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Ich ermahnte mich, keinen Gedanken mehr an Dylan zu verschwenden. Das hatte ich schon zu lange.
Meine Hand bewegte sich automatisch zu meinen Augen, um sicher zu gehen, dass keine Träne meine Augen verließ.
Ich wollte nicht mehr um ihn weinen. Er hatte es nicht verdient.

Julian hat mir geholfen über Dylan hinweg zu kommen. Er half mir mein Selbstbewusstsein wieder zu erlangen.
Er konnte mein Herz zwar nicht reparieren, aber er schenkte mir ein neues.

Ich bin froh ihn kennengelernt zu haben. Wenn nicht immer alles so kompliziert wäre!
Ich erinnerte mich an das, was Anny gesagt hat zurück.

-Du weißt selber, dass es immer nur so kompliziert ist, wie die Personen, die es betrifft.-

Ich seufzte. Anscheinend war ich eine ziemlich komplizierte Person. Aber ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte. Vielleicht wollte er ja gar nichts mehr von mir und sprach mich deshalb nicht auf uns an.
Wie mich die Ungewissheit umbringt! Aber ich wusste nicht, ob ich mit der Wahrheit leben könnte.

Etwas später am Abend klingelte mal wieder das Telefon und ich staunte nicht schlecht, als meine Mutter einige Minuten später in mein Zimmer eintrat und mich glücklich ansah.

Ich weiß, es war naiv das zu denken, aber aus irgendeinem Grund hoffte ich, dass ich ein Geschenk bekommen würde. Es waren zwar noch zwei Monate bis Weihnachten, aber was soll's? Ich wäre meinen Eltern nicht böse, wenn sie mir schon früher ein Geschenk überreichen würden.

Doch mal wieder war ich naiver als ein kleines Kind.
„Herr Harly hat angerufen und wir haben ein Termin vereinbart. Für deine  erste Nachhilfestunde.", jauchzte meine Mutter regelrecht.

Mir klappte die Kinnlade nach unten. So schnell schon? Ich hatte gehofft, dass meine Mutter dieses Telefonat immer wieder aufschieben und dann irgendwann vergessen würde.

Herr Harly!!

War ja klar, dass er anrufen und nicht warten würde, bis meine Mutter den ersten Schritt machen würde.
War er pleite, dass er jemanden unbedingt Nachhilfe geben wollte? Oder war er so sehr in Zahlen verliebt, dass er auch nach der Schule damit zu tun haben wollte?

„Und wann wäre das?". Ich versuchte den erfreuten Tonfall meiner Mutter zu kopieren. Ich scheiterte selbstverständlich kläglich. Wer würde sich schon auf Extrastunden Mathematik freuen?

Julian vielleicht.

Ja aber Julian war ja auch kein normaler Mensch.
Mir wurde bei dem Gedanken an ihn, ganz warm.

„Am Freitag schon!",meine Mutter strahlte, als würde sie mir die größte Freude bereiten, die man sich nur vorstellen könne.

„Wie...super!", wieder war ein starker Kontrast zwischen dem Inhalt meines Satzes und dem meines Tonfalls zu hören.

Meine Mutter setze sich neben mich auf mein Bett. Das Bett gab nach und gab ein quietschendes Geräusch von sich.
„Na, ich habe doch noch gar nichts gegessen.", versuchte sie zu scherzen. Ich lächelte sie nur schwach an.

„Schatz, ich weiß dass du nicht erfreut darüber bist, aber dein Vater und ich, wir machen uns Sorgen. Wir wollen, dass du etwas aus deinem Leben machst. Wir wollen einfach nicht, dass du später komplett mittellos bist und dir deine Träume nicht erfüllen kannst. Aber wenn du diese Nachhilfestunden wirklich noch willst, dann ist das ok. Wir wollen nicht, dass du deshalb unglücklich wirst."

Die Worte meiner Mutter rührten mich.

„Ach Mom! Es ist doch alles in Ordnung. Natürlich gehe ich zu den Nachhilfestunden. Ich habe damit wirklich keine Probleme. Ich möchte ja auch, dass etwas aus mir wird.", erklärte ich ihr.

Meine Mutter erhob sich von dem Bett und lächelte mich an.
„Sehr schön! Also vergiss nicht. Freitag hast du um 17:30 Uhr bei Herrn Harly zu Hause Nachhilfeunterricht!
Das wird schon.", sie gab mir einen Kuss auf die Stirn und verließ meinen Raum.

Doch sie ließ die Tür offen, weshalb ich sie nochmal zurückrief.
Sie schloss -sich entschuldigend- die Tür und ich ließ mich auf mein Kissen fallen.

Na toll!

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt