Zweiundfünfzig

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Jetzt

Rio

Nachdem ich ihm gesagt habe, dass ich abhaue, ist es zunächst einmal still.

„Und wo willst du hin?" Fragt er mich da plötzlich.

„Einfach mal weg von dir. Ich habe vorher alleine auf der Straße überlebt, also kann ich es auch wieder."

Mit diesen Worten schnappe ich mir meine Gitarre, werfe mir meine Tasche über die Schulter und stapfe zur Tür. Diego läuft hinter mir her und hat nun endlich gemerkt, dass es mir ernst ist.

„Rio, verdammt! Du kannst nicht einfach so abhauen!"

„Und wer will mich daran hindern?" Frage ich, drehe mich noch einmal um und mustere ihn abschätzig. Fast schon tut er mir leid, wie er da so hilflos vor mir steht. Doch nur fast! Nach einem weiteren Blick drehe ich mich wieder um und schließe die Tür leise hinter mir.

Früher

Rio

Nachdem die Scheune in Rekordzeit wieder aufgebaut war, ging das Leben auf der Farm wieder seinen gewohnten Gang. Emilie hielt Wort und kam weiterhin regelmäßig vorbei. Eines Tages hatte sie einen großen Koffer dabei und winkte gleich Rio zu sich, als sie ihn sah.

„Rio, ich habe dir etwas mitgebracht," rief sie lachend. Neugierig kam Rio näher und betrachtete den seltsam geformten Koffer. „Na komm, schnapp ihn dir, wir gehen rein." Das ließ sich Rio nicht zwei Mal sagen und schleppte das Ding in die Küche, wo er es auf den großen Esstisch legte. Mit großem Trara öffnete Emilie endlich den Deckel und zum Vorschein kam eine alte Gitarre. Staunend fuhr Rio über das glänzende Holz und strichelte die Saiten, was ihnen ein paar Töne entlockte.

„Ich kann doch gar nicht Gitarre spielen", sagte Rio und schaute Emilie groß an. Da streckte sie ihm ein kleines Heftchen hin. „Damit wirst du es lernen. Ich habe dich schon oft singen gehört. Du bist sehr musikalisch, also wird das kein Problem für dich sein. Du musst einfach fleißig üben."

Rio schaute Emilie immer noch staunend an. Dann kam endlich Leben in ihn und er umarmte sie stürmisch. „Danke Emilie. Ich werde jeden Tag üben und falls dich Finn je einmal dazu überreden könnte, ihn zu heiraten, werde ich auf eurer Hochzeit spielen." Mit Tränen in den Augen drückte sie den Jungen fest an sich. „Falls es einmal soweit kommen sollte, werde ich auf das Angebot zurück kommen, das verspreche ich dir. So, jetzt aber fertig mit der Gefühlsduselei, wir haben noch eine Menge zu tun. Stell die Gitarre in dein Zimmer und dann will ich endlich das kleine Fohlen sehen, das letzte Woche auf die Welt gekommen ist."

Jetzt

Rio

Langsam gehe ich die paar Straßen zu meinem Wagen. Halb erwarte ich, dass mir Diego nachgelaufen kommt. Ich bin jedoch froh, dass nichts passiert und lege die Gitarre und meine Tasche auf den Beifahrersitz. So ein kleiner Wagen ist zwar sportlich und wirklich schön anzusehen, bietet jedoch nicht wirklich viel Platz. Naja, bis ich eine neue Bleibe gefunden habe, muss ich mich halt einschränken. Ist nicht das erste Mal. So gut es geht, mache ich es mir auf dem Fahrersitz bequem und zücke mein Handy. Clay nimmt gleich nach dem ersten Klingeln ab.

„Rio, so schnell hätte ich nicht mit dir gerechnet."

„Auch ich schiebe nicht gerne Sachen vor mich her. Wann soll ich wo sein?"

„Wie wäre es gleich morgen Abend? Damien holt dich bei der Brücke ab und führt dich zum Treffpunkt, von wo aus das Rennen starten wird." Ich gebe mein okay, obschon es mir total gegen den Strich geht, Damien so bald wiederzusehen. Nach einer kurzen Verabschiedung lehne ich mich zurück und versuche, eine halbwegs bequeme Stellung in diesem kleinen Auto zu finden, was mir mit meinen knapp einsneunzig nicht gerade leicht fällt, und schließe die Augen. Das könnte eine lange Nacht werden...

Rio - from the beginning Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt