Vierzig

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Jetzt

Rio

Obschon es mir gesundheitlich wieder besser geht, konnte ich mich bis jetzt nicht aufraffen, bei Diego wieder auszuziehen. Ich habe hier eigentlich alles, was ich brauche und noch vieles mehr.

Und doch ist es nicht genug!

Besonders jetzt, als ich mir Timmys Geschichte wieder durch den Kopf habe gehen lassen, frage ich mich, wie es mit mir wohl weiter gehen soll. Das damals war einfach nur schrecklich. Als Finn McGraw mit Timmy in den Armen zurückkam und dieser keinen Ton von sich gab, habe ich zunächst gedacht, er sei tot... doch zum Glück war er nur in den starken Armen eingeschlafen. Als Joe endlich darauf aufmerksam wurde, hatten es auch schon alle Anderen bemerkt und die ganze Gästeschar umringte Finn mit dem Jungen auf dem Arm, so dass Emilie richtig laut werden musste, um sich einen Weg zu ihrem großen Wagen zu bahnen. Natürlich meinten es die Menschen nur gut und wollten wissen, was denn mit dem Jungen geschehen sei. Finn gab jedoch keine Antwort und legte Timmy behutsam auf den Rücksitz. Sofort fing der Junge an, unruhig zu werden und wimmerte herzergreifend vor sich hin. Erst als sich Emilie zu ihm setzte und seinen Kopf in ihren Schoss betete, beruhigte er sich wieder. Ich stand hilflos etwas abseits und wünschte mir, dass ich etwas tun könnte.

Inzwischen stand Joe bei Finn und redete wild auf ihn ein. Finn dagegen blieb ganz ruhig und schüttelte mehrmals den Kopf. Ich schlich mich etwas näher, konnte jedoch nichts von der Unterhaltung verstehen. Kurze Zeit später stapfte Finn entschlossen zu seinem Auto und stieg ein. Als er mich sah, ließ er das Fenster runter und winkte mich zu sich.

„Rio, wir bringen Timmy von hier weg. Er wird nie wieder hierher zurück müssen. Und ich verspreche dir, dass wir alle Hebel in Bewegung setzen werden, um die Missstände hier aufzudecken und euch wenn möglich heraus zu holen."

Ich brachte nur ein Nicken zustande und schon waren sie fort.

Was wohl aus Timmy geworden ist? Ich hoffe, er hat sich wieder gefangen und kann jetzt ein normales Leben führen.

Jäh werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als Diego in die Wohnung gestürmt kommt.

„Rio, komm schnell mit nach unten. Ich habe eine Überraschung." Und schon packt er mich am Arm und zieht mich zum Fahrstuhl. Unten angekommen treten wir raus aus dem Gebäude und bleiben vor einem roten Sportwagen stehen. Ich kann es nicht fassen, das ist ein Ferrari 812. Seit ich in dieser Stadt bin, haben mich diese schnellen Wagen fasziniert. Nicht nur Ferrari, auch Porsche und vorallem auch die älteren Modelle des Ford Mustangs haben es mir angetan. Auf der Farm war das Schnellste, was ich gefahren habe, unser alter Pick up, mit dem wir das Futter auf die Weiden gebracht haben. Zu gerne würde ich einmal die Kraft eines solchen Wagens unter mir spüren.

Diego reißt mich aus meiner Bewunderung und zieht mich zu dem Wagen. „Nun, was sagst du zu meiner neusten Errungenschaft? Ich musste ihn einfach haben!" Fast schon zärtlich streicht er über die glänzende Motorhaube und sieht mich erwartungsvoll an.

„Er ist wunderschön!" Voller Ehrfurcht trete ich etwas näher, als Diego auch schon die Beifahrertür aufreißt und mich hineinschiebt. Ich versinke in weichem Leder und der unverkennbare Duft eines gepflegten Wagens umfängt mich. Schnell umrundet Diego den Wagen und setzt sich hinters Steuer. Als er den Schlüssel dreht, erwacht der Motor zum Leben und das tiefe Brummen geht mir durch und durch. Diego hat etwas Mühe, den ersten Gang zu finden, da er eigentlich keine Handschaltung gewöhnt ist. Als das Getriebe zum dritten Mal gequält aufheult, steige ich aus, umrunde den Wagen und reiße die Fahrertür auf. Energisch bedeute ich Diego, auszusteigen, was er auch etwas erstaunt macht. Sofort setze ich mich hinters Steuer und lege behutsam den ersten Gang ein. Der Motor schnurrt nun wie ein Kätzchen, bereit darauf, loszulegen.

Rio - from the beginning Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt