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Für einen kurzen Augenblick wirkte Herr Harly stutzig. Er hatte wohl auch nicht mit so einem Kommentar meinerseits gerechnet.

Doch ziemlich schnell setze er wieder das geheimnisvolle Lächeln auf und meinte, dass ich durchaus recht hätte.

Wir kamen im Wohnzimmer an und ich bereitete mich gedanklich schon einmal auf Mathematik vor.

Ich war dabei meinen Hefter aus meiner Tasche zu ziehen, als ich seine Stimme neben mir hörte.

„Und wir war deine Verabredung mit Julian?"

Mitten in der Bewegung hielt ich inne und schaute ihn wahrscheinlich so an, als wäre er total geisteskrank.
Doch da er nicht den Anschein machte, sich weiter erklären zu müssen, räusperte ich mich und antwortete -meine Hand steckte immer noch in den Tiefen meiner Tasche- mit „Gut".

Ich hatte nicht vor mich weiter zu erklären. Es war auch nicht seine Sache.

„Wirklich, Rose? Nur gut? Ach komm schon. Deine Augen haben am Montag so gefunkelt, als du von deiner Verabredung, mit ihm gesprochen hast. Da möchte ich auch mal etwas mehr hören."

Und dann packte mich die Wut schneller als ich meinen Kopf anstellen konnte.

„Herr Harly. Mit allem Respekt, aber das hat Sie absolut überhaupt nicht zu interessieren.
Sie sind mein Lehrer. Sie bringen mir etwas bei, aber das war es. Es tut mir leid, aber von dieser freundschaftlichen Lehrer-Schüler-Beziehung halte ich recht wenig."

Es folgte Totenstille. Es kam mir vor wie die Stille vor dem Sturm.
Sofort, nachdem ich die Worte gesagt habe, hatte ich sie bereut.
Weshalb konnte ich nicht auch einfach mal den Mund halten?

Ich hatte keinen Zweifel, dass mein Verhalten Konsequenzen haben würde. Wahrscheinlich überlegte Herr Harly nun, ob er mich nur anschreien oder mir Strafaufgaben geben sollte.

„Ich gebe dir recht, Rose. Ich halte auch nichts von einer solchen freundschaftlichen Beziehung. Doch eigentlich war ich bemüht gewesen, ein etwas vertraulicheres Verhältnis zu dir aufzubauen.
Ich möchte, dass meine Schüler in einem sorgenfreien Umfeld lernen können.
Doch wenn du nicht über Julian reden willst, dann ist das selbstverständlich vollkommen in Ordnung."

Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
Tatsächlich hatte ich sogar kurz das Gefühl gehabt, mit unserem alten, freundlichen Lehrer zu reden.

„Danke.", konnte ich nur erwidern. Dann begannen meine Wangen zu glühen, da ich mich für meinen Wutanfall schämte.
Das wäre wirklich nicht notwendig gewesen, gerade weil ich eine Person war, die sehr respektvoll mit Lehrern umging... normalerweise.

„Tut mir leid", stammelte ich leise, während ich endlich den richtigen Hefter fand und ihn aus der Tasche zog.

„Ach ist doch kein Problem. Ich habe auch manchmal Momente, in denen ich mich nicht beherrschen kann.", in der Tat.
Unwillkürlich musste ich an den Schrei aus seiner Wohnung hören.
Dagegen war meine Ansage vor einigen Minuten nichts gewesen.

„Wollen wir anfangen?"

Ich nickte.

Es kam mir vor, als wäre er diese Stunde distanzierter.
Die ganze Zeit blieb er auf seinem Stuhl sitzen, bemühte sich, mir nicht in die Augen zu sehen und war stiller, als erwartet.

Doch so oder so, war diese Nachhilfestunde echt in Ordnung gewesen und ich hatte keine komplette Panik vor der nächsten.

The Guy who was my TeacherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt