Am Donnerstag gab es -zu meinem Grauen- mal wieder Gulasch.
Ich roch das Gericht schon, bevor ich den Speisesaal missmutig betrat.Nicht, dass ich nicht schon vorher einen miesen Tag hatte.
Dabei war die Probe am Mittwoch, nach der überraschenden Neubesetzung extrem gut verlaufen. Zu meiner Überraschung war Marleen ziemlich gefasst gewesen und hatte keine Szene gemacht.
Wieder eine Sache mehr, für die ich sie bewunderte.
Ihre Selbstbeherrschung.Ich wäre wahrscheinlich ausgerastet, wenn Frau Scheper mich so kurz vor einem Auftritt umbesetzt hätte. Doch Marleen war ganz ruhig geblieben.
Wenigstens war das Schicksal in diesem Punkt gut zu mir gewesen.Lizzy und ich -die verschworenen Gulasch-Hasser- setzen uns an einen der hinteren Tische.
Ebenso lustlos wie der andere knallten wir die billigen Keramikteller auf den Tisch.„Verrückt, wie ein einfaches Gericht meinen Tag versauen kann.", murrte Lizzy, während sie ihren Stuhl nach hinten schabte und sich genervt darauf warf.
Was mich anging, war es nicht nur das Gericht, welches meine Stimmung heruntergezogen hatte.
Es lag auch an dem kalten und nebligen Wetter und -nicht zuletzt- an meinem Lieblingslehrer Herrn Harly.Den hatten wir vor der Essenspause gehabt. Selbstverständlich hatte er mich nach dem Unterricht wieder zu sich gebeten.
Diesmal, weil er sichergehen wollte, ob ich Freitag zu ihm kommen könnte.Ich hatte aber zum Glück eine Ausrede.
Ich sagte ihm, dass ich unbedingt für den Auftritt üben müsse und deshalb keine Zeit finden würde.Überraschenderweise akzeptierte er diese Ausrede.
Er umarmte mich zum Abschied und drückte mich fest an sich.
Ich hatte mein Gesicht vor Schmerz verzogen.
Durch seine Tritte hatte ich einige blaue Flecke bekommen.
Der Größte war der auf dem Bauch. Pflaumengroß, grün und blau verzierte er die Gegend um meinen Bauchnabel.Zusätzlich hatte ich einige Schürfwunden abbekommen, aber die waren nicht der Rede wert.
Mein Bauch war sehr empfindlich, wenn man ihn berührte, weshalb ich Höllenqualen erlitt, als er mich umarmte.
Zu meinem großen Glück spürte ich aber keinen Schmerz, wenn ich tanzte.Herr Harly bekam von dieser Tortur, die er mir mit der Umarmung antat, nichts mit.
Er hatte mich nicht nochmal auf die Vorkommnisse am Wochenende angesprochen. Fast, als hätte er es schon wieder vergessen.Gedankenverloren stocherte ich in meinem Essen herum.
Das letzte Mal, als es Gulasch gab, waren wir noch ein engverflochtener Freundeskreis gewesen. Julian, Lizzy, Anny und ich.
Wir hätten alles für die anderen gemacht.
Doch was war nur aus uns geworden? Innerhalb weniger Monate waren wir alle andere Wege gegangen.Julian fokussierte sich auf die Schule. Anny fokussierte sich auf Julian und übrig blieben Lizzy und ich.
Lizzy, welche immer öfter etwas mit Abby unternahm und ich, die mit einem ganz anderen Kalieber zu tun hatte.Ich verstand ja selber nicht, weshalb ich niemandem etwas von Herrn Harlys Straftat beichtete.
Vielleicht, weil ich kein Mitleid wollte. Sobald ich es meinen Eltern erzählte, würden sie extrem besorgt sein.
Natürlich zurecht, aber ich wollte das nicht.Ich wollte es vergessen und wenn ich es jemandem erzählte, so würde ich die gesamte Geschichte vor Polizisten oder dem Richter erzählen müssen.
Ich weiß nicht, ob ich stark genug dafür wäre.
Ich hörte einen lauten Knall neben mir und sah erschrocken nach links.
Dort stand eine wütende Abby, die gerade ihr Tablett mit voller Wucht auf unseren Tisch geschmissen hatte.
Das Glas und das Besteck klirrten und machten die Situation noch unheimlicher, als sie ohnehin schon war.„Du Miststück!", schrie sie mich an.
Ich war mir sicher, dass die komplette Aufmerksamkeit aller Schüler nun auf uns lag.
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The Guy who was my Teacher
Teen Fiction„Seine Hände waren rau. Der typische Vanille-Zitronen-Geruch verfolgte ihn wie ein Schatten. Und wieder fragte ich mich: Was tat ich hier?" Rose ist eine durchschnittliche Schülerin, verliebt und überhaupt nicht an Mathe interessiert. Kein Wunder...