in seinem Königreich und ich angefragt wurde, die heranwachsenden Königinnen auf ihr Leben vorzubereiten, werde ich fürs erste hier bleiben", erklärt sie und klimpert unschuldig mit ihren Wimpern. "Wusstest du das nicht?"

Meine Hände werden zu Fäusten. "Nein, keiner hat mir diese 'erfreuliche' Nachricht mitgeteilt. Vielen Dank dafür", knurre ich und behalte gerade so die Beherrschung. Emmy macht ein Gesicht, als würde es ihr gerade wie Schuppen von den Augen fallen. "Ach jaaa, du warst ja gestern Abend nicht daaa!", meint sie und zieht die A's extra lang.

"Naja, egal. Dann weißt du es jetzt. Ich fahre übrigens heute mit dir und Laina zur Schule", erklärt sie am Rande und isst seelenruhig weiter.
Ich nicke und lächele sarkastisch, dann setze ich mich zu ihr. Dabei lasse ich mir nicht anmerken, dass ich sie gerade erwürgen könnte.

**

"Guten Morgen, junge Damen!", begrüßt uns Franques, der Chiffeur, als wir in den Wagen einsteigen. Ich würdige weder ihn, noch Emmy, noch Laina eines Blickes. Auf letztere bin ich übrigens auch sauer. Sie hätte mir ja wenigstens eine Nachricht schreiben können.

Als wir nach einer langen, wortlosen Fährt endlich ankommen, verabschieden wir uns alle kurz, obwohl es bei mir noch knapper ausfällt als sonst. Dann betreten wir das Schulgebäude.

Ich habe als erstes Homeroom, weshalb ich in den zweiten Stock unserer Schule eile, die eher wie ein sehr prunkvolles Schloss wirkt.

Nicht alle Schüler sind Prinzessinnen, auch andere von Adel oder normale Dorfleute sind darunter, diese gehen allerdings zur Mittagszeit, während wir noch bis Nachmittags bleiben um den speziellen Unterricht fortzusetzen, bei dem wir Dinge lernen, wie gerade zu gehen oder gut zu tanzen oder ähnliches.

Als ich an meinem Platz ankomme, ist meine Sitzmachbarin schon da. "Hey, Nia", meint sie und sieht kurz von ihrem Buch auf. "Morgen, Ari", begrüße ich sie auch. Arina Morrler ist ein normales Mädchen aus dem Dorf und liebt es, zu lesen. Man sieht sie kaum bei etwas anderem. Sie hat schulterlange, rotblonde Haare und grüne Augen. Eigentlich ist sie ziemlich hübsch und in der Schule eine relativ Gute Freundin, obwohl das Verhältnis zwischen Adel und Volk immer noch sehr gespannt ist.

"Du wirst nicht glauben, was passiert ist", beginne ich und will ihr gerade davon erzählen, als die Tür sich öffnet und der Lehrer eintritt. "Was?", fragt Ari trotzdem. Ich winke ab. "Später", flüstere ich und wende mich dem Unterricht zu. "Nicht so wichtig."

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