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Ich fiel auf die Knie. Das Brennen auf meiner Wange war unerträglich und Tränen bildeten sich in meinen Augen. Ich presste meine eine Hand auf die schmerzende Stelle.

„Oh Gott. Das tut mir furchtbar leid. Das muss der Alkohol sein. Er ist mir einfach zu Kopf gestiegen."

„Gehen Sie", presste ich hervor.

„Aber-."

„Gehen Sie! Oder die anderen werden von uns erfahren!"

‚Von uns'. Alles an diesen Worten war falsch. Es gab kein ‚uns'. Ich wollte ihn aus meinem Leben haben und das erste Mal konnte ich ihm ein Messer an die Kehle halten.
Diese Drohung zeigte Wirkung.

„Du reagierst über. Aber es ist ok. Ich gehe. Ruh' dich aus."

Schnell schloss er die Tür auf und verschwand.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Der Abdruck auf meiner Wange -welcher sicher existierte- würde Misstrauen hervorrufen.
Ich beschloss in mein Zimmer zu gehen und mit Puder auszuhelfen.

Während des Weges zu meinem Zimmer tat ich so, als müsste ich meine Nase krabbeln und verdeckte somit den Abdruck auf meiner Wange.
Ich musste mich zusammenreißen nicht zu weinen.

Es war weniger der Schmerz aber vielmehr die Demütigung, die die Ohrfeige mit sich zog. Mal wieder hatte er mir gezeigt, wie schwach ich war. Er könnte alles mit mir machen, wenn er nur wollte.

Ich hasste es mit dieser Gewissheit zu leben. Ich hasste es machtlos zu sein. Ich hasste ihn und das, was er mir angetan hatte.

Völlig aufgelöst riss ich die Tür meines Zimmers auf. Der Raum war abgedunkelt aber das Licht der Lampen in unserem Garten schimmerte zum Fenster herein.
Deshalb erkannte ich auch, dass sich etwas in meinem Bett bewegte.

Erst dachte ich an ein Tier. Doch es war viel zu groß dafür. Mechanisch drückte ich auf den Knopf neben mir, welcher sogleich Licht ins Dunkle brachte. Wortwörtlich.

Als erstes erkannte ich einen braunen Haarschopf. Danach folgte der Kopf des Besitzers. Anny.
War Julian der Junge neben ihr? War er tatsächlich so weit gegangen?

Ich erwartete dieses wunderschöne blonde Haar zu sehen, doch entgegen meiner Erwartungen war auch dieser Haarschopf braun.
Und plötzlich sah ich in Dylans entsetzte Augen. Als wäre es so unwahrscheinlich, dass ich in mein Zimmer gehe.

„Was ist mit deiner Wange?", flüsterte Anny. Sie machte nicht mal die Anstalt diese Szene erklären zu wollen.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich folgte meinem ersten Instinkt und schaltete das Licht wieder aus. Ich schleuderte die Tür hinter mir zu.

Ich hatte keine Ahnung, weshalb mein Körper so reagierte. Wahrscheinlich weigerte er sich das, was in dem Raum war zu akzeptieren. Dass diese Szene so surreal war, dass sie nicht wahr sein konnte.

Für eine kurze Zeit verblasste der Gedanke daran, was Herr Harly vor einigen Minuten getan hatte. Doch dann erinnerte ich mich an Annys Worte. Sie wussten es! Sie wussten zwar nicht, wer mir diese Verletzung zugefügt hatte aber es war eindeutig, wie sie entstanden war.

Im Bad betrachtete ich mich im Spiegel. Man sah den Abdruck der Hand deutlich. Sie wussten, dass ich geschlagen wurde.
Mir wurde heiß und kalt zugleich. Was sollte ich nun machen?

Ich sollte sauer auf die beiden sein. Schließlich hatte Dylan mir das Gefühl gegeben, verliebt in mich zu sein. Doch er hatte nur mit mir gespielt. Er dachte, dass ich leicht zu haben wäre und hat deshalb den perfekten Gentleman gespielt. Doch es war klar gewesen, dass er diese Fassade nicht für immer aufrecht erhalten konnte.
Vorhin, als er mich in meinem Zimmer bedrängt hatte, war diese Maske gefallen.

Dann wurde es mir klar. Ich erinnerte mich an den ersten Gedanken, den ich hatte, als ich Anny erkannte und mir bewusst wurde, dass Dylan der Junge neben ihr war.

Ich war erleichtert gewesen, dass der Junge neben Anny nicht Julian war.

Erleichtert.

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt