Es war ein grauer, ein eisiger Tag. Es war Mittwoch und es stand die Generalprobe für unsere große Ballettaufführung an.
Ich hatte einige Solo-Parts bekommen und -zu meiner Überraschung- die Zweitbesetzung für die Protagonistin des Stücks. Meine Aufregung brachte ich fast um.
Frau Scheper hatte einen Ballettkurs, der aus Jungen bestand, auftreiben können, was eine ziemliche Besonderheit war.
Deshalb hatte sie sich vor einigen Monaten umentschieden und wir tanzten nun zu einer richtigen Geschichte. Ein junger Autor hatte sie uns zur Verfügung gestellt.
Am Samstag würde es soweit sein. Es gab fast keine Sitzplätze mehr, was hieß, dass uns verdammt viele Menschen zusehen würden.An ebendiesem trüben Mittwochnachmittag konnte ich kaum stillhalten vor Aufregung. Die ganze Zeit lief oder sprang ich durch den Raum, bis unsere Tanzlehrerin endlich erschien.
Wir probten einige schwierige Stellen und ich ließ mich ganz fallen. Tanzen war in den letzten Tagen eine Art Fluchtmittel geworden.
Tatsächlich war es am Montag der Fall gewesen, dass ich so emotional bei einem Solo wurde, dass ich auf dem Parkett unseres Wohnzimmers aufhören musste zu üben, da meine Augen verschleiert, durch die Tränen waren.
Zum Glück waren Mom und Dad in dem Moment nicht zu Hause gewesen.Soeben schlug Frau Scheper vor, dass wir einen der schwersten Tänze üben sollten.
Wir gingen alle in Position und gaben unser Bestes. Jungen wie Mädchen.Marleen -die selbstverständlich die Hauptrolle bekommen hatte- sah wunderschön aus. Ihre Bewegungen waren präzise und perfekt. Auch ihr Partner leistete eine grandiose Arbeit. Umso verwirrter waren wir also, als Frau Scheper die Musik unterbrach.
„Entschuldigt, meine Lieben. Ihr wart beide hervorragend.
Und doch...
Irgendetwas fehlt..."Es herrschte Totenstille im Raum. Keiner konnte sich erklären, was falsch gewesen sein könnte.
Ich war so von der Rolle, dass ich nicht mitbekam, wie meine Lehrerin meinen Namen rief.„Rose. Wach auf!", Lily sah mich verwirrt an.
Langsam bewegte ich mich auf Frau Scheper zu.
„Du hast hart gearbeitet, Rose. Das habe ich mitbekommen und es erfreut mich.
Ich gebe ja zu, dass deine Bewegungen vielleicht nicht so einwandfrei sind wie die von Marleen. Sie ist immer auf dem Punkt."Na klasse.
„Und dennoch muss ich zugeben, dass du freier tanzt."
Sie drehte sich zu Marleen.
„Tut mir leid, aber ich kaufe dir diese Show einfach nicht ab.
Die Protagonistin muss traurig, hoffnungsvoll und verliebt zugleich sein.
Doch bei dir sehe ich nur Perfektion. Aber in dem Stück ist Helena nicht perfekt.
Wenn Zuschauer dich sehen, sind sie beeindruckt von deiner Körperspannung und vielleicht kannst du sie somit in deinen Bann reißen. Doch nicht du und dein Können stehen im Mittelpunkt, sondern ein verzweifeltes Mädchen, das alles dafür geben würde, ihre wahre Liebe wieder zu haben.
Die Menschen sollen dich nicht für dein Können mögen. Sie sollen mit dir um Helenas Schicksal weinen."Es folgte eine kurze Pause.
Die Ruhe vor dem Sturm.„Deshalb habe ich entschieden, dass Rose die Helena verkörpert.
Marleen, du bist die Zweitbesetzung."Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mimik in dem Moment, der eines Fisches glich.
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The Guy who was my Teacher
Teen Fiction„Seine Hände waren rau. Der typische Vanille-Zitronen-Geruch verfolgte ihn wie ein Schatten. Und wieder fragte ich mich: Was tat ich hier?" Rose ist eine durchschnittliche Schülerin, verliebt und überhaupt nicht an Mathe interessiert. Kein Wunder...