Kapitel 72

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Ich sehe sie ungläubig an. "Das ist doch Quatsch, Clara. Ich bin nicht verliebt in Jon", sage ich verächtlich.

Sie seufzt und verschränkt ihre Arme vor der Brust. Anscheinend glaubt sie mir kein Wort. "Mädchen, vor zwei Wochen war er noch alles, an das du gedacht hast. Du kannst mir nicht sagen, dass du das komplett abgehakt hast."

Ich beiße mir auf die Lippe. Natürlich kann ich das nicht sagen. Denn es stimmt nicht.

Und auf einmal wird mir einiges klar.

Die Gefühle, die immer da waren, wenn er in der Nähe war. Dieses Gefühl von Geborgenheit, als wäre ich gerade nach einer langen Reise nach Hause gekommen.

Das war keine Freundschaft. Das war Liebe.

Sofort verbanne ich diesen Gedanken aus meinem Hirn und laufe rot an.

"Selbst wenn es so wäre", meine ich zu Clara, obwohl ich ihr kaum in die Augen blicken kann. "Selbst wenn es so wäre, würde es nichts werden. Er hat mir ziemlich deutlich gemacht, dass er nichts von mir will", murmele ich und diese Worte tun mehr weh, als erwartet.

Clara seufzt schon wieder, als würde ich wie immer nichts verstehen. "Als er dich damals abgewiesen hat, hat er das für dich getan. Nachdem er dich geküsst hatte, hast du ihm das Gefühl gegeben, dass du das nicht wolltest und er hat seine Gefühle versteckt, nur, um weiterhin in deiner Nähe sein zu können. Klingt ziemlich romantisch für mich."

Ich schweige. Wenn ich genauer darüber nachdenke, kommt es mir gar nicht so abwegig vor. Ich denke an die vielen Situationen, in denen wir wie ein verliebtes Pärchen waren.

Bei den Proben.

In der Küche.

Eigentlich immer.

"Oh mein Gott", flüstere ich und fixiere mit meinen Augen einen nicht vorhandenen Punkt auf dem Boden.

"Ich bin in Jon verliebt."

Clara seufzt theatralisch. "Super, du warst nämlich der einzige Mensch der es nicht bemerkt hat", meint sie und sofort sehe ich sie geschockt an. "Meinst du, er weiß es?"

Sie zuckt mit den Schultern. "Ist doch scheißegal! Er liebt dich genau so, wie du ihn, und du solltest ihm schnellstens von deinen Gefühlen erzählen, bevor es zu spät ist."

Ich nicke und umarme sie. "In spätestens einer Stunde ist er sowieso vom Treffen mit Thess zurück. Je früher, desto besser", meine ich grinsend und sie lächelt zurück. "Das ist die richtige Einstellung."

**

Die große Haupttür wird zugeschlagen und ich schrecke hoch. Anscheinend ist Jon zurück.

Mein Herz macht einen Satz und schlägt wahrscheinlich eine Million Mal in einer Sekunde.

Ich versuche, mich zu beruhigen, indem ich mich an Claras und mein Gespräch zurückerinnere. Alles wird gut.

Ich schäle mich langsam aus meiner Bettdecke und höre die leisen, schnellen Schritte auf dem Flur, die zu Jons Zimmer führen.

Ich werde stutzig. Warum ist er nicht zuerst zu mir gekommen? Um mir zu erzählen, wie schlimm das Date war?

Einen Moment zögere ich noch, dann greife ich nach der Türklinke. Wahrscheinlich wollte er noch duschen oder sich umziehen oder so.

Langsam drückt meine Hand die Klinke herunter und ich mache mich im Zeitlupentempo auf den Weg zu seinem Zimmer.

Endlich ist alles vorbei. Endlich bekommen wir unser Happy End.

Ich warte noch gefühlte Stunden, bis ich die Tür öffne.

Und was ich dann sehe, lässt mein Herz beinahe stehenbleiben.

Es ist Jon, der in seinem Bett liegt.

Aber er ist nicht allein.

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