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Meine ersten Schritte waren unsicher und unsauber. Ich wette, dass Frau Scheper einen Herzinfarkt bekam.

Doch ich wurde schnell sicherer. Es lag zum großen Teil an meinem Tanzpartner, welcher Alexander tanzte. Er übernahm die Führung und half mir den ersten Tanz ohne einen Patzer zu überleben.

Dankbar lächelte ich ihn an, als wir kurz hinter der Bühne verschwanden.
Die folgenden Tänze waren deutlich besser. Langsam tanzte ich mich von meiner Unsicherheit frei und schaffte Platz für Helenas Gefühle.

Sie war eine fiktive Figur, doch die Gefühle, die ich empfand, fühlten sich so echt an, als wäre ich tatsächlich in ihrem Körper.
Ich weinte mit ihr, ich lachte mit ihr und ich litt mit ihr.

Viel zu schnell war die erste Hälfte vorbei und wir bereiteten uns auf die zweite Hälfte vor.
Viele Tänzer und Tänzerinnen klopften mir auf den Rücken und riefen mir Komplimente zu. Der holprige Start war vergessen.

Ich stand in einer Ecke und trank etwas, als ich von der Seite angesprochen wurde.

„Na? Erfreust du dich an deinem gekauften Ruf?"

Abby. Ich hatte keine Ahnung, wie sie hinter die Bühne gekommen war, doch ich vermutete stark, dass dies Marleens Werk war.

„Abby, was willst du hier?", fragte ich genervt.

„Scheint, als wärst du auch noch stolz darauf. Ist es dir denn kein bisschen peinlich, dass nichts davon ehrlich verdient ist?"

„Was meinst du?"

„Ich meine, dass du durch Herrn Harly die Hauptrolle für euer kleines Stück bekommen hast. Tu' nicht so, als würdest du davon nichts wissen!"

Ich stellte meine Flasche mit einer ruhigen Bewegung auf den Boden. Ich wollte nicht, dass sie sah, wie verunsichert ich war.

„Was hat Herr Harly mit dieser Sache zu tun? Er hat doch gar keinen Bezug zum Ballett."

„Dafür aber sein lieber Bruder."

„Sein Bruder?"

„Herr Marshall. Sagt dir der Name was?"

Meine Handflächen wurden feucht.

„Herr Harly hat keinen Bruder."

„Ich fürchte schon."
Nun begann sie zu kichern, „Himmel, Rose! Dachtest du wirklich, dass Herr Marshall dich wegen deines Könnens für die Helena vorgeschlagen hat?
So naiv kannst du doch gar nicht sein.
Herr Harly hat seinen Bruder überzeugt dich zu nehmen. Marleen hatte es, im Gegensatz zu dir, ehrlich verdient. Dir fällt wegen deiner kleinen, verbotenen Affäre alles in die Arme."

Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich wusste nicht, was ich glauben sollte und was nicht.
Stimmte das, was Abby sagte? Hatte Herr Marshall mich angelogen und fand mich in Wirklichkeit nicht passend? Hatte er nur aus Loyalität zu seinem Bruder gehandelt?

All mein Selbstvertrauen und meine Glücksgefühle waren verschwunden. Übrig blieb ein erbärmlicher Haufen Verzweiflung.
Nun wurde mir durch Herrn Harly auch noch meine letzte Zuflucht genommen. Tanzen war das Letzte was mir geblieben war. Durch die Hauptrolle hatte ich Mut geschöpft. Doch dieser Mut war auf Lügen aufgebaut.

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, wandte ich Abby den Rücken zu und wollte meine Position auf der Bühne einnehmen.

„Du kannst der Wahrheit nicht entkommen!", rief mir Anny zu. Ich wusste, dass sie recht hatte.
Früher oder später würden mich die ganzen Lügen einholen und wie würde ich dann dastehen?

Ironischer Weise war meine momentane emotionale Gefühlslage optimal für das Stück. Genau so fühlte sich gerade Helena. Einsam, verlassen, unglücklich.

Ich würde also einfach weiter machen und keiner würde mitbekommen, dass die Verzweiflung und die Enttäuschung echt waren.

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt