„Ich..." setzte ich an. Ich wusste nicht genau, was ich sagen wollte aber ich wusste, dass er eine Frage gestellt hatte.
Herr Harly sah doch tatsächlich besorgt aus. „Hast du irgendwelche Probleme zu Hause?", ich schüttelte energisch den Kopf.
„Nein habe ich nicht. Meine Eltern und ich haben ein wirklich gutes Verhältnis.", seine linke Augenbraue schoss in die Höhe. Er wollte mir wohl nicht glauben.„Wirklich! Wahrscheinlich ist es einfach nur der Stress. Unsere Lehrer geben uns in letzter Zeit ziemlich viele Hausaufgaben auf.",
„Soso", murmelte er. „Rose, wäre es trotzdem in Ordnung für dich, wenn wir beide uns mit deinen Eltern mal zusammensetzen würden und darüber reden, was wir machen können?"
Ich biss mir auf meine Lippe. Wenn ich jetzt nein sagen würde, dann würde seine Vermutung, dass zu Hause irgendetwas nicht stimmt, bestätigt werden. Also setze ich ein leichtes Lächeln auf und beteuerte, dass das eine wirklich gute Idee sei, den riesigen Kloß, welcher rasend schnell in meinem Hals wuchs, ignorierend.
Herr Harly nickte und wir gingen zurück ins Klassenzimmer, wo wir von einem tosenden Lärm begrüßt wurden. In Sekundenschnelle wurde Herr Harly wieder die Person, die ich so verachtete und er verteilte an drei meiner Klassenkameraden Strafarbeiten.
Darunter auch an Philip, was mich ehrlich gesagt nicht so ärgerte. Aus irgendeinem Grund hatte Herr Harly Philip besonders auf dem Kieker. Obwohl er gute Noten schrieb, bekam Philip ständig Extraaufgaben und musste nachsitzen.
Doch das war gerade mein geringstes Problem. Was sollte ich jetzt machen? Herr Harly wollte mit meinen Eltern und mir reden. Was könnte er nur vorhaben? Extraaufgaben? Eine Sonderschule? Nein. So weit würde er nicht gehen, oder?
Und zusätzlich ging mir sein Blick nicht aus dem Kopf. Er war anders, als wir alleine waren. Er ging viel vertrauter mit mir um, als sonst. Das musste er doch auch bemerkt haben.
Oder bildete ich mir das alles nur ein? Ich war verwirrt und das schlimmste war, dass ich mit niemanden darüber reden konnte. Mal ehrlich, es klingt doch total falsch und arrogant wenn man sagt „Wenn wir alleine sind, ist er wieder nett. Durch mich erwacht das Gute in ihm." Oh man. Ich brauchte echt mal etwas Schlaf.
Doch erstmal vergingen noch ein paar ereignislose Minuten, bis es klingelte und wir aus dem Klassenzimmer stürzten, als wäre es von Kakerlaken verseucht.
Das nicht aber von einem anderen Monster.
Als nächstes stand Chemie auf dem Stundenplan. Danach noch Deutsch und dann hatten wir endlich die lange Mittagspause. Heute gab es Gulasch und deshalb gab es kaum noch freie Plätze.
Doch letztendlich konnten Lizzy, Anny Julian und ich uns durch die Massen kämpfen und fanden tatsächlich noch einen Tisch am hinteren Ende des Saales.
Ich mochte Gulasch nicht wirklich. Ich hatte eine regelrechte Fett-Phobie, weshalb ich jedes einzelne Fleischstückchen Millimeter für Millimeter nach einem Hauch von Fett überprüfte, wurde ich fündig, platzierte ich das Fleischstückchen an den Rand meines Tellers, bis es einige Sekunden später von Julian gegessen wurde.
Anny und Lizzy erkundigten sich mehrmals nach meinem Befinden und Julian ließ mich nicht aus den Augen, fasst so, als könnte ich jede Sekunde tot umfallen. „Was wollte Herr Harly eigentlich von dir?", fragte Lizzy neugierig.
Sie konnte Gulasch fast noch weniger ausstehen als ich, weshalb sie mit ihrer Gabel lustlos im Essen herumstocherte.Sofort wurde mir wieder übel. „Er möchte meine Eltern und mich sprechen. Er denkt, dass ich die Zehnte nicht schaffen werde."
Meine Freunde starrten mich an. Ich tat, als würde mich das alles nicht rühren und nahm ein weiteres Stück Fleisch für meine Kontrolle.
„Was?", meldete sich schließlich Julian zu Wort. „Sind deine Noten wirklich so schlecht?". Ich inspizierte immer noch das Fleischstückchen und drehte es nach rechts. „Naja, sagen wir, dass es besser sein könnte. Um einiges besser.",
„Ich könnte dir doch Nachhilfe geben.", schlug Julian vor. In dem Moment fand ich eine Stelle, an dem Fleisch, wo man klar und deutlich das Fett erkennen konnte. Angeeckelt legte ich es an den Rand, wo noch drei andere Stückchen darauf warteten, von Julian verschlugen zu werden.
Ich sah ihn an. „Ich kann es Herrn Harly ja mal vorschlagen.", „Gut.", gab sich Julian zufrieden und klaute sich die vier Fleischwürfel. Ungläubig sah ich zu, wie sie in seinem Mund verschwanden und fragte mich, wie man sowas nur lecker finden konnte.
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The Guy who was my Teacher
Teen Fiction„Seine Hände waren rau. Der typische Vanille-Zitronen-Geruch verfolgte ihn wie ein Schatten. Und wieder fragte ich mich: Was tat ich hier?" Rose ist eine durchschnittliche Schülerin, verliebt und überhaupt nicht an Mathe interessiert. Kein Wunder...