Kapitel 70

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Jon greift meine Hand und mich durchströmt wieder dieses Gefühl, dass ich zu nichts bereit bin. Ich spüre, wie er mich langsam auf die Bühne zieht und denke, dass es wohl ziemlich seltsam aussieht, wie er mich so nach oben schleifen muss.

Als wir oben angekommen sind, lässt er mich los und hilft mir in meine Startposition. "Hey, alles wird gut", flüstert er und sieht mir tief in die Augen.

In dem Moment ist auf einmal alles vergessen. Alles ist in Ordnung, und als die Musik einsetzt, ist es, als würde ich diesen Tanz schon seit Jahren können. Wir schweben über den Boden, es ist, als wären wir tatsächlich jenseits aller Schwerkraft.

Endlich sind wir fertig, die Leute stehen auf und applaudieren. Ich werfe Jon einen Blick zu. Besser hätte das gar nicht laufen können.

**

Wir sehen uns noch einige Gruppen an, als Thess' auf die Bühne kommt, stoße ich ihn an. "Hey, wollen wir gehen?", frage ich ihn und er nickt. "Ja, okay. Von Thess werde ich heute ja sowieso noch einiges sehen", meint er mit einem Augenzwinkern und ich brauche einen Moment um zu kapieren, dass er das Date meint.

Ich lache kurz nervös auf, dann mache ich mich unauffällig auf den Weg zur Umkleide. Als ich endlich wieder in etwas gemütlichere Klamotten geschlüpft bin und meine Haare hochgebunden habe, verlasse ich die Halle, vor der Jon schon ungeduldig wartet.

"Da bist du ja endlich! Warum hat das so lange gedauert?", fragt er und sieht mich genervt an. Ich will gerade protestieren, als ich sehe, dass ich tatsächlich mehr als zwanzig Minuten gebraucht habe, um mich fertig zu machen. "Tja, typisch Mädchen eben", meine ich lachend, dann hake ich mich bei ihm ein und wir verlassen zusammen die Schule.

"War irgendjemand von deinen Angehörigen da?", frage ich, als wir auf den Weg zur Limousine sind. Er schüttelt den Kopf und sieht zu Boden. "Glaub mir, meine Eltern hatten gar nicht erst vor, zu kommen. Mein Vater würde mich am liebsten lynchen, wenn ich auch nur einmal das Wort "Tanzen" erwähne", meint er augenverdrehend und ich sehe ihn fragend an.

"Es nervt sie", erklärt er sofort. "Sie denken, so etwas wie Tanzen ist nichts für 'Heranwachsende junge Männer, die auf dem besten Weg sind, König zu werden'", sagt er und setzt wütende Anführungszeichen um seine letzten Worte.

Ich denke einen Moment nach, bis mir klar wird, dass er tatsächlich nur eine kleine, zwölfjährige Schwester hat und somit niemanden hat, der statt ihm die Herrschaft übernehmen könnte. Maya.

Ich versuche, verständnisvoll zu nicken. Ich konnte so etwas noch nie so gut, Mitgefühl zeigen in so einer Situation. Worte waren noch nie wirklich mein Ding.

"Und du?", fragt er mich nach einer langen, peinlichen Pause. "War jemand von dir da?"

Ich schüttelte ebenfalls den Kopf. "Ich habe ihnen gar nichts von dem Auftritt gesagt. Es wäre mir nur noch peinlicher gewesen, wenn Leute dabei gewesen wären, die ich kenne."

Er nickt und hält mir die Tür der Limousine auf, bei der wir jetzt angekommen sind. "Warum peinlich? Dir muss nichts peinlich sein, wir waren großartig", meint er.

Und als ich nichts sage, fügt er noch ein: "Und vielleicht sind wir dem 'Showmaster' ja auch aufgefallen", hinzu.

Ich nicke und lächele ihn an.

Obwohl ich weiß, dass das wahrscheinlich so gut wie unmöglich ist.

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