Kapitel 58

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Am nächsten Morgen ist mein erster Gedanke die Tanzstunde, und komischerweise ist mein normales Morgenmuffel-Verhalten wie weggeblasen.

Ich schlage meine Decke zur Seite und öffne meinen Schrank, um nach dem perfekten Outfit zu suchen. Als ich nach gefühlten Stunden endlich das perfekte Kleid gefunden habe, kümmere ich mich um meine Haare und ums Make-Up.

Ein paar Sekunden bleibe ich einfach nur vorm Spiegel stehen und schaue mich an. Warum mache ich das eigentlich? Glaube ich ernsthaft, dass das funktionieren könnte?

Sofort verbanne ich diesen Gedanken wieder aus meinem Hirn. Es wird funktionieren. Es muss.

Ich öffne die Tür zum Flur und gehe hinunter zum Frühstück, wo mich Jon schon mit einem gut gelaunten: "Morgen, Nia!" empfängt.

Ich setze mich ihm gegenüber hin und wir beginnen, uns ewig darüber zu unterhalten, was wir alles so gemacht haben, in der Zeit, wo wir uns nicht gesehen haben.

Er beginnt, mir von seiner Schulzeit zu erzählen, zu meiner Enttäuschung erwähnt er jedoch nicht einmal, warum er sich nicht gemeldet hat. Egal.

Bei mir gibt es erschreckend wenig zu erzählen, und ich beginne tatsächlich, mich zu fragen, was ich in der ganzen Zeit gemacht habe. Ich meine, ich hatte nicht einmal einen Freund, mit dem ich angeben könnte. Und ich erwähne ihm gegenüber wohl besser nicht, dass der Kuss auf dem Ball mein erster Kuss war. Er würde mich bloß auslachen.

**

Wir sitzen länger als geplant beim Frühstück, bestimmt mehr als eine Stunde. Wir hatten immerhin über die ganzen, letzten zehn Jahre zu diskutieren, und es tut gut, darüber geredet zu haben.

Irgendwann sehe ich auf meine Uhr. "Es ist zehn. Langsam sollten wir mal in den Tanzsaal gehen, sonst werden wir noch unglaubwürdig", kichere ich und er nickt grinsend.

Wir stehen auf und machen uns auf den Weg.

Als wir angekommen sind, gehe ich erst einmal zu der großen Musikbox und beginne damit, mein Handy anzuschließen. "Wir sollten uns auf ein Lied einigen", schlägt Jon das Thema an, von dem ich gehofft hatte, es verhindern zu können.

"Ähm...", beginne ich zu stottern. Das könnte jetzt die ganze gute Stimmung wieder kaputtmachen.

"Ich will noch immer Let Me In", merkt er an, und ich bin direkt wieder genervt. "Ich tanze zu diesem Lied nicht", erwidere ich nur und verschränke die Arme vor meiner Brust. "Du verstehst das einfach nicht, oder?"

Sein Grinsen bleibt allerdings standhaft. "Hey, ich werde dabei bleiben. Ich kriege meinen Tanz", sagt er selbstsicher und kommt auf mich zu.

Dann nimmt er sich mein Handy und schaltet das Lied ein.

Ich will gerade protestieren, als er mich unterbricht. "Ein Tanz, Nia. Bitte", meint er und beginnt, mich von der Säule wegzuziehen, an der ich stehe.

Was soll das? Warum kann er nicht einfach das machen, was ich will? "Was machst du?", frage ich und denke gar nicht daran, mich wegzubewegen.

Er antwortet nicht, ich sehe nur, wie seine Arme auf einmal meinen Körper umschließen.

Nein. Gott, bitte nicht. Hatten wir nicht gerade das Thema durch, dass wir nur Freunde bleiben? Ich versuche, mich aus seinem Griff zu befreien, aber es funktioniert nicht. Stattdessen ergreift er meinen Arm, und beginnt, mit mir zu tanzen.

Ich versuche weiterhin, mich loszureißen, aber es macht mir immer mehr Spaß und irgendwann lasse ich mich darauf ein. Soll er doch seinen einen Tanz haben. Letztendlich suche ich sowieso das Lied aus.

Auf einmal verliere ich das Gleichgewicht, Lande auf dem Boden und Jon... auf mir. Seine Hände sind neben meinem Kopf, ich spüre seinen warmen Atem auf meinem Gesicht.

Und wieder habe ich dieses Verlangen, ihn sofort zu küssen. Plötzlich macht sich ein Lächeln auf seinem Gesicht breit, er zieht mich hoch, und wir tanzen weiter. Und tanzen, bis die Musik zuende ist.

Wir sind beide völlig außer Atem und stehen voreinander. Unsere Handflächen berühren sich leicht, dann greifen Sie ineinander. Sein Blick ruht auf meinen Augen. "Ich wusste, du magst das Lied", grinst er und ich zucke lächelnd mit den Schultern.

"Schön, dass du es genossen hast. Ab jetzt tanzen wir nämlich das, was ich will", raune ich ihm zu.

Und dann verlasse ich hoch erhobenen Hauptes den Raum.

Kleines visuelles Hilfsmittel😘

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