„Du kannst gehen Julian. Ich kümmere mich um Rose." Julian zögerte. Er sah mich an und schien unentschlossen. Ich lächelte ihn schwach an. Ich hatte zwar keine Lust auf eine Standpauke unseres Lehrers aber vermeiden ließ es sich nun eh nicht mehr.
„In Ordnung." Julian erhob sich langsam und sah mir abschließend nochmal tief in die Augen, als würde er sagen wollen, dass ich wissen soll, dass er bei mir ist. Dann ging er an Herrn Harly vorbei, zurück ins Klassenzimmer.
Herr Harly und ich waren nun alleine und ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken. Ich stand auf und klopfte den Dreck, der sich durch den schmutzigen Boden gesammelt hatte von meiner Hose. Ich strich über meine Oberschenkel und Waden. Meinen Hintern ließ ich aus. Es war mir schon unangenehm genug, dass mich Herr Harly so genau musterte und jede meiner Bewegungen mit den Augen verfolgte. Ich fühlte mich schwach und schutzlos.
Wie ich diese Gefühle hasste.Endlich bewegte sich Herr Harly. Aber anstatt von mir wegzugehen -wie ich es lieber gehabt hätte- ging er auf mich zu und ich konnte sein Parfüm riechen. Irgendetwas mit Vanille und Zitrone, schätzte ich.
„Geht es dir jetzt besser?" Ich konnte keinen Ton herausbringen. Seine dunkelblauen Augen hatten etwas Hypnotisierendes. Ich wollte wegschauen, aber ich konnte nicht.War da Schmerz in seinen Augen? Was war ihm nur wiederfahren?
Er bemerkte wohl, dass ich versuchte seinen Blick zu lesen, denn er war es, der schließlich aufgab und wegschaute. Etwas benebelt wurde ich wieder in die Realität zurückgeschleudert. Und die Realität war, dass ich eine Fünf in Mathe geschrieben habe, mein seltsamer gutaussehender Mathelehrer vor mir stand und mein Hintern extrem kalt vom Boden war.
Auch Herr Harly hatte sich inzwischen wieder gesammelt und er sah mich fragend an, ich war ihm immer noch eine Antwort schuldig.
„Ähm, ja es geht schon wieder."
Er sah skeptisch aus.
„Alles gut.", beteuerte ich und fuhr mit meiner Hand über meinen linken Oberschenkel, da ich noch eine Fussel fand.Wieder verfolgte Herr Harly diese Bewegung. Dann seufzte er und ich war perplex so eine natürliche Reaktion von ihm zu erleben.
„Ich wollte ja eigentlich erst nach der Stunde mit dir sprechen aber die Klasse ist beschäftigt, deshalb können wir das auch jetzt machen. Dann geht wenigstens unsere kostbare Pause nicht verloren."
War das wirklich eine scherzhafte Bemerkung? Unsicher lächelte ich aber meine Bemühungen wurden von Herrn Harly gar nicht wahrgenommen, denn er schaute auf den Drachenbaum, den ich vorher betrachtet habe.
„Ich mache mir ernsthafte Sorgen, ob du dieses Jahr versetzt wirst Rose."Ein Kloß bildete sich in meinem Hals.
„Ich weiß, dass du keine schlechte Schülerin bist und du hast das Zeug dazu mindestens eine gute Zweien-Schülerin zu werden. Aber dafür musst du auch was tun. Was ist los in letzter Zeit?", nun schaute er mich wieder an.
Ich konnte ihm doch nicht sagen, dass mir Mathe überhaupt keinen Spaß mehr machte und dass Herr Harly mein verhasstester Lehrer an der ganzen Schule war und ich unseren alten Lehrer so furchtbar vermisste.
Doch gerade eben, wo wir beide alleine hier im Gang standen und diese dunkelblauen Augen wie Saphire glänzten und mich sein Vanille-Zitronen-Duft umhüllte, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass dieser Mann nichts mehr mit Lewin Harly zu tun hatte. Er war da noch irgendwo.
Irgendetwas furchtbares muss passiert sein, dass er sich so verändert hatte.
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The Guy who was my Teacher
Teen Fiction„Seine Hände waren rau. Der typische Vanille-Zitronen-Geruch verfolgte ihn wie ein Schatten. Und wieder fragte ich mich: Was tat ich hier?" Rose ist eine durchschnittliche Schülerin, verliebt und überhaupt nicht an Mathe interessiert. Kein Wunder...