Sie sieht mich aus ihren dunklen Augen an und scheint nicht zu wissen, ob sie mir jetzt beschämt oder trotzig begegnen soll.
"Ari", wiederhole ich und mein Herz will einfach nicht aufhören, immer schneller zu schlagen. Ich kann nicht glauben, dass dieses kleine, zarte Mädchen tatsächlich mit Drogen dealen sollte. "Was machst du hier?"
Sie zuckt nur mit den Schultern und sieht starr an mir vorbei. Okay, sie hat sich für die trotzige Variante entschieden. "Ich hab Finlay nur ein bisschen was verkauft. Willst du mich jetzt verklagen?", fragt sie und ihre Stimme klingt so ausdruckslos, dass ich merke, wie sie sich darum bemüht.
"Nein", sage ich und sehe ihr immer noch in die Augen, in der Hoffnung, dass sie zurückschaut. "Aber das könnte ich. Was du hier machst ist nämlich nicht so ganz legal. Gott, Mädchen, weißt du, was...", beginne ich, aber sie unterbricht mich und meine Moralpredigt.
"Und wenn schon! Wie sollte ich denn sonst an Geld kommen? Meine Mutter braucht dringend Medizin und du weißt, wie schwierig es für uns ist. Was hätte ich denn tun sollen?"
Ich starre sie fassungslos an. "Keine Ahnung! Hunde ausführen? Zeitung austragen? Babysitten? Es mag dir komisch vorkommen, aber es gibt auch Methoden, Geld zu verdienen, für die du nicht ins Gefängnis kommst!", rufe ich und merke, wie ich mich da ziemlich reinsteigere. Aber warum nicht? Sie ist meine beste Freundin! Ich kann sie gerade nicht auch noch verlieren.
Sie antwortet nicht. Sie starrt nur auf den Boden und in ihr scheint leise die Wut zu köcheln.
Ich laufe zu ihr und packe sie an den Schultern, sodass sie mich ansehen muss. "Ruinier dir nicht dein Leben! Wenn du willst können wir dir jederzeit aushelfen, wir können...", will ich sagen, aber sie schlägt meinen Arm weg und unterbricht mich.
"Nein, Nia! Ich will nicht, dass du mir Geld aus Mitleid schenkst, weil ich mein Leben nicht selbst auf die Reihe kriege! Ich schaffe das schon allein!", ruft sie und jetzt werde ich wütend. Was denkt sie sich eigentlich? Ich biete ihr an, ihr in ihrer schlimmsten Lebenslage zu helfen und sie stößt mich weg?
"Das sehe ich", meine ich und grinse sie sarkastisch an, ohne, dass ich es verhindern kann. "Ja, du kriegst dein Leben super auf die Reihe, in dem du dich selbst zerstörst und deiner Mutter beim Abkratzen zusiehst!", schreie ich und sehe, dass ich sie wirklich damit getroffen habe. Warum kann ich nie meinen Mund halten?
"Es tut mir leid", sage ich leise, aber sie will nichts hören. "Super", faucht sie mich an. "Mach ruhig weiter so, Nia. Vergraul Jon, Thess, mich... Das kriegst du super hin. Falls dein Ziel ist, am Ende ganz allein dazustehen... Dann bist du ganz nah dran."
Und mit diesen Worten zwengt sie mich an mir vorbei und knallt die Tür hinter sich zu.
Ich spüre, wie schon wieder Tränen in mir hochsteigen und lasse mich gegen eine Wand prallen. Ich mache alles kaputt. Die ganze Zeit. Und sie hat recht. Ich habe alle verloren.
Super gemacht, flüstert jetzt auch noch die kleine, gehässige Stimme in meinem Kopf. Du hast mal wieder alles verkackt.
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Princess Diaries
Teen FictionNa, das läuft ja super für Nia. Ihre längst verschollene Kindheitsliebe meldet sich auf einmal und will eine neue Bleibe. Als hätte sie als Prinzessin nicht schon genug Probleme! Auf keinen Fall will sie ihn erneut in ihr Leben lassen. Aber zwischen...