18

2.3K 83 1
                                    

Was will der denn schon wieder?

Er ging an uns vorbei und direkt zu
Frau Scheper.
„Guten Tag Frau Scheper. Wäre es möglich, wenn ich mal bei Ihnen zusehen würde? Ich war schon lange in keinem Ballett mehr und ich möchte schauen, ob es sich lohnen würde in eines zu gehen.", irgendwie wurde das alles langsam mehr als seltsam.

Woher kannte er Frau Scheper und hatte er nicht gesagt, dass er noch ein Elterngespräch hatte? Und warum zum Teufel ist mein Klassenlehrer hier und will mir beim Tanzen zusehen?

Herr Harly sah meinen verwirrten Blick und beantwortete zumindest eine meiner Fragen

„Die Eltern des Jungen, welche ich sprechen möchte, haben angerufen und gefragt, ob es eine Stunde später ginge.", er zuckte mit den Schultern „ich brauche eine Beschäftigung bis dahin."

Haben Sie bis dahin nicht irgendwelche blöden Mathetests zu korrigieren? Sie schreiben doch gerne öfter mal unangekündigte Arbeiten.

Ich verdrehte meine Augen aber bekam zeitgleich einen Schock, weil ich vermutete, dass mich Herr Harly immer noch ansah. Doch zum Glück war sein Blick auf Frau Scheper fokussiert, da er mit ihr sprach. Ich konnte nicht genau verstehen, was sie sprachen aber ich meinte etwas mit „Auftritt" und „Dezember" verstanden zu haben.
Oh nein! Bitte lass sie nicht über den Auftritt sprechen, welchen wir jedes Jahr am Samstag vor Weihnachten im Theater unserer Stadt aufführten!

Es war eine große Ehre, dass wir so kurz vor Weihnachten in dem relativ großen Theater tanzen durften.
Bevor wir zu diesem Ritual gekommen waren, traten Tänzer aus allen Ländern auf und zeigten ihre atemberaubenden Choreografien.
Frau Scheper musste einen sehr langen Kampf austragen, bis wir die Erlaubnis hatten vor einer Juri, welche aus ehemaligen Balletttänzern und Tänzerinnen bestand, vortanzen zu dürfen.

Sie sollten beurteilen, ob unser Niveau dem des Theaters entsprach.
Es war die wohl schwierigste und aufwendigste Choreografie, die ich je in meinem Leben getanzt habe. Ich übte jeden Tag so viel, dass ich mich wahrscheinlich jetzt noch an die Schritte erinnern konnte.

Nach dem Auftritt waren meine Füße wund aber ich war glücklich. Es war mir egal, ob wir nun eine Chance auf einen Auftritt bekommen würden oder was die Juri sagen würde. Ich hatte mit Leib und Seele getanzt und das war das einzige, was zählte.

Und wir bekamen die Erlaubnis zu dem Auftritt. Die Juri lobte besonders Marleen. Ich musste den Juroren zustimmen. Marleen war der Schwan in Person. Nur sie konnte so perfekt, mit solcher Anspannung und doch so weich die Bewegungen ausführen. Es war egal, in welch einer großen Gruppe sie tanzte, alle Augen waren stets auf sie gerichtet.

„So, Mädels! Genug Pause, weiter geht's!", rief Frau Scheper.
Ich nahm noch schnell einen großen Schluck aus meiner Flasche, stellte sie behutsam -Herr Harly saß auf der rechten Seite- auf der linken Seite der Bank ab und stellte mich in die richtige Position, bevor die Musik erklang -zärtlich, leise und zerbrechlich- und ich alles um mich herum vergaß. Meine schlechten Noten in Mathe, meine enttäuschten Eltern
und
Herr Harly.

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt