Eigentlich hatte ich heute gar nicht Mathe. Deshalb sah ich Herrn Harly nicht und wusste nicht, ob er heute schlecht, oder -naja- weniger schlecht gelaunt war. Doch meine Hoffnungen auf einen gut gelaunten Herrn Harly waren gleich null.
Meine gute Laune konnte heute nicht mal von Julians süßen Grinsen hervorgekitzelt werden. Nur sein Kompliment über meine Schuhe nahm ich mit einem Lächeln auf.
Und dann war es auch schon so weit. Ich schlenderte so langsam wie möglich zu Herrn Harly in der Hoffnung, dass der Boden mich doch in sich aufnehmen würde oder der Feueralarm vielleicht angehen würde.
Ich schaute dem Feueralarm mit verstohlenem Blick hinterher, als ich ein letztes Mal den Blick durch den Flur streichen lies, in der Hoffnung doch nicht diese Hölle -Herr Harlys Unterrichtszimmer- betreten zu müssen. Doch niemand eilte mir zu Hilfe.
Also richtete ich meinen Pullover, stich etwas Dreck von meinen Schuhen und betrat erhobenen Hauptes das Zimmer.
Meine Mutter und Herr Harly waren gerade in ein Gespräch vertieft gewesen aber richteten sofort den Blick auf mich, als ich die Tür öffnete. Ich grinste meine Mutter an. Sie gab mir Sicherheit.
„Hey, Mom.", begrüßte ich sie, schlängelte mich durch die leeren und vollgekritzelten Bankreihen und setzte mich neben sie auf einen Stuhl. Gegenüber von uns saß Herr Harly. Ich weiß nicht, wann ich ihn das letzte Mal rasiert gesehen habe, aber tatsächlich waren keine Bartstoppeln zu sehen und er sah sehr gepflegt aus.
„Hallo Schatz.", antwortete meine Mutter.„Hallo, Rose. Wie geht es dir heute?", so ein widerlicher Schleimer.
„Mir geht's gut, Herr Harly. Danke der Nachfrage und danke, dass sie sich um die Organisation des Treffens gekümmert haben. Ich bin gewollt meine Noten zu verbessern.", sagte ich mit einem engelsgleichen Lächeln zu ihm.
Ein tiefes Lachen war seine Antwort. „Na das hört sich doch gut an.", dann richtete er sich zu meiner Mutter. „Wissen Sie denn ungefähr wie ihre Tochter in Mathematik steht?", „Ja wir haben uns gestern mal gemeinsam die Noten angeschaut und besprochen", besprochen eigentlich nicht wirklich.
Meine Mutter hat mein Hausaufgabenheft mit der Notenübersicht durchgeblättert und große Augen gemacht, als sie die Mathenoten sah. Viel wurde da nicht gesprochen.
„Sehr gut. Nun ich will diese Besprechung kurz halten. Sie müssen sicher zur Arbeit und Rose von dir habe ich gehört, dass du noch Tanzunterricht hast.",
Moooooooom.Ich warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, den sie mit einem Schulterzucken quittierte.
„Julian hat vorgeschlagen mir in Mathe Nachhilfe zu geben.", mischte ich mich in Herrn Harlys Rede ein. Er gab keine Antwort darauf, sondern lehnte, nein, presste sich gegen seinen Stuhl. Sah er mich gerade etwa vorwurfsvoll an?
Schließlich sagte er „Julian? Denkst du, dass Julian die nötige Kompetenz dazu besitzt einer Vieren-Schülerin Mathematik beizubringen?", jetzt war ich diejenige, die nicht antwortete. Ich schmollte, weil er Julian nicht genug Intelligenz zutraute mich zu unterrichten.
„Aber die Idee mit der Nachhilfe gefällt mir eigentlich.", führte Herr Harly seinen Monolog fort, „Was hältst du davon, wenn ich dir stattdessen Nachhilfe gebe?", er blickte auch zu meiner Mutter.
„Wo und wann wäre das denn dann?", „Bei mir zu Hause. Auf Absprache.", „Und der Kostenpunkt?",
„Das müssen wir noch besprechen."Ich blieb still. Lief in seinem Kopf noch alles richtig? Extraaufgaben sind das eine. Das machst du einmal und dann wars das. Aber Herr Harly sprach von einer nie endenden Qual. Ich will doch nicht zu ihm nach Hause. Nein!
Vielleicht hat er ja Folterinstrumente bei sich. Große Geodreiecke mit denen er arme Schüler schlägt, die keine Ahnung von Geometrie haben.
„Was hältst du davon, Schatz?", und dann sah ich wieder meine Mutter. Völlig hoffnungsvoll und erleichtert. Ich schuldete ihr das.
„Ein Versuch ist es wert.", erwiderte ich schließlich und damit war der Albtraum fürs erste vorbei. Meine Mutter verabschiedete sich von Herrn Harly und mir und Herr Harly und ich blieben alleine im Klassenraum sitzen. Wir schwiegen.
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The Guy who was my Teacher
Ficção Adolescente„Seine Hände waren rau. Der typische Vanille-Zitronen-Geruch verfolgte ihn wie ein Schatten. Und wieder fragte ich mich: Was tat ich hier?" Rose ist eine durchschnittliche Schülerin, verliebt und überhaupt nicht an Mathe interessiert. Kein Wunder...