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Ich musste an Julian denken, als ich runterging, um mit meinen Eltern zu frühstücken.

Ich konnte es nicht ausstehen früh aufzustehen und als mein Vater mir aus dem Esszimmer ein viel zu gut gelauntes „Guten Morgen" zurief, während ich in der Küche müde und in Zeitlupe mein Müsli in die große rote Schale kippte, konnte ich nur ein genervtes Grummeln hervorbringen, welches -mit viel Fantasie- als „Morgen" durchgehen konnte.

Danach trug ich mich irgendwie zur Kaffeemaschine, welche beim Mahlen der Bohnen so laute Geräusche machte, dass ich jedes Mal erschrak, wenn sie mit dem Vorgang begann.
Als letztes steuerte ich meinen Platz am Esstisch an und schmiss mich neben meinen Vater auf den, mit grauen Bezügen überzogenen Stuhl. Durch den unsanften Aufprall meiner Müslischüssel war ein Knirschen zu hören.

Mein Vater legte mit Schwung die Tageszeitung weg -seine gute Laune ließ darauf schließen, dass er sich zuletzt die Witze durchgelesen hatte- und sah mich erwartungsvoll an.
„Und, heute irgendwelche Schlachten zu schlagen?"
Ich blickte genervt zu ihm und schüttelte so energisch meinen Kopf, dass meine Harre, die ich zu einem unordentlichen lockeren Dutt befestigt hatte sich aus dem Knoten lösten und mir ins Gesicht fielen. Ich stöhnte genervt auf, ließ sie aber in meinem Gesicht verharren. Wenigstens dunkelten sie das grelle Licht, welches aus dem Fenster strömte ab.
Meine Mutter wusste, dass der Versuch ein Gespräch mit mir, zu solch einer Uhrzeit zu führen, sinnlos war, deshalb trank sie nur ruhig ihren Kaffee.

Doch mein Vater war da hartnäckiger.
„Wollen wir am Samstag mal wieder joggen gehen?", setzte er erneut an.
Da ich wusste, dass ich, wenn ich ihm keine ordentliche Antwort gebe, nie meine Ruhe bekommen würde, sagte ich ihm, dass ich nichts dagegen hätte, stand auf und kippte die übrige Hälfte meines Müslis in den Mülleimer.

Nach einer halben Stunde im Bad, inklusive Zähne putzen, schminken und umziehen, sah ich endlich gut genug aus, um Julian vor die Augen zu treten und ich lief zur Bushaltestelle.

Ich hasste den Bus. Eine Ansammlung lauter und -für meinen Geschmack- viel zu gut gelaunter Kinder in einem engen Raum zusammen gequetscht. Aber meine Eltern hatten nicht die Zeit dafür mich zur Schule zu bringen, also musste ich als einzige Zehntklässlerin mit dem Bus fahren. Gerade am Nachmittag eines warmen Sommertages ist es immer wieder ein unvergessliches Erlebnis.
Eine weitere ätzende halbe Stunde verging, bis ich im Klassenzimmer saß und wartete, dass Herr Harly den Raum betrat, damit der Lärmpegel abnahm.

Ja, ich hatte so meine Differenzen mit dem Morgen.

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt