Kapitel 24

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Mein Blick schweift durch den Raum. Kleine Grüppchen von Mädchen, die aufgeregt kleine Grüppchen von Jungs anstarren, einige Pärchen, die angeregt Gespräche führen, Thess und Jesse, die so heftig miteinander flirten, dass ich am liebsten wegschauen würde, Abby, die daneben steht und alle zwei Minuten versucht, irgendeine Ausrede zu finden, sich zwischen die beiden zu drängen, und Jon.

Da steht er. Und sieht nebenbei gesagt ziemlich fertig aus. Seine Haare sind nicht gestylt und fallen verwuschelt in sein Gesicht, seine Klamotten so ausgewählt, als wäre es ihm vollkommen egal, was er trägt.

Joyce wirft mir einen warmen Blick zu, der mir für eine Sekunde das Gefühl von gestern Abend zurückgibt. Wir haben einfach nur auf dem Bett gesessen, Joyce hat mir auf ihrer Gitarre ihre neuen Songideen vorgespielt und ich habe einfach nur dagesessen und zugehört. Und für den Moment war das alles, was ich brauchte.

Joyce lebt fürs Gitarrespielen. Sie spielt, seit sie klein ist und hat bestimmt schon fünfzig Songs geschrieben. Sie ist unglaublich talentiert und ich liebe es, ihr zu helfen, neue Songideen herauszusuchen und ihr beim Text zu helfen.

Ich atme durch und gehe los. Mit jedem Schritt werde ich aufgeregter, aber auch meine Wut auf ihn steigt. Ich habe nicht vergessen, was er getan hat und selbst sein erbärmlicher Anblick macht das nicht besser.

"Können wir bitte reden?", fängt er an, ohne mich zu begrüßen. Ich zittere, schaffe es aber trotzdem, mich zu voller Größe aufzurichten und ihm einen kühlen Blick zu schenken. "Warum sollten wir reden? Es gibt nichts, durch das du wieder gut machen könntest, was du getan hast", sage ich, aber meine Stimme klingt brüchig und keinesfalls so fest, wie in der Version dieses Gesprächs, die ich im Kopf hatte.

Er seufzt. "Ich weiß ja nicht mal, was ich falsch gemacht habe!", ruft er. Ich sehe ihn fassungslos an. Aber anscheinend meint er es ernst. "Ehrlich jetzt? Du meldest dich jahrelang nicht und dann kommst du auf einmal angekrochen, und anstatt mich zu fragen, wie es mir geht oder mal zu sagen, warum du so lange keinen Ton von dir gegeben hast, willst du einfach nur für ein paar Tage bei uns wohnen?!?", fahre ich ihn an.

Seine Augen werden groß. "Ich... es tut mir leid. Ich hätte mich früher melden sollen, aber ich konnte nicht, weil...", fängt er an, aber ich lasse ihn nicht ausreden. "Vergiss es. Spar dir deine Erklärungen und find dich damit ab. Ich werde deine Tanzpartnerin sein. Und ja, du kannst bei mir wohnen. Aber ich werde dir nie wieder so nah sein, wie damals."

Mit diesen Worten drehe ich mich um und gehe zu den anderen zur Bühne.

Am liebsten würde ich ihm sofort verzeihen und ihm um den Hals fallen. Aber ich kann es nicht. Etwas in mir sträubt sich dagegen, und es ist stärker, als die Seite, die ihn einfach nur wiederhaben will.

**

Abbys Ansagen halten sich heute in Grenzen. Wir sollen einfach weitermachen, mit unserem Programm und ein Lied für unseren Auftritt aussuchen, der direkt nach den Ferien stattfindet und als unsere Arbeit gelten soll.

Langsam komme ich mir albern vor, wie ich auf der Bank sitze, die Arme vor der Brust verschränkt und mich weigere, Jon auch nur anzusehen. Auch er scheint es dämlich zu finden, da er mittlerweile nur noch an seinem Handy sitzt und seinen Freunden textet.

Als uns endlich das Klingeln erlöst, springe ich auf und will zur Umkleide sprinten, aber er hält mich am Arm fest. "Hey", sagt er. "Habe ich irgendeine Chance, dass du irgendwann wieder mit mir redest?"

Ich sehe ihm lange und tief in die Augen. "Frag mich das in zwei Wochen nochmal", murmele ich, dann befreie ich mich aus seinem Griff und gehe.

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