Einundsiebzig

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Jetzt

Rio

„Was ist mit Damien? Und wo ist Diego? Ich will jetzt endlich wissen, was passiert ist!"

Emilies Blick zu Finn gefällt mir gar nicht. Dann sehe ich, wie Finn leicht nickt und Emilie darauf ein Seufzen zu unterdrücken versucht.

„Na gut, Rio" sagt sie dann. „Zuerst einmal Diego. Wir wissen nicht, wo er sich zurzeit aufhält. Er..."

„Aber er war doch bei mir im Auto!" Rufe ich dazwischen. „Wie kann es sein, dass ihr nicht wisst, wo er ist?"

„Rio, lass Emilie bitte ausreden. Wie erklären dir ja alles gleich." Wirft Finn beschwichtigend dazwischen. Emilie schenkt ihm einen dankbaren Blick und ich versuche, mich zurückzuhalten.

„Als die Rettungskräfte bei deinem Wagen ankamen, war er schon verschwunden. Die Beifahrertür war offen und man hat ganz wenig Blut gefunden, jedoch keine Spur von Diego. Dank Clay wussten wir überhaupt, dass da noch jemand im Wagen gesessen hatte, sonst wäre die Polizei nicht auf die Idee gekommen, nach jemandem zu suchen."

„Clay ist noch ein anderes Thema, über das wir sprechen müssen, aber jetzt zurück zu Diego. Das heisst, er ist einfach abgehauen, nachdem ich den Porsche gegen den Baum gefahren habe? Und hat mich da alleine zurückgelassen?" Ich kann es nicht fassen. Dieser Scheißkerl! Einerseits bin ich froh, ist ihm nichts weiter passiert, andererseits frage ich mich, wie er mich da einfach so sitzen lassen konnte. Meine Gedanken kreisen weiter und je mehr ich darüber nachdenke, umso klarer wird mir, was ich eigentlich schon immer gespürt habe: Ich bin Diego total egal...

Klar hatten wir Spaß zusammen und ich glaube auch, dass er meine Gesellschaft genossen hat. Aber in erster Linie habe ich ihm Geld eingebracht. Und das war die Hauptsache für ihn.

Emilie betrachtet mich besorgt und legt ihre Hand tröstend auf meine. Sie spürt genau, was in mir vorgeht.

„Und nun zu Damien. Er hat es leider nicht geschafft, Rio. Sein Auto hat sich mehrere Male überschlagen und ist dann in eine Mauer gekracht. Sie konnten ihn nur noch tot bergen. Es tut mir leid!"

Eine Weile herrscht bedrückende Stille, bis ich tief Luft hole und dabei das Gesicht vor Schmerzen verziehe. Habe ich doch meine kaputten Rippen vergessen...

„Na ja... ich konnte ihn noch nie ausstehen. Ihr wisst ja, was damals auf der Farm alles passiert ist. Damien und ich konnten uns noch nie leiden, doch so ein Ende habe ich mir für ihn nicht gewünscht." Ich schließe kurz die Augen und versuche mich etwas zu entspannen. „Und was genau hat es mit diesem Clay Hunter auf sich? Er stand da und hatte plötzlich eine Waffe in der Hand. Für mich sah es fast so aus, als würde er die Anderen daran hindern, zu fliehen..."

„Ja, da hast du nicht ganz unrecht," meldet sich da Finn zu Wort. „Clay Hunter heißt mit wirklichem Namen Steve Jacobs und ist undercover Polizist hier bei der Polizei in Greengarden. Er ist seit einem Jahr im Untergrund unterwegs und hat mit diesen Rennen versucht, Kontakte zu den Geschäftsleuten zu knüpfen, um dann die illegalen Machenschaften aufzudecken. Es geht von Drogenhandel über Prostitution bis hin zu den Kämpfen... von denen du ja anscheinend auch eine Menge weisst, wie wir gehört haben." Dabei sieht er mir fest in die Augen. Ich kann seinem Blick nicht lange stand halten und senke den Kopf.

„Rio, verdammt! Warum bist du einfach abgehauen?"

„Ihr wisst doch warum!" Bricht es da aus mir heraus.

„Ja mein Schatz, wir wissen warum," versucht mich Emilie zu beschwichtigen. „Doch weshalb bist du nicht einfach zu uns gekommen? Wir hätten dir doch geholfen." Nun fängt sie auch noch an zu weinen, was mich selbst an den Rand eines Zusammenbruchs bringt.

„Ich konnte nicht! Es hätte mich alles nur an Max erinnert. Ihr hättet mich an Max erinnert. Ich konnte nicht..." Nun laufen auch bei mir die Tränen und Emilie zieht mich behutsam in ihre Arme.

Früher

Max

Laut vor sich hinpfeifend fuhr Max mit dem Traktor zu der Weide beim Wald. Rio hätte ihm diese Arbeit gerne abgenommen, Max jedoch fuhr lieber selber dahin. Es war immer etwas heikel, da die Weide sehr abschüssig war und man besonders vorsichtig beim Wenden sein musste, um nicht ins Rutschen zu geraten.

Er war schon fast am Ende angelangt, als plötzlich vor ihm aus dem Heuhaufen eine weiße Katze heraussprang. Im Reflex riss Max das Steuer herum, um dem Tier auszuweichen. Zum Glück konnte sich die Katze mit einem großen Sprung in Sicherheit bringen, jedoch hatte der Traktor durch die abrupte Bewegung Schlagseite bekommen. Schnell gab Max Gegensteuer, aber es war schon zu spät. Unaufhaltsam kam der Traktor ins Rutschen, bis er an einem alten Baumstrunk hängenblieb und sich langsam zur Seite neigte.

Kann sich Max noch aus dem Fahrzeug retten?

Rio - from the beginning Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt