27

2K 77 3
                                    

Ich hörte Schritte und drehte mich erschrocken um. Im Kopf verfluchte ich mich, mich von Julian entfernt zu haben, aber wir beide waren einfach nicht diese Art von Menschen, die sich in aller Öffentlichkeit ableckten. Schon eine Umarmung war für mich grenzwertig. Nicht, dass Julian mir peinlich wäre, denn das war wohl der letzte Gedanke, der mir durch den Kopf gehen könnte.

Es lag an den falschen Schlangen unserer Klasse und der, der Parallelklassen.

Ich war ein friedfertiger Mensch und -auch wenn es vielleicht schwach war- wollte die Mädchen, welche gerne über alles und jeden lästerten keinen Anlass geben schlecht über Julian und mich zu reden.

Ich wollte einfach nur die zehnte Klasse überleben und dann ab der elften Klasse -wenn die Klassenstufe zu Kursen zusammengemischt wurde- auf alles und jeden, der mir schlecht tat, verzichten.

Meine Haare flogen mir ins Gesicht, bei meiner ruckartigen Bewegung.

Es waren Abby, Caroline und Lizzy. Die letztere zwinkerte mir zu. Na toll! Sie hatten uns gesehen.

Zum Glück verstand ich mich mit allen drei Mädchen ziemlich gut, weshalb mir das lächerliche Gelästere wahrscheinlich erspart blieb.

Die Mädels nickten mir kurz zu und verschwanden dann. Ich seufzte erleichtert.

„Ich werde nie wissen, was in deinem Kopf vor sich geht Rose Patrickson.", meinte Julian und lehnte sich an die karge, weiße Wand neben ihn. Aus irgendeinem Grund erinnerte mich diese Geste stark an Herrn Harly.

Ich verwarf diesen Gedanken schnell wieder und lief rot an, aufgrund der Tatsache wie er meinen Namen ausgesprochen hatte und wie intensiv er mich dabei betrachtete.

„Ich freue mich auf morgen, weißt du das?"

Mein kompletter Körper reagierte darauf mit einer Aufregung, die ich mir selber nicht ganz erklären konnte.

„Ich freue mich auch", versuchte ich betont lässig und ganz nebenbei zu erwähnen.

Es klingelte und ich entschuldigte mich bei ihm, da ich nochmal auf Toilette gehen musste.

Als ich eine der kleinen Kabinen betrat, hörte ich Stimmen.
Es waren die Mädchen von vorhin.

„Kaum zu glauben!", begann Abby aufgebracht.

„Ganz ruhig Abby!", versuchte Lizzy sie zu beruhigen.

„Wie soll ich denn ruhig bleiben? Hast du sie dir mal angesehen? Was hat Julian nur an ihr? Steht er neuerdings auf mittelmäßige Mädchen, oder was? Das ist demütigend."

„Vor allem ist es widerlich", mischte sich Caroline ein, „Was fällt den beiden denn bitte ein, sich so dermaßen im Schulhaus zu positionieren? Brauchen sie wirklich so viel Aufmerksamkeit?! Einfach nur widerlich."

Ich hielt meine Hände vor den Mund, um nicht vor Wut -und vielleicht auch ein kleines bisschen vor Stolz- laut aufzuschreien.

Wir hatten uns immer gut verstanden. Ich hatte ihnen doch nie ein Anlass gegeben schlecht von mir zu reden!

„Ich kann es einfach nicht glauben, womit sich Julian zufriedengibt. Er könnte so viel mehr bekommen.", ich sah regelrecht vor meinen geistigen Augen, wie Abby ihr Dekolleté richtete. „Was hat er nur an ihr? Findet ihr sie schöner als mich?"

„Auf keinen Fall!", antwortete Caroline ihr blitzschnell. Unglaublich! Mit diesem Mädchen habe ich früher im Sandkasten gespielt.

Wir haben uns immer gut verstanden, hatten uns sogar öfter getroffen. Was veranlasste sie plötzlich so über mich zu sprechen?

„Lizzy?"

„Also... ich möchte euch eigentlich nicht so vergleichen. Jede ist auf ihre Art und Weise schön, oder?", sie wirkte verunsichert, aber wenigstens hielt sie zu mir. Damit sammelte sie unbewusst sehr viele Pluspunkte bei mir.

„Ist das dein Ernst?", weiter kam Abby nicht. Es klingelte ein weiteres Mal. In fünf Minuten würde der Unterricht beginnen und trotz meiner gemischten Gefühle hoffte ich einfach nur, dass die drei so schnell wie möglich die Toilette verließen.

„Kommt.", grummelte Abby kurz angebunden und mit dem Klackern ihrer Absätze verließ Abby die Toilette, die beiden anderen folgten ihr.

Am liebsten hätte ich laut geschrien. Ich presste meine Hände wieder so fest ich konnte auf meinen Mund und aus meiner Kehle kam ein erstickender Schrei. Ich fühlte mich so gedemütigt.

Leider musste ich zugeben, dass ich nicht zu der Sorte Mensch gehörte, die es nicht interessierte, was andere von ihr dachten, auch wenn ich es gerne wäre. Außerdem war für mich Loyalität gegenüber seiner Freunde der wichtigste Wert.

Abby und Caroline interessierten sich nicht für diese Werte. Es war ihnen egal, wie ich mich durch ihre Worte fühlte.

Ich riss die Tür meiner Kabine auf und rannte in unser Klassenzimmer.

Nur eine einzige Person konnte mich jetzt noch aufheitern.

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt