Kapitel 27

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Als ich meine Augen aufschlage, ist alles wie jeden Samstag. Dasselbe Zimmer, dieselben Vorhänge, dasselbe gute Wetter.

Aber dann setze ich mich auf. Sehe das Kleid. Die Schuhe. Und alles ist zurück.

Ich stehe auf und gehe ins Bad. Ich schalte die Dusche an und lasse das heiße Wasser an mir herunterlaufen. Ich muss nachdenken.

Ich weiß genau, ich habe überreagiert. Aber ich glaube nicht, dass Clara mir das so leicht verzeihen wird.

Zwanzig Minuten später mache ich die Dusche wieder aus und ziehe mir einen grauen Pulli an, dazu einen weißen Rock. Ich schminke mich dezent und binde meine Haare zu einem lockeren Dutt.

Dann verlasse ich das Zimmer. Ich sollte mit Clara reden. Immerhin sind wir heute eigentlich verabredet. Und ich möchte diese Verabredung auf keinen Fall absagen.

Ich gehe in den Flur der Bediensteten. Als ich an Claras Tür ankomme, klopfe ich zaghaft daran und bleibe dann zitternd stehen.

Es bleibt still. Ist sie nicht da, oder ignoriert sie mich einfach?

"Clara? Bist du da?", frage ich leise und öffne die Tür einen Spalt breit. Dann trete ich vorsichtig ein.

Das Zimmer ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe. Ich dachte, die Zimmer der Bediensteten sehen etwa so aus wie unsere, nur vielleicht ein bisschen billiger.

Das hier ist schlimm. Hier steht gerade mal ein Bett und ein Schrank, ein kleiner Tisch und ein dazu passender Stuhl. Es ist eiskalt, wahrscheinlich wird hier nicht geheizt und weder Wände noch Boden sind mit irgendetwas ausgelegt. Nur harter Stein.

"Sie sollten hier nicht herkommen", höre ich auf einmal eine Stimme hinter mir. Ich drehe mich um. Clara betritt den Raum und lässt sich auf das Bett sinken.

"Clara... Wohnst du etwa hier?", frage ich mit zitternder Stimme. Sie nickt. "Natürlich. Was dachten Sie denn?" Sie zwingt sich zu einem Lächeln, aber ich sehe, dass es nicht echt ist.

"Es tut mir leid, was ich gestern gesagt habe", flüstere ich nach einer langen Pause zwischen uns beiden. Sie nickt. "Sie müssen sich nicht entschuldigen. Sie haben ja recht. Ich bin nur eine Bedienstete", meint sie, aber sie hasst es, das zu sagen.

"Nein, Clara. Du bist meine Freundin. Und würdest du mir jetzt bitte den Gefallen tun, und mit mir in den Schlossgarten kommen? Ich glaube, wir haben einiges zu bereden."

**

Ich sehe auf die Uhr. Wir laufen jetzt schon seit einer Viertelstunde schweigend nebeneinander her. Sie weiß nicht was sie sagen soll, ich weiß nicht was ich sagen soll.

"Erzähl mir was von dir", fange ich mit dem Smalltalk an. Sie schweigt. "Komm schon, irgendwas. Wie geht es deiner Familie?", rede ich weiter, nur, damit diese unerträgliche Stille aufhört.

"Meine Mutter ist krank, mein Vater hat uns nach der Geburt von meinem kleinen Bruder verlassen und mein Bruder ist Alkoholiker. Was meinst du, wie es meiner Familie geht?", fragt sie bitter.

Ich starre sie an. "Was? Warum hast du das nie erzählt?", frage ich und halte sie an der Hand fest, damit sie stehen bleibt.

Sie sieht mich müde an. "Ich bin doch nur Ihre Angestellte. Es geht nicht um mich, wenn ich Ihnen helfen soll", erwidert sie und will weitergehen, aber mein Griff ist eisern. "Clara. Sag das nie wieder. Du bist nicht nur eine Angestellte und ich hätte dir nie das Gefühl geben dürfen, dass du das bist. Es tut mir leid", meine ich.

Sie schweigt. Ein ironisches Schnauben entfährt mir. "Was ist?"

"Es ist nur, ich habe das Gefühl, ich entschuldige mich in letzter Zeit nur noch", erkläre ich und gehe weiter. Sie kichert. "Dann muss es dafür ja auch bestimmt einen Grund geben!"

Ich stoße sie freundschaftlich an. "Willst du damit irgendetwas sagen?" Sie lächelt. "Ich will Ihnen gar nichts sagen!"

Ich verdrehe die Augen. "Du musst unbedingt aufhören, mich zu siezen."

Sie sieht mich an und grinst.

"Was immer Sie wünschen."

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Vielen, vielen Dank für 300 Reads!!!

Hab euch so lieb!

Xoxo, Rose

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